Eine Erstausgabe von Charles Darwins Buch „The Origin of Species“ von 1859 im Londoner Natural History Museum. Das Opus Magnum des Vaters der Evolutionslehre ist einer der bedeutendsten Meilensteine in der Wissenschaftsgeschichte. Foto: AFP

Am 12. Februar ist „Darwin Day“. Am Geburtstag des Begründers der Evolutionstheorie gedenken Forscher weltweit der wissenschaftlichen Arbeit von Charles Darwin. Seine Lehre hat alle Zweifeler und Gegenströmungen überdauert. Von denen gibt es viele – wie den Kreationismus.

Stanford/Stuttgart - Am 12. Februar feiert die weltweite Wissenschaftsgemeinde den „Darwin Day“. Der Darwin-Tag versteht sich als Hommage an Charles Darwins Beitrag zur Wissenschaft. Der erste „Darwin Day“ wurde am 22. April 1995 an der Universität Stanford (US-Bundesstaat Kalifornien) begangen. Der Paläoanthropologe Donald Johanson, der Entdecker von Lucy, hilet einen Vortrag über Darwin und den Ursprung des Menschen. In den folgenden Jahren wurde die Veranstaltung immer am oder um den 12. Februar, dem Geburtstag Charles Darwins, abgehalten. Weitere Universitäten folgten mit ähnlichen Veranstaltungen.

Inzwischen sind es viele hundert Events über den ganzen Globus verteilt. Der „Darwin Day“ wird vor allem an Universitäten und von Atheisten wie den britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins als Gegenbewegung zum Kreationismus begangen.

Darwin und die Evolutionslehre

Charles Darwin, der Mann, der uns die Augen für die Geheimnisse der Evolution geöffnet hat, war Theologe und Naturwissenschaftler und lebte von 1809 bis 1882 in England. Er erklärte als erster, wie die unzähligen lebenden und ausgestorbenen Arten auf der Erde tatsächlich entstanden sind. Mit 22 Jahren ging er auf Reisen und fuhr mit dem Forschungsschiff Beagle fünf Jahre lang um die Welt. Dabei beobachtete er Tiere und sammelte Tausende Pflanzen, Insekten und Knochen. Ihm fiel auf, dass viele Pflanzen und Tiere perfekt an ihre Umwelt angepasst waren.

1859 veröffentlichte er – nach zwei Jahrzehnten des Forschens – ein Buch, das zu einem der wichtigsten naturwissenschaftlichen Schriften überhaupt, ja zu einem der großartigsten Bücher in der gesamten Menschheitsgeschichte zählt: „The Origin of Species“ – „Die Enstehung der Arten.

Hier können Sie Darwins „Die Entstehung der Arten“ online lesen.

In seinem Meisterwerk stellt Darwin die atemberaubende These auf, dass alle Lebewesen auf gemeinsame Vorfahren zurückgehen. Diese veränderten sich im Laufe von Hunderten von Millionen Jahren mehr und mehr, bis sich die verschiedenen Lebensformen herausbildeten. Darwin behauptete darin auch, dass Menschen und Affen einen gemeinsamen Ahnen gehabt haben, von dem aus sie sich in zwei verschiedene evolutionäre Richtungen entwickelt hätten.

Evolution und Kreationismus

Adam und Eva, die Dinosaurier und der liebe Gott

Haben Adam und Eva die Dinosaurier gekannt? Für die meisten eine absurde Frage – nicht aber für Kreationisten. Der Kreationismus entstammt dem protestantischen Fundamentalismus, wie er vor allem in den USA verbreitet ist. Er bestreitet die von Darwin entwickelte wissenschaftliche Evolutionstheorie, nach der sich alles Leben auf der Erde ohne höheres Eingreifen in Jahrmilliarden entwickelt hat.

Diese Gruppe bibeltreuer Christen nimmt die Heilige Schrift wortwörtlich im Sinne einer Verbalinspiration. Das bedeutet: Die Heilige Schrift ist bis in den einzelnen Wortlaut hinein von Gott inspiert und den menschlichen Verfassern diktiert worden.

Kreationisten berufen sich auf die Schöpfungsgeschichte der Bibel, wie sie im ersten Buch „Genesis“ ennfaltet wird. Sie vertreten die Auffassung, dass Gott alles Leben vor höchstens 10 000 Jahren in sechs Tagen erschaffen hat. Adam hat allen Tieren – also auch den Dinos – Namen gegeben, und Noah hat sie in seiner Arche vor der Sintflut gerettet. Bis auf die Dinosaurier, denn sie waren da schon ausgestorben.

Vor allem in der evangelikalen Szene ist der Schöpfungsmythos für viele Christen Teil ihrer Weltdeutung. Die These, dass die Bibel Recht und die Naturwissenschaft Unrecht hat, ist für viele Fromme Allgemeingut.

