Bei der 12. Feuerbacher Kulturnacht am Samstag führte der Weg zu Kunst, Musik, Tanz und den Welten dazwischen und am Schluss hallte vor allem das Tiefgründige nach.
Feuerbach - Während nachts alle Katzen grau sind, ist alles andere knallig bunt, verblüffend anders oder auch schön tiefenentspannt – zumindest bei der 12. Feuerbacher Kulturnacht am Samstag. Der Weg führte zu Kunst, Musik, Tanz und den Welten dazwischen und am Schluss hallte vor allem das Tiefgründige nach. Die Nacht beginnt schon am Nachmittag mit einer Stadtführung für Neubürger von Jutta Sailer-Paysan und Annette Schmidt: Was könnte leichter sein, als den neuen Lebensmittelpunkt durch die Kultur kennen zu lernen? Im Sozialkaufhaus Fair wird indessen intensiv getöpfert: „Die Kinder waren erst drüben beim Zirkus und sind dann alle hierher gekommen“, ist selbst Silvia Wegner von der Kunstwerkstatt Feuerbach vom Ansturm überrascht. Schau-Nähen gibt es bei der „Lederschmiede“, die ein Projekt „Arbeit statt Droge“ der Caritas ist, wie die Leiterin Petra Heinold-Sauber erläutert. Seit 2016 sei man im Stadtteil ansässig und fühle sich längst angekommen.
Vor dem Kinderprogramm im Satyagraha in der Scharfenschloßstraße stellen sich auch Erwachsene begeistert in die Klangschalen und erfahren die Schwingungen quasi am eigenen Leib. Das Programm der Sängerin und Klangtherapeutin Margarete E. Klotz legt sich wie eine Klammer um die Kulturnacht: mittags Märchen, spätabends „Melodramen nach Märchen“.
Ein Wiedersehen mit zwei Künstlern des Stadtbezirks
Am Samstag gab es ein Wiedersehen mit zwei Künstlern des Stadtbezirks: Ein Zyklus zur griechischen Mythologie der 1992 verstorbenen Zeichnerin Angela Paysan ist in den kommenden Wochen im Café Kitz auf dem Feuerbacher Balkon zu sehen. Zur Eröffnung konzertierte der junge Pianist Martin Sun, von dem man zweifellos noch bei vielen Kulturnächten hören wird. Und im Freien Musikschulzentrum (fmz) gab es Werke vom wohl renommiertesten Künstler Feuerbachs, Otto Herrmann (1899-1995), sowie von jungen Talenten gefertigte Hommagen an sein Werk. Eine Übersetzung ins Heute war dabei nicht nötig: Arbeiten wie „Die Schleimspur der Mächtigen“ sind so aktuell wie eh und je.
Einige Schritte weiter verabschiedet sich der Gospelchor Rejoyce von der evangelisch-methodistischen Friedenskirche, sie wird im Herbst abgerissen. „Bis zur Kulturnacht 2020 soll unser Neubau fertig sein – das ist sportlich“, gibt sich der Pastor Rainer Gottfried trotzdem optimistisch.
Ein Bild der brüchigen Schönheit
In der Schwerpunktgalerie des Leibniz-Gymnasiums wird es schwierig: Keine Beschilderung, keine Titelliste. „Das macht man heute nicht mehr so“, behauptet die Ausstellungsmacherin Sonja Kalkoff kühn. Wer Näheres wissen will, soll einen Lageplan konsultieren und in einem Ordner nachschlagen. Das ist schade, weil die Ausstellung „Tief in den Wäldern“ von Anne Ehrhardt, Miriam Huschenbeth, Nanako Shikata und Ilona Herreiner überragend ist: Die vier Künstlerinnen reflektieren die Beziehung von Natur und Mensch.
Verspätet geht es hinüber nach St. Josef, wo der Kantor Detlef Dörner eine Reflektion aus seiner Werkreihe „Was mir das Leben erzählt“ für Mezzosopran, Flöte Akkordeon und Klavier präsentiert. Es kann Zufall ein, dass die Dämmerung für diesen flüchtigen Moment zwischen Tag und Nacht sorgt und die Projektion die derzeitige Kirschblüte nach drinnen in den Gemeindesaal holt. Aber die asiatisch-inspirierte Komposition spielt so gekonnt mit dem Bild der brüchigen Schönheit, mit Entstehen und Vergehen, dass hier etwas Großes entsteht. Das hallt auch noch später nach, sogar beim Gang durch die umtriebige Stuttgarter Straße mit Feuershow, Illuminationen und langer Einkaufsnacht. Es sind Eindrücke geblieben, die tiefer als das vordergründig Plakative gehen.