Die Opel-Brüder Ludwig, Fritz, Heinrich, Wilhelm und Carl (von links) mit dem „Quintuplet“ im Jahr 1885. Vier Jahre danach bauten Carl und Wilhelm den ersten Opel-Patent-Motorwagen. Foto: Opel

Autobauer wird 150 Jahre alt – doch Feierlaune hält sich in Grenzen: Beschäftigten drohen Einschnitte.

Frankfurt - Die Feierlaune hält sich in engen Grenzen. Das geplante große Fest zum 150-jährigen Bestehen von Opel ist schon vor Monaten, im März, geplatzt. Und jetzt plant der Autobauer in mindestens zwei deutschen Werken Kurzarbeit für Tausende Beschäftigte. Für das Stammwerk Rüsselsheim wie auch für die Fabrik in Kaiserslautern verhandle man mit dem Betriebsrat und der IG Metall, erklärte ein Opel-Sprecher in Rüsselsheim.

Verständlich, dass bei diesen Nachrichten die Stimmung gedämpft ist. Vor 25 Jahren war das anders: Damals wurde am Stammsitz in Rüsselsheim drei Tage lang gefeiert, Bundeskanzler Helmut Kohl hielt eine umjubelte Rede. Dabei war Opel schon Mitte der achtziger Jahre auf dem absteigenden Ast. Opel hatte dreistellige Millionen-Verluste eingefahren, der Marktanteil in der Bundesrepublik war von 18,2 auf nur noch 15,5 Prozent abgesackt.

Die Zahlen sind im Jubiläumsjahr noch schlechter geworden: Der Marktanteil in Deutschland ist auf 6,8 Prozent abgerutscht, der Verkauf in den ersten sieben Monaten des Jahres um fast elf Prozent auf 135.400 Autos eingebrochen. In Europa kommt Opel mit der britischen Schwestermarke Vauxhall nur noch auf einen Anteil von 7,5 Prozent, der Absatz schrumpfte im ersten Halbjahr um 15 Prozent auf 468.000 Fahrzeuge.

Längst gehe es für die Firma ums Überleben, sagen Experten

Derzeit steht das Unternehmen ohne Chef da. Nach dem Rauswurf von Karl-Friedrich Stracke leitet Thomas Sedran Opel nur kommissarisch. Die Konzernmutter GM, Opel und Betriebsrat ringen um ein neues Sanierungsprogramm. Längst gehe es für die Firma ums Überleben, sagen Experten.

Dabei hat Opel zwei Weltkriege überstanden und die Wirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, auch dank der immer wieder gelobten technologischen Kompetenz. Die war stets unbestritten. Egal, ob es wie bei der Unternehmensgründung im Januar 1862 um Nähmaschinen, später um Fahrräder und ab 1899 um den Bau von Autos und Motorrädern ging. Um die Jahrhundertwende verließen pro Jahr 25.000 Nähmaschinen und 15.000 Fahrräder die Fabrikhalle. 1902 präsentiert Opel das erste eigene Automobil. Bis 1914 stieg die Firma mit 3000 Beschäftigten und einer Jahresproduktion von 3000 Autos zum größten Automobilhersteller in Deutschland auf.

1928 hatte Opel einen Marktanteil von 44 Prozent. Als ein Jahr später die Wirtschaftskrise den Autobauer traf, holte die Familie sich General Motors (GM) als Partner ins Boot. 1931 ging Opel komplett an die Amerikaner – für insgesamt knapp 33,4 Millionen Dollar (27 Millionen Euro). Für die damalige Zeit eine gigantische Summe. Opel überstand die Krise. 1935 wurde das zweite Werk in Brandenburg an der Havel gebaut. Erstmals verließen in einem Jahr mehr als 100.000 Autos die Fabriken. 1936 begann die Ära des Kadett. Opel war mit einer Jahresproduktion von 130.000 Fahrzeugen der größte Hersteller in Europa. Fast 50 Prozent der gesamten deutschen Exporteinnahmen entfallen auf Opel.

Managementfehler, Ausmustern gut laufender Modelle, Qualitätsmängel, Abschied aus der Oberklasse

Durch den Krieg verlor Opel das Werk in Brandenburg. In Rüsselsheim wurde die Produktion jedoch schnell wieder hochgefahren auf 30000 Autos im Jahr. Modelle wie Olympia, Rekord oder Kapitän festigten den Ruf des Unternehmens, das 1962 in Bochum das zweite Werk eröffnet. 1966 kam das Teilewerk in Kaiserslautern dazu, 1990 die Fabrik in Eisenach. Bis Anfang der siebziger Jahre stieg die Zahl der jährlich verkauften Modelle auf mehr als 400.000 Fabrikate. Opel rangierte mit einem Marktanteil von mehr als 20 Prozent vor Volkswagen, beschäftigte fast 60.000 Mitarbeiter.

Seitdem geht es mit Opel bergab. Managementfehler, das Ausmustern gut laufender Modelle, Qualitätsmängel und der Abschied aus der Oberklasse ziehen das Unternehmen und das Image der Marke nach unten. Zudem verkennen die Manager von GM den Wert ihrer Tochter in Deutschland, beschränken deren Möglichkeiten, ihre Autos in Märkten wie den USA oder China zu verkaufen. Und machen Opel mit der Marke Chevrolet in Europa noch konzerneigene Konkurrenz.

Mit der Ausrichtung fast ausschließlich auf den weitgehend gesättigten Markt in Europa ist der Spielraum für Opel und seine 40.500 Mitarbeiter in elf Werken begrenzt. Nicht mal bei der Prominenz will da Feierlaune aufkommen: Weder am 8. September in Kaiserslautern, noch am 22. September in Rüsselsheim oder am 6. Oktober in Eisenach werden hochrangige Politiker zugegen sein.