Das Verfahren gegen die fünf mutmaßlichen Hauptverantwortlichen des 11. September hat begonnen.

Fort Meade/Guantánamo - Mehr als zehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat das "Jahrhundert-Verfahren" gegen die fünf mutmaßlichen Hauptverantwortlichen begonnen.

Zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren erschienen am Samstag der mutmaßliche Drahtzieher Chalid Scheich Mohammed und vier Mitangeklagte vor einem US-Militärsondergericht im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba. Darunter ist Ramzi Binalshibh, der zur Hamburger Zelle um den Todespiloten vom 11. September, Mohammed Atta, gehörte.

Hauptverfahren frühestens 2013

Im Mittelpunkt der eintägigen Prozedur sollte die Verlesung der Anklage gegen die Männer stehen, denen im Falle eines Schuldspruchs die Todesstrafe droht. Neben Mohammed und Binalshibh müssen sich Ali Abdel Asis Ali, Mustafa Ahmed al-Hausawi und Walid bin Attasch verantworten. Zu den Anklagepunkten zählen Terrorismus, Flugzeugentführung, Verschwörung, Mord, Angriff auf Zivilisten, vorsätzliche schwere Körperverletzung und Zerstörung von Eigentum. Bei den Anschlägen waren fast 3000 Menschen ums Leben gekommen.

Mit dem Beginn des Hauptverfahrens wird frühestens im nächsten Jahr gerechnet. In der Zwischenzeit werden zahlreiche Anhörungen erwartet, unter anderem darüber, welche Beweise in dem Prozess zugelassen werden sollen.

Journalisten sowie Angehörige der Opfer der Anschläge konnten das Verfahren in Guantánamo sowie via Video auf dem US-Militärstützpunkt Fort Meade (US-Staat Maryland) verfolgen. Gleich zum Auftakt der Prozedur am Samstag zeigte sich, wie kompliziert und langwierig das Militärtribunal werden dürfte.

Angeklagte schweigen

Gestritten wurde zunächst über korrekte Kleidung. Außerdem weigerten sich Scheich Mohammed - mit langem Bart und in weißem Gewand - und andere Angeklagte, die zur Übersetzung dienenden Kopfhörer zu tragen. Auf die ersten direkten Fragen des Richters James Pohl antworteten die Angeklagten mit Schweigen.

Nach seiner Festnahme im Jahr 2003 war Scheich Mohammed zunächst in einem geheimen CIA-Gefängnis festgehalten worden. Laut 2009 veröffentlichten Dokumenten des Geheimdienstes wurde er allein im März 2003 183 Mal dem "Waterboarding" unterzogen - einem simulierten Ertränken. Geständnisse unter dem Einfluss von Folter dürfen in den Militärtribunalen nicht verwendet werden.

Mohammed hatte zwar auch später - nach seiner Überstellung ins Lager Guantánamo - in Anhörungen seine Rolle bei den Anschlägen vom 11. September und bei anderen Terroraktionen zugegeben. Aber Kritiker der Militärtribunale meinen, dass durch die vorausgegangene Folter das gesamte Verfahren "vergiftet" worden sei und den Standards eines demokratischen Rechtsstaates widerspreche. Bereits im Vorfeld des Verfahrens hatten sich Verteidiger der Angeklagten auch darüber beschwert, dass ein Teil der Korrespondenz mit ihren Mandanten von Pentagon-Beauftragten gelesen worden sei.

Das Militärtribunal gegen die Fünf war schon einmal - im Jahr 2008 - angelaufen, damals noch unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush. Dann hatte sein demokratischer Nachfolger Barack Obama nach seinem Amtsantritt 2009 aber zunächst alle anhängigen Sondergerichtsverfahren in Guantánamo Bay ausgesetzt. Im vergangenen Jahr gab er grünes Licht für eine Wiederaufnahme, damit mussten die Verfahren ganz neu beginnen.

Bei der ersten Anklageverlesung hatte Scheich Mohammed erklärt, dass er die Todesstrafe erhalten wolle. Es sei seit langem sein Wunsch, als Märtyrer zu sterben, sagte er damals als Wortführer der Mitangeklagten. Aus Kreisen der Verteidiger der Fünf verlautete aber vor dem Auftakt am Samstag, dass sich die Männer dieses Mal nicht schuldig bekennen, sondern sich verteidigen wollen.