Reinhold Würth in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall Foto: Andi Schmid

Am 18. Mai 2001 eröffnete die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall. Reinhold Würth sagt den „Stuttgarter Nachrichten“, warum gerade dieses Projekt innerhalb des Kunstengagements seines Konzerns so wichtig war und ist

Künzelsau - Es ist ein schöner Mai-Tag im Jahr 2001. In Schwäbisch Hall wird ein bis dahin in Baden-Württemberg einzigartiges Projekt eröffnet: die Kunsthalle Würth. Höchster Gast ist der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Fast ungestüm wirkt der Stifter, Mentor und Motor Reinhold Würth an jenem Tag. Mit jeder Bewegung wird das Tempo spürbar, das Reinhold Würth als Lenker der in Künzelsau ansässigen Adolf Würth GmbH & Co. KG lebt.

Lebensintensität vermittelt auch das von dem Berliner Neoexpressionisten Rainer Fetting gemalte Porträt von Reinhold Würth – überlebensgroß begrüßt der Vorsitzende des Beirats der Würth-Gruppe im Mai 2001 die Besucher im Eingangsbereich der Kunsthalle Würth. 66 Jahre ist Reinhold Würth im Mai 2001 – und er sagt: „Die Einweihung der Kunsthalle ist einer der ganz großen Höhepunkte in meinem beruflichen Leben.“

Und wie sieht Reinhold Würth, inzwischen 81, das Projekt Kunsthalle Würth heute? „Ein Gedanke ist mir nach wie vor wichtig“, sagt Würth unserer Zeitung: „Wir tun etwas für die Gesellschaft, in und mit der wir leben.“ Ein Hinweis darauf, dass es bei der Kunsthalle 2001 um mehr geht als um ein „Zwillingsinstitut“ zum Museum Würth, das seit 1991 in den Firmenstammsitz in Künzelsau integriert ist.

Nordische Architektur-Präzision

Der dänische Architekt Henning Larsen entwirft die Kunsthalle. Aus heutiger Sicht äußerst günstig gebaut – zehn Millionen Euro stehen seinerzeit zu Buche –, fügt sich das Gebäude so kühn wie konsequent in das historische Stadtbild Schwäbisch Halls ein.

Reinhold Würth, der sein Unternehmen ein „organisches Wesen“ nennt, folgt offenkundig auch in seinem Kunstengagement der Formel „Gegen den Tod hilft nur Wachstum“. 2001 ist das Museum in Künzelsau ja nur mehr Basis und Drehscheibe einer Vielzahl von Aktivitäten in aller Welt, ist der Name Würth überdies mit dem Festspielhaus Baden-Baden und mit der Einrichtung eines Poetik-Lehrstuhls an der Universität Tübingen und einem Literaturpreis für Nachwuchsautoren verbunden.

Und nun das: Zum symbolischen Preis von einer Mark hatte die Stadt Schwäbisch Hall die Grundfläche für die geplante Kunsthalle zur Verfügung gestellt – verband man doch mit Würths Investition die Hoffnung, einem Sanierungsgebiet neue Impulse zu geben. Ein Wagnis durchaus, gibt es doch seinerzeit auch Stimmen, die das private Millionen-Engagement kritisch werten. „Der Würth hat hier jetzt die Hand drauf“, sagt etwa eine ältere Anwohnerin 2001 – und fügt doch hinzu: „Musste ja auch etwas passieren hier.“

So ist die Kunsthalle von Beginn an weit mehr als ein Ort für knapp 500 Werke aus der seinerzeit rund 6000 Stücke umfassenden Sammlung Würth, sie ist auch eine Investition in die Neuordnung eines Stadtviertels. Umso mehr, als die Würth-Gruppe auch das unmittelbar benachbarte Sudhaus erwirbt (und in dessen Sanierung 3,5 Millionen Euro investiert) und zwei weitere angrenzende Häuser kauft.

„Alle Ausstellungen“, blickt Reinhold Würth zurück, „basieren auf der Sammlung Würth, die mit ihren inzwischen circa 17 000 Kunstwerken von mehr als 2500 Künstlerinnen und Künstlern eine große Varietät aufweist.“ Gab es eine Lieblingsausstellung? Reinhld Würth verneint, „aber“, sagt er, „ich bin manchmal selbst überrascht, wie einzelne Kunstwerke, an deren Kauf ich mich genau erinnere, im Kontext einer neuen Ausstellung völlig anders auf mich wirken“.

Der Sammler kann noch staunen

Seinerzeit noch ein Versprechen auf künftige Aktivitäten in der Johanniterhalle ist 2001 die Präsentation des vielteiligen Skulpturenblocks „The Last Judgement“ (Das Jüngste Gericht) des britischen Bildhauerstars Anthony Caro. Seit 2008 ist die Johanniterkirche feste Bühne für die Kunst. „Wir stellen dort die Renaissance-Gemälde aus“, sagt Würth – und fügt mit berechtigtem Stolz hinzu: „Auch dies macht für Kunstfreunde den Besuch der mittelalterlichen Reichsstadt Schwäbisch Hall zum Erlebnis.“

Ob zur Eröffnung der Kunsthalle 2001 oder in den zahlreichen Ausstellungen der vergangenen 15 Jahre – etwa zum Schaffen von Alfred Hrdlicka, Christo & Jeanne-Claude, Anselm Kiefer, Tomi Ungerer, Max Ernst oder Robert Jacobsen: In den Räumen der Kunsthalle ist unverkennbar, dass ein Privatsammler, dass Reinhold Würth hinter der und für die Werkauswahl steht.

