Deftige Worte sorgten am Mittwochabend beim 2. Stuttgarter Hate-Slam für gute Unterhaltung. Hier sind die Bilder aus dem Rocker 33. Foto: FRIEBE|PR/ Sven Friebe

"Ihr seid scheiße": Der 2. Stuttgarter Hate-Slam am Mittwochabend ist nichts für Zartbesaitete gewesen, denn die im Rocker 33 vorgetragenen Leserbriefe strotzten vor Spott, Hass und Häme. Das will  das Publikum hören und kam in Scharen. Hier sind die Bilder und das Video vom Abend!

"Ihr seid scheiße": Der 2. Stuttgarter Hate-Slam am Mittwochabend ist nichts für Zartbesaitete gewesen, denn die im Rocker 33 vorgetragenen Leserbriefe strotzten vor Spott, Hass und Häme. Das will  das Publikum hören und kam in Scharen.

Stuttgart - „Scheiße ist, wenn du Scheiße schreibst – und dein Verleger zahlt das.“ Mit fiesen Leserbriefen wie diesem bestens gerüstet betraten die Redakteure Anne Guhlich und Wolf-Dieter Obst vom Team Stuttgarter Nachrichten beim zweiten Hate-Slam am Mittwochabend die Bühne. Doch nicht nur sie hatten einiges zu bieten, um im Wettstreit der Journalisten um die fiesesten Leserzuschriften bestehen zu können.

Auch die Online-Redakteure Achim Helbig und Daniela Eichert von Stuttgart Internet Regional (SIR) und der Moderator Alexander „Sandy“ Franke des öffentlich-rechtlichen Radiosenders Das Ding gaben zur Freude der mehr als 400 Zuschauer im Club „Rocker 33“ einige Beschimpfungen ihrer Leser und Hörer zum Besten.

Moderator Michael Gaedt begrüßte das Publikum mit der Bitte, etwas zusammenzurücken. „Wir haben ein schönes Problem: Die Schlange vor dem Eingang reicht immer noch bis zum Palast der Republik.“ Mehr als 200 Leute mussten draußen bleiben, der Andrang war zu groß. „Hass und Häme machen den Laden voll“, freute sich der Gaedt.

„Gehen Sie den Jakobsweg oder dahin, wo der Pfeffer wächst!“

Abwechselnd lasen die Journalisten ihre anonymisierten Leser- und Hörerbriefe vor, die bisher nicht veröffentlicht wurden – weil sie einfach zu böse sind. „Ihre von Werbung mittlerweile vollgeschissene Website ist so widerlich! Immer wieder kommt eine Banderole hinein gekackt und ich muss den Scheiß von meiner Oberfläche wischen“, beschwert sich beispielsweise ein Leser von SIR. Dabei sind auch gut gemeinte Ratschläge unter den Leserzuschriften unserer Zeitung: „Gehen Sie den Jakobsweg oder dahin, wo der Pfeffer wächst. Die StN-Leser werden es Ihnen von Herzen gönnen.“

Ein anderer ärgert sich zwar über die Berichterstattung zur Jahrhundertflut und möchte den verantwortlichen Journalisten am liebsten in die überschwemmten Gebiete schicken. Doch er bleibt fair: „Wenn Sie dann vor Ort in die Fluten gejagt werden, würde ich das nicht gutheißen – aber verstehen.“ Die Hörer von Das Ding bringen es dagegen gerne mal auf den Punkt: „Das Wichtigste zuerst: Ihr seid scheiße.“

„Der Leserbrief ist ein völlig verkanntes Literaturgenre“, schrieb ein Fan nach dem ersten Stuttgarter Hate-Slam im vergangenen Jahr auf der Facebook-Seite. Und tatsächlich ist das Interesse an den bösartigen, witzigen und skurrilen Briefen, Faxen und E-Mails so groß, dass die Veranstalter Hilmar Pfister und Uli Schwinge vom angekündigten Club „33“ in den größeren Club „Rocker 33“ ausweichen mussten. „Wir hatten auf Facebook doppelt so viele Anmeldungen wie im letzten Jahr“, sagte Pfister, der den Hate-Slam nach Stuttgart brachte.

Auf Hinweise von Lesern und Hörern sind Medienschaffende angewiesen

Was für die Zuschauer lustig ist, mag für den ein oder anderen Journalisten, dessen Arbeit scharf kritisiert wird, manchmal hart sein. Doch auf die Reaktionen, Hinweise und Ideen ihrer Leser und Hörer – und somit ihrer Kunden – sind die Medienschaffenden angewiesen. Und bei einem Beitrag der StN-Redakteurin Anne Guhlich am Ende des Abends zeigte sich, dass die Beziehung zwischen Leser und Journalist nur selten von Hass geprägt ist – manchmal weckt ein Artikel sogar zärtliche Gefühle: „Obgleich nur auf diesem kleinen Textausschnitt beruhend, scheinen wir in Punkto Humor kompatibel zu sein. Und da mich dein fotogenes Äußeres eher anzieht als abstößt, möchte ich dich kennenlernen.“

So viel Liebe kam bei der Jury aus dem Publikum jedoch nicht gut an. Für die Stuttgarter Nachrichten reichte es nur auf den dritten Platz. Auf den zweiten Platz wurde das SIR-Team gewählt. Die fiestesten Leserbriefe bekamen demnach die Kollegen von Das Ding und Moderator Sandy Franke den Pokal „Arsch mit Ohren“ überreicht.