Einsatz vor der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Mannheim Foto: dpa

Asylbewerber aus Gambia sind schon mehrfach unangenehm aufgefallen, nämlich als Drogendealer. Nun hat die Polizei landesweit zugeschlagen.

Mannheim - Die Ermittlungen begannen Anfang dieses Jahres. Mehrere Asylbewerber aus Schwarzafrika wurden in Mannheim dabei beobachtet, wie sie in der Innenstadt und auf der Neckarwiese mit Haschisch, Kokain oder Amphetamine handelten.

Lange Zeit in Deutschland waren die Flüchtlinge in diesem Moment noch nicht. Alle waren sie in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) des Landes in Mannheim untergebracht. Dort verbringen Asylbewerber höchstens die ersten drei Monate, bevor sie dann auf die Unterkünfte der Gemeinden in Baden-Württemberg verteilt werden.

Die Ermittlungen in Mannheim waren offenkundig ziemlich ergiebig. Die Asylbewerber aus Gambia handelten nicht nur mit kleinen Tütchen voller Marihuana, wie dies die Stuttgarter Polizei in unschöner Regelmäßigkeit im Schlossgarten oder in der Klett-Passage feststellen muss. Dieses Mal ging es um „nicht unerhebliche Mengen“, wie ein Mannheimer Polizeisprecher das ausdrückt. Keine Tütchen also, sondern Päckchen oder gar Pakete.

Am Montag um 6.30 Uhr schlug die Polizei zu. Mittlerweile waren viele der verdächtigen Asylbewerber über das Land verteilt worden. Es brauchte also viel Personal, um zeitgleich loslegen zu können. Weit über 400 Beamte seien im Einsatz gewesen, heißt es von Seiten der Mannheimer Polizei, allein 300 davon in Mannheim, Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis. Dort gab es auch die meisten Verhaftungen.

Solche Aktionen sind heikel, das weiß die Polizei. Schließlich kommt von Seiten der Öffentlichkeit und der Flüchtlingsverbände nur allzu schnell der Vorwurf auf, hier würden arme, traumatisierte Schutzsuchende von deutschen Sicherheitskräften einmal mehr gegängelt. Die jungen Leute, allesamt junge Männer aus Gambia, hätten halt zu viel Zeit, müssten zu lange auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten und würden liebend gern arbeiten. So reden diejenigen, die vor einer „Kriminalisierung der Asylbewerber“ warnen. Und sie haben ja auch – in Teilen zumindest – Recht.

Die meisten Asylbewerber werden nicht straffällig. Aber die Zahl der Wirtschaftsflüchtlinge ist nun einmal in den vergangenen Jahren geradezu explodiert – und somit sind auch die Probleme erheblich gewachsen. Die Polizei weiß inzwischen von gut organisierten Banden zu berichten, die unter dem Deckmantel des Asylrechts krumme Dinger drehen.

Da sind zum Beispiel und vor allem Asylbewerber aus Georgien. Sie werden zum Teil gezielt als Flüchtlinge nach Deutschland geschickt. Dort brechen sie tagsüber ein und deponieren irgendwo das Diebesgut, das dann nach Georgien wandert. Der neueste Trend bei Georgiern, so heißt es beim Landeskriminalamt (LKA) seien Ladendiebstähle. Wobei das Diebesgut in diesen Fällen per Post nach Georgien geschickt werde. Auch Flüchtlinge aus Gambia sind in der Regel politisch nicht verfolgt oder von einem Bürgerkrieg bedroht. Ihre Anerkennungsquote liegt bei unter einem Prozent.

Ob auch diese Flüchtlinge zum Teil gezielt eingeschleust werden, um Straftaten zu begehen, ist derzeit noch unklar. Der Fall in Mannheim zeigt aber, dass hier durchaus auch große Gruppierungen zugange sind, die sich offenbar absprechen. Gegen insgesamt 50 Personen wird ermittelt, 19 wurden am Montag festgenommen. „Das riecht nach organisierter Kriminalität“, sagt ein Beamter. Doch die Mannheimer Polizei lässt sich im Moment noch nicht in die Karten schauen. Dass sie natürlich auch die Hintermänner sucht, will sie am Montag nicht offiziell bestätigen. Aber die Ermittlungen laufen, und irgendwo müssten die Drogen ja herkommen, sagt ein Polizist.