Ein eigener Raum gilt zur Eröffnung 1991 jener Kunst, in deren Nähe sich Würth „zu Hause“ fühlt; Bilder aus dem 19. Jahrhundert sind es, Ausgangspunkt allen Kunstengagements sind die ländlichen Szenen Heinrich von Zügels. Und auch die Wiener dürfen nicht fehlen – eine eigene Bühne hat seinerzeit das kraftvolle Skulpturen- und Zeichnungsensemble des einst in Stuttgart lehrenden Alfred Hrdlicka, Rudolf Hausner gilt ein eigenes Panorama. „Kultur ist das Atmen der Seele“, sagt Reinhold Würth. Der dänische Architekt Henning Larsen, nach einem hochkarätigen Einladungswettbewerb 1997 mit der Planung der Kunsthalle beauftragt, versteht den Stifter offensichtlich. Larsen antwortet als Verführer in Sachen Wahrnehmungsschärfe und als Charmeur zum Wohl Schwäbisch Halls.

Auf einem vormals in den Grund getriebenen Parkhaus aufsetzend, entwickelt sich die dreistöckige Kunsthalle mit ihren 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche (eine inzwischen geschaffene Verbindung zum Sudhaus bringt weitere 650 Quadratmeter) zur Altstadt hin in horizontaler Schichtung. Treppen erschließen hinter Glasfronten die eigentlichen Ausstellungsräume.

Für die Besucher ergibt sich ein eigenes Erleben des Stadtraumes. Inmitten der engen Gassen unterhalb des Bahnhofs findet man sich plötzlich auf einem großzügigen Platz wieder. Larsen hat – so unauffällig wie folgenreich – eine Architekturskulptur geschaffen. Wer auf dem Platz steht, steht der Kunst auf dem Kopf, Glassteine verraten die Idee, den Werken in den Ausstellungsräumen natürliches Oberlicht zu gönnen. Mehr noch aber: Von dem Kunsthallenvorplatz aus hat man freie Sicht auf das historische Schwäbisch Hall – gerahmt von den sich nach Norden und Süden erhebenden Gebäudeelementen Eingangsbereich und Vortragssaal ergibt sich der Eindruck eines buchstäblichen Stadtbildes.

Larsen macht die oft verkannte Qualität der süddeutschen Topografie deutlich, die Einzigartigkeit der nicht zuletzt in Stuttgart sträflich vernachlässigten Hanglagen unmittelbar erfahrbar.

Ein Bild von einer Stadt

Mit dem Schritt aus dem Foyer hinaus zu den Treppen betritt man zugleich die Stadt – und kommt ihr mit jedem Stockwerk näher. Nicht auf einer erlauchten Kunstbühne bewegen sich die Besucher, sondern als Nachbarn derer, die gegenüber in ihren kleinen Steingärten nach dem Rechten sehen. 600 Quadratmeter misst der Hauptraum, in seiner Grundkonstruktion einem in das Gebäude eingestellten Tisch gleichend.

„Schön ist, dass wir im 15. Betriebsjahr der Kunsthalle Würth den dreimillionsten Besucher erwarten“, deutet Reinhold Würth eher beiläufig an, dass die Kunsthalle auch hinsichtlich der Besucherzahl ein Erfolgsmodell ist. Aktuell mit der in Kooperation mit dem Museo Picasso Malaga realisierten und noch bis zum 18. September zu sehenden Schau „Picasso und Deutschland“.

Kongresshalle für Künzelsau

Und wie geht es weiter in Schwäbisch Hall? „Die Kunstvermittlung“, sagt Reinhold Würth, der in Stuttgart wesentlich im Landesmuseum Württemberg engagiert ist, „war mir von jeher wichtig. Das Areal um die Kunsthalle haben wir arrondiert und sind mit der Museumspädagogik schon in neue Räume in direkte Nachbarschaft gezogen. Zudem kooperieren wir hinsichtlich der Ausstellungskonzeptionen mit dem Hällisch-Fränkischen Museum in Schwäbisch Hall, einfach um den Museumsstandort der alten Reichsstadt weiter zu stärken.“

Doch auch in Künzelsau setzt Würth weiter auf gebaute Zeichen der Kreativität. „Zurzeit“, sagt er, „entsteht am Firmenstandort in Künzelsau die von Sir David Chipperfield konzipierte Veranstaltungs- und Kongresshalle mit dem Namen Carmen-Würth-Forum mit einer Investitionssumme von 60 Millionen Euro.“ „Die Halle“, so Würth weiter. „bietet auch einen mit besonderer Konzertakustik ausgestatteten Kammerkonzertsaal für 600 Besucher.“ Am 18. Juli 2017 soll das Carmen-Würth-Forum eingeweiht werden – „zum 80. Geburtstag meiner lieben Frau“, sagt Reinhold Würth.