Franz Scheuermann und Jacqueline Avagliano leiten das Martinistüble. Foto: Simon Granville

Das Martinistüble in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) versorgt pro Woche 160 Menschen mit Lebensmitteln. Auswirkungen von Altersarmut, Wirtschaftskrisen und Kriegen spürt man hier rasch. Doch etwas ist dort anders.

„Ich bin so oft hier, dass meine Frau mir im Scherz empfiehlt, hier ein Bett aufzustellen“, sagt Franz Scheuermann. Gemeinsam mit Jacqueline Avagliano hat er sich vor mehr als 20 Jahren für die Einrichtung eines Tafelladens in Kornwestheim eingesetzt. Und noch heute sind die beiden verantwortlich für die Einrichtung, die von der katholischen Kirche Sankt Martin und der Tafel Ludwigsburg getragen wird.

 

Zweimal pro Woche hat der Laden geöffnet

Aus bescheidenen Anfängen ist ein wichtiger Stützpfeiler für Menschen mit wenig Einkommen in Kornwestheim geworden. Der kleine Laden im Untergeschoss der Johannesstraße 27 hat jeden Mittwoch und Freitag für Menschen geöffnet, die Bürgergeld beziehen. Pro Öffnungstag kommen rund 80 Berechtigte und können sich dort mit Lebensmitteln zu einem Bruchteil des Ladenpreises eindecken. Anders als in anderen Tafelläden ist das Kornwestheimer Modell komplett ehrenamtlich organisiert. Und wie die beiden Initiatoren, die sich schon davor in der Kirchengemeinde eingebracht haben, steht das Martinistüble ganz im Zeichen des Gedankens vom Teilen und Unterstützen von Bedürftigen.

„Weil wir beide schon vorher in der Kirchengemeinde aktiv waren, wussten wir damals schon, dass es den Bedarf für einen Tafelladen in Kornwestheim gibt“, sagt Avagliano. Beim Start vor 20 Jahren seien es vor allem ältere Mitbürger gewesen, die in den Tafelladen gekommen seien, mittlerweile sei das Publikum wesentlich gemischter.

In Tafelläden gibt es Lebensmittel zu vergünstigten Preisen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

„Der Bedarf steigt immer noch, vor allem durch den Krieg in der Ukraine und die vielen Flüchtlinge hat sich einiges geändert bei der Zusammensetzung unserer Kundschaft“, sagt Avagliano. Zudem kämen auch immer wieder Menschen, die zwar arbeiteten, von dem Gehalt aber nur schlecht leben könnten. Diese erhalten als sogenannte Aufstocker auch Leistungen vom Staat und dürfen daher im Laden einkaufen.

Supermärkte sortieren weniger aus

Gleichzeitig hat man auch in Kornwestheim mit veränderten Bedingungen bei einigen Supermärkten zu kämpfen, die aussortierte Ware spenden. Der Trend gehe bei diesen dahin, selbst weniger auszusortieren und lieber überreife Lebensmittel vergünstigt zu verkaufen.

All diese Herausforderungen sind für Avagliano oder Scheuermann kein Motivationshemmnis. Beide sagen, das liege daran, dass sie fest im Glauben verwurzelt sind. Gesellschaftskritik ist bei ihnen ebenfalls nicht zu hören, dafür haben sie zu viel zu tun und organisieren. Neben dem Tafelladen sind beide auch für das benachbarte Kleiderstüble und den offenen Mittagstisch der Gemeinde verantwortlich. Auch wenn es bei 67 Helfern – weitere werden gesucht – viel Unterstützung gibt, verbringen Avagliano und Scheuermann einen Großteil ihrer Freizeit in den Einrichtungen der Gemeinde. „Ohne verständnisvolle Familien würde das nicht gehen“, sagt Avagliano.