Politische Einmischung – ähnlich wie beim Marsch der amerikanischen Frauen in Washington, die gegen Trump protestierten – gehört auch beim Göppinger Interkulturellen Frauenrat zum Programm. Foto: AP

Die Frauenpower hat auch in Göppingen Spuren hinterlassen – auch wenn hier die Uhren etwas anders gehen.

Göppingen - Den Göppinger Frauen geht es doch gut“ oder „so etwas brauchen wir hier nicht“: Solche Sätze haben Eva Epple und Brigitte Arens-Klett oft gehört. Die beiden Pädagoginnen sind nicht nur befreundete Nachbarinnen, sondern gemeinsam mit Renate Mutschler auch Sprecherinnen des Interkulturellen Frauenrats Göppingen. Seit 20 Jahren bohren sie beim Thema Gleichstellung dicke Bretter und staunen, wie lange manche Entwicklungen dauern, zum Beispiel der Weg zur Chancengleichheitsbeauftragten für Göppingen.

In Göppingen gingen die Uhren anders

„Die Stelle wurde nur geschaffen, weil man sie von oben verordnete“, kommentiert Epple die mangelnde Göppinger Dynamik bei der Frauenförderung trocken. Die Gemeinderätin, die in der Fraktion der Grünen das kommunale Geschehen seit Jahren verfolgt, meint den sanften Zwang, der durch das Chancengleichheitsgesetz des Landes entsteht. So müssen Kommunen mit mehr als 50 000 Einwohnern seit diesem Jahr solche hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten bestellen. Bessere Zugangs- und Aufstiegschancen für Frauen sowie eine Erhöhung des Frauen- beziehungsweise des Männeranteils in Bereichen, in denen sie jeweils unterrepräsentiert sind, sollen so realisiert werden.

Sogar die FDP-Fraktion warb um die bewegten Frauen

Aber zurück in die 1990er Jahre: Die Themen Vereinbarkeit von Beruf und Familie, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und die Ächtung von Gewalt gegen Frauen hätten den Frauenrat von Anfang an beschäftigt. „Seien Sie wählerisch“, forderten die Frauen vor einer Kommunalwahl mit einer Plakataktion und wollten so mehr Frauen in die Gremien bringen. „Damals gab es längst nicht in jeder Gemeinderatsfraktion eine Frau.“ Heute schmunzeln Arens-Klett und Epple bei dem Gedanken daran, wie sie von der noch frauenlosen FDP-Fraktion umworben wurden, die dringend Kandidatinnen suchte. Zunächst hatten die basisdemokratisch organisierten Frauen die Gremienarbeit im Fokus, wollten mitgestalten. Ein wenig neidisch blickten sie in den Nachbarlandkreis, wo Esslingen bereits 1991 eine Frauenbeauftragte erkoren hatte. „Mit solch einer Amtsträgerin im Rücken hätten wir uns leichter getan“, vermutet Arens-Klett. Aber in Göppingen gingen die Uhren anders.

Landfrauen, Kirchennahe und andere Aktivistinnen

So bauten sich die Frauen eben ein „riesiges Netzwerk“ auf, ein Sammelbecken für Sozialdemokratinnen, Grüne, Kirchennahe und Landfrauen. Eng verbandelten sie sich mit der Kulturinitiative Odeon und dem Haus der Familie, wo sie am Sonntag, 23. Juli, um 11 nun auch ihr Jubiläum mit einem Festempfang begehen werden.

Zugewanderte Frauen sind eine tragende Säule

Es gab Frauenakademietage, Projekte zur Stadtentwicklung und zu Kunst. Das Bündnis wurde bunter, internationaler, legte sich den Zusatz „interkulturell“ zu und macht heute auch geflüchteten Frauen viele Angebote. Längst mischt auch Dragica Horvat mit, die Integrationsbeauftragte der Stadt. Sie sagt: „Früher trafen sich im Frauenrat nur deutsche Frauen ohne Zuwanderungsgeschichte. Die zugewanderten Frauen standen einfach nicht im Fokus. Seit 2003 ist das Interkulturelle ein selbstverständlicher Aspekt geworden. Frauen mit Migrationsgeschichte machen hier nicht nur mit, sondern sie sind eine tragende Säule des Frauenrats. Sie sind nicht nur ein Thema wie so oft, sondern sie bestimmen die Themen.“

Der Frauenrat ist längst interkulturell aufgestellt

Die Überzeugung, dass nur eine gleichberechtigte Partizipation aller Frauen, egal welcher Herkunft, langfristige und für alle Seiten fruchtbare Ergebnisse bringt, habe sich im Interkulturellen Frauenrat durchgesetzt. Auf die Power der Zugewanderten möchte keine mehr verzichten, sagt Horvat und verweist auf die mit Bürgermedaillen und einem Bundesverdienstkreuz ausgezeichneten Migrantinnen.