Der Oberbrüdener Förster Stefan Grätsch zeigt im Backnanger Plattenwald, wie das Baumhaus eines Spechtes aussieht und welchen Tieren derartige Nisthöhlen noch gefallen. Foto: Horst Rudel

Der Schwäbische Waldtag hat einiges zu bieten gehabt – nur kein gutes Wetter. Ein Besuch im Backnanger Plattenwald und im Kräuterzentrum Wasenhof.

Großerlach/Backnang - Am Vorabend hat Jochen Bek eigens eine tiefe Fahrspur in einen Trampelpfad im Backnanger Plattenwald setzen lassen und mehrere Gießkannen Wasser bereitgestellt. An sieben Stationen eines Rundwanderwegs haben der Revierförster vom Reichenberg und rund 30 seiner Kollegen anlässlich des Tags des Schwäbischen Waldes am Sonntag anschaulich gezeigt, welche Arbeiten im Staatlichen Forst bewältigt werden – und welche Konflikte durch die unterschiedlichen Nutzungsansprüche entstehen.

Manche Fahrspur, die bei der Holzernte durch den Einsatz von schweren Maschinen entsteht, wird von Förstern wie Bek ganz bewusst nicht wieder geglättet, weil durch sie wertvolle Refugien für seltene Tiere entstehen. Der auf der Roten Liste der gefährdeten Arten stehenden Gelbbauchunke etwa kann eine solche mit Wasser gefüllte Rinne das Überleben sichern, weil ihr an anderer Stelle wegen Flussbegradigungen, Flächenversiegelung und intensiver Landwirtschaft der Lebensraum genommen wurde.

Mehrfamilienhaus für unterschiedliche Tierarten

Auch Stefan Grätsch, der Revierförster aus Oberbrüden, hat an seiner Station ein Beispiel gezeigt, das bei Waldspaziergängern mitunter auf Unverständnis stößt, aber von den Waldexperten ganz bewusst erhalten wird. Mitten im Plattenwald steht ein dicker und etwa drei Meter hoher Stumpf einer Buche. Die Baumkrone hat vor mehr als 150 Jahren vermutlich ein heftiger Sturm abgedreht. Seither hat sich das Totholz zu einem Mehrfamilienhaus für verschiedene Spechtarten, Fledermäuse, Käuze und Käfer aller Art entwickelt, außen haben sich Zunderschwamm und andere Pilzarten angesiedelt. In einem eigens mit einem aufklappbaren Türchen versehenen Baumtorso kann man nachschauen, wie sich ein Specht sein Zuhause eingerichtet hat.

Die Gießkanne hat Jochen Bek nicht benötigt. Schon am Morgen des Schwäbischen Waldtags hatten heftige Regengüsse die zu Demonstrationszwecken angelegte Fahrspur mit Wasser gefüllt und auch den ganzen Tag über automatisch feuchter gehalten, als es sich mancher gewünscht hätte. Der Wald habe den Regen zwar dringend nötig gehabt, sagte denn auch der Leiter des Kreisforstamts, Martin Röhrs, „aber ich hätte heute nichts dagegen gehabt, wenn sich der noch einmal sechs Stunden zurückgehalten hätte.“

Auch die Geschäftsführerin der Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald, Barbara Schunter, zeigte sich ein wenig betrübt über das Wetter, schließlich hätten sich die Initiatoren von mehr als 50 Veranstaltungen in 15 Kommunen mächtig ins Zeug gelegt, um ihren Gästen etwas zu bieten – die bei Sonnenschein vermutlich zahlreicher gekommen wären. Bereits zum vierten Mal hintereinander habe es nun am ersten Sonntag nach den Sommerferien schlechtes Wetter gegeben. Man sollte vielleicht einmal darüber nachdenken, einen anderen Termin auszuwählen, so Schunter.

Verwirklichung eines Lebenstraums

Auch Christine Pommerer hätte sich wohl ein Klima wie noch vor ein paar Tagen gewünscht, um ihr Jubiläum zu feiern. Vor genau zehn Jahren – ebenfalls zum Schwäbischen Waldtag – eröffnete sie auf dem Wasenhof bei Großerlach ihr Kräuterzentrum. Es war die Verwirklichung eines Lebenstraums für die heute 53-Jährige, die, wie der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde und Pommerers direkter und einziger Nachbar, Hans Wohlfarth, einräumte, bestenfalls milde belächelt wurde. Heute wird ihr Anwesen nicht nur vom Südwestrundfunk zu den „schönsten Privatgärten im Südwesten“ gezählt, ihre Seminare, etwa zur Ausbildung zum Heilkräuterpädagogen oder die kreativen Kräuterwerkstattangebote von der Heilkraft der Weide bis zur Naturkosmetik, stoßen auf reges Interesse. Ihren „Wunschpunsch“ rührte die Wildkräuter- zusammen mit der Schwäbischen Waldfee allerdings nicht wie geplant in einem Kessel über einem Lagerfeuer an. Aber auch ein unlängst zum Seminarhaus mit Übernachtungsmöglichkeiten umgebautes Gebäude mit weitem Blick auf das Kräuteranwesen bildete einen angemessenen – und trockenen – Rahmen.

Auf derlei konnten indes jene nicht ausweichen, die sich zum erstmals ins Leben gerufenen Mühlenwandermarathon aufgemacht hatten. Doch kneifen galt nicht für die 30 Teilnehmer, die sich für die gut 42 Kilometer lange Strecke angemeldet hatten und jene mehr als 100, die sich auf die halbe Tour oder die Zwölf-Kilometer-Wanderung begeben hatten. Ein 80-Jähriger hatte die volle Distanz bereits nach sieben Stunden absolviert. Sein Fazit: „Bei dem Wetter schwitzt man wenigstens nicht.“