Massenphänomen Kreationismus

Von den unglaublichen Thesen der Bibel-Fundis nimmt in Deutschland und dem restlichen Europa kaum jemand Notiz. Allenfalls die Partei Bibeltreuer Christen empört sich immer mal wieder mal über „einen Haufen Ungereimtheiten an der Evolutionstheorie“. Anders sieht es in den USA aus. Laut einer Umfrage des Gallup-Instituts aus dem Jahr 2014 glauben 42 Prozent der amerikanischen Bevölkerung an die Schöpfung – das sind mehr als 130 Millionen Menschen.

Auch in der Türkei ist die Frage, ob der Mensch vom Affen abstammt, umstritten wie kaum ein anderes Thema. Bildungsminister Ismet Yilmaz hat die Evolutionstheorie auf den Index gesetzt und will sie aus dem Biologieunterricht an türkischen Schulen ganz streichen.

Statt des bisher im Bio-Unterricht besprochenen Kapitels „Der Beginn des Lebens und die Evolution“ steht künftig das Kapitel „Lebewesen und Umwelt“ auf dem Stundenplan. Fromme Muslime, darunter auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, sehen in Darwins Thesen – genauso wie christliche Fundamentalisten – eine gottlose Irrlehre, die bekämpft werden müsse.

Intelligent Design

In den USA fechten christliche Fundamentalisten seit Jahrzehnten gegen die Darwinsche Evolutionslehre. Kreationisten schreiben die Entstehung der Arten einem Schöpfer zu und nicht natürlichen Selektions- und Mutationsprozessen, wie es seit Darwin wissenschaftliches Allgemeingut ist.

Aus dem Kreationismus entstand in den 1990er Jahren die Theorie des sogenannten Intelligent Design. Seine Anhänger streiten nicht ab, dass die Erde Milliarden Jahre alt sein und es evolutionäre Prozesse geben könnte. Doch ihrer Überzeugung nach ist das Leben auf der Erde zu komplex, um ohne die schöpferische Macht Gottes entstanden zu sein.

Wissenschaft vs Mythos

Bibel-Fundis und Schöpfungsglaube

Ulrich Kutschera ist Deutschlands prominentester Anti-Kreationist. Seit Jahrzehnten liefert er sich öffentliche Scharmützel mit Bibeltreuen und Schöpfungsgläubigen. „Wir gehen von 1,3 Millionen Evangelikalen aus, welche die Bibel wörtlich auslegen“, betont der Evolutionsbiologe, der am Institut für Biologie an der Universität Kassel als Professor lehrt.

Neuerdings setzt Kutschera Kreationismus und Genderisierung auf eine Stufe. „Die Gender Studies sind . . . eine mit dem Kreationismus geistesverwandte universitäre Pseudowissenschaft beziehungsweise ein akademischer Wildwuchs, der sich wie ein Krebsgeschwür ausbreitet und seinem Wirtskörper Hochschule die Lebensgrundlage streitig macht“, schreibt er in seinem neuen Buch „Das Gender-Paradoxon“ (Berlin 2016).

„Der Kreationismus ist Unfug“

„Der Kreationismus ist Unfug“, erklärt auch der Biologe und langjährige Direktor des Berliner Zoos Bernhard Blaszkiewitz. „Wir wissen, wie alt das Universum ist. Und unsere Erkenntnis geht immer weiter. Einige Kreationisten haben die Schwachstellen in der Evolutionstheorie erkannt. Aber der Kreationismus ist mir zu billig. Es gibt einfach gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, die man nicht leugnen kann.“ Auch in der Theologie herrsche Einigkeit, dass vieles in der Bibel symbolisch gemeint sei, so Blaszkiewitz weiter. „Die Welt ist nicht in sechs Tagen erschaffen worden. Wer das behauptet, macht es sich viel zu einfach.“

„Der Mensch stammt tatsächlich von Affen ab“

Die ersten Ur-Menschen lebten vor mehreren Millionen Jahren. Andere Ahnen von uns entwickelten sich zu den heutigen Menschenaffen. „Der Mensch stammt tatsächlich von Affen ab. Aber nicht von heute lebenden Affen, sondern von Affen, die unsere gemeinsame Vorfahren sind“, erklärt Bärbel Auffermann, stellvertretende Direktorin des Neanderthal Museums im nordrhein-westfälischen Mettmann bei Düsseldorf.

Einer der frühesten Urahnen des Menschen heißt Lucy. Mit diesem Namen wird das 1974 von Donald Johanson im äthiopischen Afar-Dreieck entdeckte Teilskelett eines weiblichen Individuums der Art „Australopithecus afarensis“ bezeichnet. Lucy war vermutlich etwas größer als ein Meter. Das Fossil wurde benannt nach dem Beatles-Song „Lucy in the Sky with Diamonds“ und auf ein Alter von 3,2 Millionen Jahren datiert. Als man die Knochenreste von Lucy fand, haben Forscher zum ersten Mal nachweisen können, dass der Ursprung der Menschheit mehr als drei Millionen Jahre zurückliegt.

Damit wurden Charles Darwins Entdeckungen bestätigt. Wieder einmal.