Das Landeskriminalamt in Stuttgart hat bisher bei Drogendealern aus Gambia „keine Strukturen festgestellt“. Das seien in der Regel kleine Händler. Aber man habe natürlich ein Auge drauf, heißt es. Wobei man nicht nur zusieht, sondern durchaus auch zulangt: Vergangenen Herbst marschierten 135 Beamte in eine Asylunterkunft im Ludwigsburger Stadtteil Hoheneck und beschlagnahmten Marihuana sowie 3000 Euro Bargeld. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens habe sich der Verdacht erhärtet, dass aus der Unterkunft heraus ein reger Handel mit Marihuana betrieben und Betäubungsmittel dabei auch an Kinder und Jugendliche abgegeben wurden, erklärte die Polizei. Dabei hätten zwei 22 und 25 Jahre alte Männer aus Gambia und zwei namentlich zunächst nicht bekannte Landsleute als Tatverdächtige ermittelt werden können.

Bereits im Februar 2014 waren Drogenfahnder in einem Asylheim in Reutlingen tätig geworden. Seit Monaten häuften sich dort Hinweise darauf, dass örtliche Drogenkonsumenten in einer Reutlinger Unterkunft für Asylbewerber Marihuana kaufen. Durch die weiteren Ermittlungen konnten unter anderem fünf Männer aus Gambia identifiziert werden.

Laut Polizei finanzierten die Männer durch den Verkauf des Rauschgifts im Raum Reutlingen zum großen Teil ihren Lebensunterhalt. Bei dem mutmaßlichen Drahtzieher der illegalen Geschäfte handelte es sich demnach um einen 36-jährigen Asylbewerber aus Gambia, dessen Freundin ihn tatkräftig unterstützte und ihre Stuttgarter Wohnung als Versteck für die Drogen zur Verfügung stellte. Seine Komplizen halfen beim Verkauf der Drogen. So viele Dealer aus Gambia – kann das Zufall sein?

Strafverfahren gegen Asylbewerber sind nicht ganz einfach. Solange ihr Asylantrag noch nichts rechtskräftig abgelehnt wurde, dürfen sie nicht abgeschoben werden. Dies geschieht in der Regel erst dann, wenn sie einen Teil ihrer Haftstrafe verbüßt haben. Doch soweit ist es im Mannheimer Fall noch nicht.

Zunächst einmal wird nun das umfangreiche Beweismaterial ausgewertet, das die Polizei an insgesamt 20 Orten beschlagnahmt hat, darunter auch größere Mengen an Drogen, wie es heißt. Zwei weitere Haftbefehle sind deshalb angekündigt, vier verdächtige Asylbewerber wurden nicht angetroffen und gelten damit als flüchtig.

Mit über 50 000 neuen Asylbewerbern muss allein Baden-Württemberg dieses Jahr rechnen. Das wäre neuer Rekord – mehr noch als Anfang der neunziger Jahre, als die Politik mit dem sogenannten Asylkompromiss Deutschland so gut wie abschottete.

Vom Balkan kommen immer noch viele Roma-Familien, aus Afrika immer mehr junge. allein stehende Männer. Solche Männer seien ein besonders großes Problem, heißt es bei der Polizei.

Eine Sozialarbeiterin in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung sagt, dass einige Flüchtlinge – etwa aus Nordafrika – bereits mit Drogenproblemen nach Deutschland kommen. Gelegentlich gebe es auch Hinweise auf Drogenkonsum in den Zimmern, sagt sie. Hinweise auf gewerbsmäßigen Drogenhandel kenne sie hingegen nicht. Ein anderer LEA-Mitarbeiter sagt dazu, dass das Ganze auch eine Frage der Kontrolldichte sei. „Wenn man nicht kontrolliert, findet man auch nichts“, sagt er. Soll heißen: In der Regel lässt man die Asylbewerber weitestmöglich in Ruhe.

Am Montag war das anders. Manche meinen, die grün-rote Landesregierung wolle mit solchen Aktionen mit Blick auf die Landtagswahl im kommenden Jahr Härte zeigen. Offiziell damit gebrüstet hat sich mit der Razzia aber keiner der Verantwortlichen. Kriminelle Asylbewerber sind weder für die Regierung noch für die Opposition im Landtag ein großes Thema. Einzig die rechtsradikalen Republikaner kamen am Montag recht zügig mit einer Stellungnahme auf den Markt, in der sie „das Asyl-Versagen der Altparteien“ kritisierten.