Hat die FDP über Wochen gezielt auf den Bruch der Ampel-Regierung hingearbeitet? Die Liberalen bestreiten das. Ein internes Papier lässt andere Deutungen zu. Die Parteispitze ringt um Erklärungen.
Ein detailliertes Papier der FDP zum Ausstieg aus der Ampel-Koalition bringt die Parteiführung um Christian Lindner in Erklärungsnot und stößt auch bei Liberalen selbst auf Kritik. FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte: „Die Wortwahl ist der Sache nicht dienlich, eine Verschriftlichung mit dieser Tonalität nicht nachvollziehbar.“ Sie forderte Selbstkritik und Aufarbeitung, wie sie auf der Online-Plattform X betonte.
Bei den früheren Ampel-Koalitionspartnern SPD und Grüne löste das „D-Day“-Papier der Liberalen helle Empörung aus.
Strategiepapier beschreibt Ablaufszenarien zum „D-Day“
Die FDP hatte das achtseitige Dokument im Stil einer Powerpoint-Präsentation am Donnerstag (28. November) selbst veröffentlicht, nachdem das Nachrichtenportal „Table.Briefings“ bereits darüber berichtet hatte. Zuvor hatte eine Recherche der „Zeit“ schon große Diskussionen über Ursachen und Urheber des Koalitionsbruchs ausgelöst. In mehreren Treffen der engsten FDP-Führung wurden demnach seit Ende September Szenarien für ein Ende der Koalition durchgespielt.
Das nun veröffentlichte FDP-Papier stößt nicht nur wegen seines Inhalts, sondern auch wegen der Wortwahl auf Kritik. In dem Dokument taucht der durch den Zweiten Weltkrieg historisch vorgeprägte Begriff „D-Day“ mehrfach auf - als Synonym für den möglichen Zeitpunkt zum Ausstieg aus der gemeinsamen Regierung mit SPD und Grünen.
„D-Day“ – Tag der Entscheidung
„D-Day“ kann aus dem Englischen mit „Tag X“ übersetzt werden oder auch „Tag der Entscheidung“ meinen. Im Deutschen ist die Formulierung vor allem im Zusammenhang mit der Landung der Alliierten in der Normandie zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus bekannt. Den Auftakt dafür markierte der «D-Day" am 6. Juni 1944. Er steht aber auch für unmenschliches Blutvergießen, Zehntausende Tote und Verwundete.
Die Alliierten hatten die Landung monatelang vorbereitet. Strandabschnitte wurden mit Codenamen versehen: Sword. Juno. Gold. Omaha. Utah. In Südengland wurden Soldaten, Fahrzeuge, Equipment zusammengezogen. Das britische Verteidigungsministerium schreibt, am D-Day seien rund 130.000 Mann an Frankreichs Küste angelandet. In einem Monat seien mehr als eine Million Mann in die Normandie gebracht worden. Die Zahlen dazu variieren.
„Operation Overlord“
Die Landung der Alliierten an der nordfranzösischen Küste in der Normandie am 6. Juni 1944 markierte den Auftakt der Befreiung Frankreichs und Westeuropas von der Nazi-Herrschaft. Der sogenannte D-Day und die „Operation Overlord“ stehen aber auch für ein schreckliches Blutvergießen, Zehntausende Tote und Verwundete.
Zur Streitmacht der Alliierten am D-Day, der größten Landungsoperation im Zweiten Weltkrieg, gehörten vor allem US-Amerikaner, Briten, Kanadier, Polen und Franzosen. Etwa 3100 Landungsboote mit mehr als 150.000 Soldaten machten sich auf den Weg nach Nordfrankreich.
Die Deutschen hatten im betroffenen Küstenabschnitt nur etwa 50.000 Infanteristen und wenige Flugzeuge zur Verfügung. Weiter nördlich, wo das Landungsunternehmen irrtümlich erwartet wurde, war der Großteil der Divisionen des deutschen Westheeres stationiert.
Langsamer Vormarsch nach der Landung
Im D-Day-Bereich waren die Strände nur lückenhaft gesichert. Die Alliierten gingen in den Morgenstunden an fünf Küstenabschnitten mit den Decknamen Utah, Omaha, Gold, Juno und Sword östlich von Cherbourg an Land. Erst nach sechs Tagen gelang es Hitlers Gegnern, die Brückenköpfe zu einer Front von etwa 100 Kilometern Länge zu verbinden.
Am Abend des D-Day registrierten die Alliierten Verluste von rund 12.000 Mann, darunter etwa 4400 Tote. Die Zahl der deutschen Verwundeten, Vermissten und Gefallenen wird auf 4000 bis 9000 Mann geschätzt. Im weiteren Verlauf der „Operation Overlord“ sollen bis zur Eroberung von Paris im August 200.000 Deutsche und 70.000 Verbündete ums Leben gekommen sein. In der verwüsteten Normandie starben bis zu 20.000 Zivilisten.
Schlacht um Carentan
Nachdem es den Landungstruppen nicht gelungen war, am 6. Juni die Verbindung der beiden amerikanischen Brückenköpfe Utah- und Omaha-Beach herzustellen, beschloss das US-Oberkommando einen Angriff auf Carentan durch die 101. Luftlandedivision. Da Carentan in der deutschen Verteidigung der Normandie eine Schlüsselstellung einnahm und von hier ein Gegenangriff gestartet werden konnte, war die Eroberung der Stadt ein erklärtes Hauptziel der Alliierten.
Um die Invasionstruppen mit Nachschub zu versorgen wurde der Flugplatz A10 Airfield planiert und am 19. Juni – 13 Tage nach Beginn der Invasion – eröffnet. A10 Airfield war eine wichtige Ausgangsbasis für Jagdbomber zur Luftunterstützung und für die Landung von Transportflugzeugen. Innerhalb weniger Wochen wurden auf dem Rollfeld mehr als 320 000 Soldaten eingeflogen und über 100.000 Tonnen Material abgefertigt.
Von hier aus begann auch der Angriff der 101st US-Airborne Division (Fallschirmspringer). US-Regisseur Stephen Spielberg hat die Schlacht um Carentan in seiner TV-Serie „Band of Brothers“ verfilmt. Auch in dem amerikanischen Kriegsfilm „Der längste Tag“ aus dem Jahr 1962, einem der aufwendigsten und teuersten Kriegsfilme aller Zeiten, spielt die Eroberung von Carentan eine zentrale Rolle.