Die kranken Vierbeiner werden im Tierheim Stuttgart gesund gepflegt und anschließend vermittelt. Weil es in den letzten Monaten immer mehr solcher Fälle gibt, warnt die städtische Veterinärbehörde vor unseriösen Anbietern.
Im Katzenhaus des Stuttgarter Tierheims in Botnang werden derzeit rund 100 Samtpfoten gepflegt. Knapp ein Viertel der Tiere stammt aus einer illegalen Aufzucht. Der Tiernotdienst und die Amtstierärzte hatten diese bereits im Januar in einem Stuttgarter Gewerbegebiet entdeckt. Nach Angaben der Stadt lief die Zucht in den Geschäftsräumen eines Produktionsbetriebs ab, mehr Details, beispielsweise zum Ort, werden nicht preisgegeben, weil das Unternehmen sonst identifizierbar wäre.
Bei der tierschutzrechtlichen Kontrolle stieß man auf 15 Katzen und sieben Kater, die in miserablen Verhältnissen lebten. Weil alle Tiere der Rasse Britisch-Kurzhaar krank waren und medizinische Behandlung benötigten, wurden sie ins Stuttgarter Tierheim gebracht. Nach einer Untersuchung in der Quarantänestation wurden die Katzen und Kater, die zwischen neun Monaten und sechs Jahren alt sind, gesund gepflegt. Unter anderem litten sie unter Katzenschnupfen. Jetzt werden die Tiere, die alle im Tierheim kastriert wurden, nach und nach vermittelt.
„In Stuttgart ist die Zahl der Tierschutzfälle in den vergangenen Jahren massiv gestiegen“, sagt Jana Lohmann, Leiterin der Veterinärbehörde. „Bei unseren Kontrollen entdecken wir zudem gravierendere Fälle, bei denen mehr Tiere auf einen Schlag betroffen sind als früher.“ Im vergangenen Jahr habe man 243 Halter überprüft. In 51 Fällen wurden insgesamt 289 Tiere weggenommen und vom Tiernotdienst ins Tierheim gebracht. 2023 waren es in 19 Fällen und 160 Tiere gewesen. Und in den ersten sechs Wochen 2025 ist der Trend bei acht Fällen mit 36 Tieren ungebrochen.
Für Aufsehen hat Anfang 2024 die Fortnahme, so lautet der Schritt offiziell, von fast hundert Tieren aus drei tierschutzwidrigen Haltungen gesorgt: insgesamt 27 Katzen und nicht weniger als 68 kleine Hunde. Mitte vorigen Jahres wurden bei zwei Kontrollen insgesamt 18 Französische Bulldoggen aus zwei tierschutzwidrigen Zuchten fortgenommen, davon 14 Welpen.
Tierfreunde sollten bei Züchtern wachsam sein
Die Amtstierärzte appellieren daher an potenzielle Kundschaft, sich genau zu informieren, bevor man sich ein Haustier zulegt. „Die illegale Zucht und Einfuhr von Hunden und Katzen floriert, unseriöse Anbieter präsentieren sich mitunter als vermeintlich verantwortungsvolle Züchter“, sagt Lohmann. Generell solle man sich vor einem Kauf eingehend über die Tierart, Rasse und Zuchtstandards informieren und sachkundige Begleitung zur Besichtigung der Tiere mitnehmen. Abzuraten sei von sogenannten Qualzuchten: Was manche Betrachter bei Katzen nett finden würden, wie Faltohren oder weißes Fell und blaue Augen, gehe auf Gendefekte zurück, unter denen die Tiere leiden.
Geknickte Ohren wiesen auf einen erblich bedingten Knorpelschaden hin, der auch Gelenkerkrankungen mit sich bringe – und weiße Katzen seien häufig taub. Wer generell offensichtliche Missstände entdeckt, solle sich bei den Behörden melden. „So können wir einschreiten und verhindern, dass die Tiere leiden.“ Bei Mängeln bekommen die Halter beziehungsweise Züchter zunächst Auflagen erteilt. Werden diese nicht erfüllt, ist in den schlimmsten Fällen die Fortnahme der Tiere das letzte Mittel.
Dass eine Zucht sich in Deutschland befindet, ist offenbar nicht automatisch ein Qualitätskriterium. Tierschutzwidrig vermehrte Hunde- und Katzenwelpen kommen nicht nur aus dem Ausland in die Bundesrepublik, sondern werden ebenso mitten in der Stadt in Wohnzimmern, Besenkammern oder in Gartenschuppen gezüchtet – immer wieder auch in Stuttgart. Schlechte Haltungen fallen somit meist nur auf, wenn es zu Anzeigen aus der Bevölkerung kommt.
Eine gewerbsmäßige Hundezucht liegt in der Regel ab der dritten fortpflanzungsfähigen Hündin beziehungsweise ab drei Würfen jährlich vor, bei Katzen ab fünf. Manchen gutmeinenden Hobbyzüchtern wächst die unkontrollierte Vermehrung ihrer Tiere über den Kopf, für andere ist der Tierhandel ein skrupelloses Zusatzgeschäft.
Britisch-Kurzhaar Katzen werden bei seriösen Züchtern beispielsweise mit Preisen von 800 bis 2500 Euro gehandelt, sagt Petra Veiel, Sprecherin des Stuttgarter Tierheims. „Das ist ein riesiges Geschäft.“ Und sobald Profit winkt, werden eben auch schwarze Schafe angelockt.
Großer Durchlauf im Tierheim Stuttgart
Einmal mehr erinnert sie Tierfreunde daran, im Tierheim nach einem passenden Gefährten zu suchen. Die vom Tierschutzverein Stuttgart betriebene Einrichtung sei die erste Aufnahmestelle für aus mangelhafter Haltung fortgenommener Tiere. Aufgrund des steten Zustroms sei man darauf angewiesen, sie – sobald sie fit sind – in ein gutes neues Zuhause zu vermitteln, um Platz für neue Zugänge zu haben. „Wir sind immer stark belegt“, sagt die Tierheim-Sprecherin. „Gerade, wenn so viele Hunde oder Katzen auf einmal zu uns kommen, sind wir besonders gefordert, und hoffen, dass sich genügend interessierte Tierfreunde melden.“ Veiel betont: „Bei uns warten nicht nur die 22 Britisch-Kurzhaar, sondern auch viele andere Haustiere auf neue Besitzerinnen und Besitzer.“
Kontrollen der städtischen Veterinäre
Immer mehr Tiere
Im Jahr 2024 hat die städtische Veterinärbehörde 243 Halter überprüft. In 51 Fällen wurden insgesamt 289 Tiere fortgenommen und vom Tiernotdienst ins Tierheim gebracht. Im Jahr zuvor waren es zwar „nur“ 19 Fälle, dafür bereits 160 Tiere gewesen. Und in den ersten sechs Wochen 2025 ist der Trend bei acht Fällen mit zusammen 36 Tieren ungebrochen.
Immer mehr Gutachten
2023 waren die Amtstierärzte an knapp 70 Tierhaltungsüberprüfungen beteiligt. Die Folge: 198 Stellungnahmen beziehungsweise Gutachten, die die Veterinäre zu den Fällen schreiben mussten. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Zahl auf 128 Einsätze sowie 240 Stellungnahmen und Gutachten. Im gerade begonnenen neuen Jahr liegt die Quote bis Mitte Februar mit bereits 37 Fällen erneut sehr hoch.