„Mit einem Instrument lernt man Disziplin“, sagt Karin Oehler. Die talentierte Zuffenhäuserin möchte Schulmusik studieren. Foto: Georg Linsenmann

Die 16-jährige Karin Oehler gibt am Sonntag, 2. Juli, im Mozartsaal der Liederhalle in Stuttgart einen Klavierabend.

Zuffenhausen - Klagen übers G8, über zu wenig Zeit durch das Abitur am achtjährigen Gymnasium? Nicht von Karin Oehler: „Für mich hat das gepasst“, befindet sie knapp. Sowieso scheint der jungen Frau manches gar nicht schnell genug gehen zu können. Rechnen, Schreiben, Lesen: „Mit fünf war ich da voll drin, im Kindergarten war mir langweilig.“ Also schnell rein in die Schule! Und bitte ein Instrument lernen, sonst wird der Kleinen gleich wieder langweilig. Jetzt, mit 16 Lenzen, hat sie das Abi in der Tasche, übt und büffelt für die anstehende Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule – und wenige Tage vor ihrem 17. Geburtstag dann noch dies: ein Klavierabend im Tempel der Kammermusik, im Mozartsaal der Liederhalle, zusammen mit dem gleichaltrigen Magnus Sani Kuhn.

Wie aber macht das ein junger Mensch? Schule, üben, Musikunterricht, lernen, nochmals üben. So ganz nebenbei geht das Abi ja wohl nicht. Wobei Oehler zu ihren Spezialfächern Musik und Latein freiwillig noch vier Wochenstunden Chemie gepackt hatte. Und zum Klavier mit neun Jahren zudem die Oboe, ein Orchesterinstrument: „Weil es mich bekümmert hatte, immer alleine zu üben und zu musizieren.“ Die Antwort kommt mit einer leuchtenden Klarheit und Direktheit, die kennzeichnend ist für diese junge Pianistin: „Effektiv lernen, effektiv üben. Ganz einfach. Und mal Hausaufgaben weglassen. Das spart Zeit.“

Begeisterung für klassische Musik

Klar, das viele Üben sei „auch manchmal nervig“. Dann komme eben Zielstrebigkeit zum Einsatz: „Ich musste nie angetrieben werden. Ich wollte das, es war meine freie Entscheidung. Und mit einem Instrument lernt man Disziplin. Man lernt sein Zeug, denn man will vorbereitet sein. So bin ich gut vorwärtsgekommen.“ Und nie Zweifel an dieser Leidenschaft für die klassische Musik? Zumal man da doch in Teenie-Kreisen eher zum Außenseiter wird: „Stimmt! Aber ich bin gerne Minderheit. Ich habe so viele Freunde, die auch Minderheit sind. Wir kochen und essen zusammen und hören dabei das Violinkonzert von Sibelius. Und haben irre Spaß dabei. Es ist sooo geil!“ Es sei eben „unfassbar schön und anregend, mit starken Persönlichkeiten zusammen zu sein.“

Einen musikalischen Entwicklungssprung bescherte ihr an der städtischen Musikschule der Klavierlehrerwechsel zu Romuald Noll: „Da wurden andere Saiten aufgezogen, mit anderthalb Stunden Unterricht. Das war ein viel höheres Niveau. Ich fand es selber unfassbar, wie schnell da die Leistungskurve gestiegen ist.“ Bald kam sie in die Begabtenförderung, mit einer Dreiviertelstunde Zusatzunterricht. Kostenlos. Und ins Stipendienprogramm „Junges Klavierforum“. Jeden Freitag ist Vorspiel: „Das ist eine Superübung.“ Auch für Wettbewerbe. Bei Jugend musiziert war sie auf Bundesebene vier Mal vorne dran, hat aber auch schon andere Wettbewerbe bestritten. Mit Preisen etwa beim Internationalen Klavierpodium München oder beim Bach-Wettbewerb in Köthen. Und natürlich fürs Konzert am 2. Juli im Mozartsaal: mit den „unglaublich virtuosen“ Rigoletto-Paraphrasen von Franz Liszt und den Davidsbündler-Tänzen von Robert Schumann, die „musikalisch und technisch viel schwieriger“ seien. Nervös? „Nur bis ich am Klavier sitze. Wenn ich merke, dass das Publikum gerne zuhört, dann wächst die Selbstsicherheit, man wird eins mit der Musik, in Verbindung mit dem Publikum. Das ist Magie.“

Eine Solokarriere strebt Karin Oehler aber nicht an: „Ich will Schulmusik studieren, die ganze Breite, mit Dirigieren, Klavier, Singen, Chor.“ Ihr Ziel: „Die Leidenschaft für diese Musik bewahren, die jeden ansprechen kann. Dafür will ich einmal junge Leute begeistern. Nichts geht darüber, diese Musik zu erleben.“