Ein junger Mann aus Gerlingen hat sich im vergangenen Herbst mit der Polizei eine wilde Verfolgungsjagd geliefert. Jetzt muss er sich vor Gericht verantworten. Foto: dpa

Ein 18-Jähriger aus Gerlingen soll vor der Polizei geflohen sein, nachdem er mit Tempo 226 geblitzt worden war. Im Prozess gibt es einige offene Fragen – unter anderem zu einer kuriosen Aktion in der Tatnacht.

Gerlingen - Erst hat die Polizei ihn mit Tempo 226 auf der Autobahn geblitzt, dann hat er sich mit den Beamten eine Verfolgungsjagd geliefert, dabei eine rote Ampel beim Rechtsabbiegen ignoriert und schließlich ein Straßenschild beschädigt: Ein 18-jähriger Schüler aus Gerlingen steht wegen des Vorwurfs des verbotenen Kraftfahrzeugrennens seit Donnerstag vor dem Amtsgericht Ludwigsburg. Zum Zeitpunkt der Fahrt hatte er den Führerschein gerade mal zehn Monate und war in der Probezeit.

Ein Urteil hat der Richter Ulf Hiestermann am Donnerstag nicht gesprochen. Denn trotz zweistündiger Verhandlung blieben einige Fragen ungeklärt. Dennoch fand der Richter klare Worte, während er dem 18-Jährigen mehrmals die Gefahr seines Handels vor Augen führte: „Das zeugt von einer unglaublichen Selbstüberschätzung. Eine solche Situation zeichnet sich dadurch aus, dass keiner unter Kontrolle hat, ob jemand stirbt. Das ist reiner Zufall.“

Blaulicht gesehen und Panik bekommen

Fest steht bislang, dass der 18-Jährige in der Nacht auf den 14. Oktober mit dem Mercedes seiner Eltern und mindestens drei Mitfahrern von Heimsheim (Enzkreis) aus auf dem Heimweg war, als er die Aufmerksamkeit von zwei Polizisten auf sich zog. Sie blitzten den Schüler auf der A 8 in Richtung München, kurz vor der Ausfahrt Leonberg-West bei Tempo 226. Erlaubt sind dort 120 Stundenkilometer. Um ihn auf sein „Fehlverhalten“ hinzuweisen, hätten er und sein Kollege den Gerlinger mit Blaulicht verfolgt, sagte einer der Beamten vor Gericht. Doch statt anzuhalten sei der junge Mann weiter mit zu hoher Geschwindigkeit mehrere Kilometer auf der Autobahn und dann auf der B 295 gefahren. An einer Bushaltestelle im Leonberger Ortsteil Warmbronn (Kreis Böblingen) stellte er sich dann der Polizei. Dort soll der Schüler zugegeben haben, dass er testen wollte, wie schnell der Mercedes fahren kann. Daher habe er das Tempolimit missachtet.

Diese Aussage bestritt der 18-Jährige vor Gericht. Er habe zwar schnell fahren wollen und sei sich der überhöhten Geschwindigkeit bewusst gewesen – auch bei der Flucht vor der Polizei. „Mir ging es aber nicht darum, die maximale Geschwindigkeit auszuloten. Ich kann mir mein Fehlverhalten nicht erklären“, sagte der Gerlinger. Das erste Tempolimit habe er übersehen, beim zweiten Schild habe er sich aus Sicherheitsgründen nicht getraut, stark zu bremsen und den Wagen ausrollen lassen. Auf der Strecke vor der Stelle, an der die Radarfalle zuschlug, gebe es keine Tempobeschränkung – das betonte der Gerlinger immer wieder. „Als ich dann das Blaulicht gesehen habe, habe ich Panik gekriegt.“

Mit dem Vater das beschädigte Verkehrsschild weggetragen

Weil er sich sorgte, wie sehr er das Verkehrsschild beschädigt hatte, fuhren er und sein Vater noch in der Nacht zum Tatort. Dabei wurden sie ertappt: Eine Polizistin entdeckte das Duo gegen 3.45 Uhr, nachdem es das Schild abgeschraubt und entfernt hatte – wohl, um es wieder gerade zu biegen. „Sie wollten wohl Spuren verwischen“, sagte der Richter Hiestermann, der angesichts der kurios anmutenden nächtlichen Aktion durchaus verblüfft war.

Bis zum nächsten Prozesstag soll ein Gutachter klären, wie das Auto, das auf eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 210 ausgelegt ist, überhaupt 226 Kilometer pro Stunde fahren kann. Zudem stellte sich erst in der Verhandlung heraus, dass der 18-Jährige drei Beifahrer hatte. Deren Personalien wurden im Herbst nicht aufgenommen. Sie sollen nun ermittelt werden.