Wieder hat Usain Bolt die Goldmedaille im 100-Meter-Lauf gewonnen. Foto: dpa

Usain Bolt hat es wieder allen gezeigt: Trotz aller Zweifel sitzt der Sprint-König aus Jamaika erneut auf dem Thron. Herausforderer Justin Gatlin verpasste seinen zweiten WM-Titel über 100 Meter.

Peking - Usain Bolt ist und bleibt der schnellste Mann der Welt. Der Supersprinter aus Jamaika gewann das spannungsgeladene 100-Meter-Finale bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Peking in der Superzeit von 9,79 Sekunden aber nur hauchdünn vor seinem US-Rivalen Justin Gatlin. Der 33 Jahre alte Amerikaner und frühere Dopingsünder musste sich am Sonntag ausgerechnet im wichtigsten Saisonrennen um den Wimpernschlag von einer Hundertstelsekunde geschlagen geben. Bitter für Ex-Weltmeister Gatlin: Vor zwei Jahren in Moskau fehlten ihm 8/100 zum Sieg.

Dabei wäre Bolt nach einem „Startunfall“ im ersten Halbfinale fast auf der Strecke geblieben, kam dann aber sogar als Erster an. Im Endlauf explodierte der Mann im grün-gelben Trikot förmlich: Zwei Tage nach seinem 29. Geburtstag errang Bolt seinen dritten Titel in der prestigeträchtigsten Leichtathletik-Disziplin nach 2009 und 2013 und feierte seine neunte WM-Goldmedaille. Damit hat er schon vor den 200 Metern (Donnerstag) und der Staffel am Schlusstag einen Titel mehr als die legendären Amerikaner Carl Lewis und Michael Johnson.

Die 55 000 Zuschauer im spektakulären Nationalstadion, wo „Big Bolt“ schon 2008 drei olympische Goldläufe hinlegte, tobten - alle waren Zeitzeugen eines prickelnden Endlaufs. Nie zuvor seit dem Aufstieg Bolts war der 100-Meter-Thriller von so viel Spannung begleitet und der Ausgang so ungewiss. Dass der junge Kanadier André de Grasse und US-Sprinter Trayvon Bromell in 9,92 Sekunden zeitgleich Dritte wurden, geriet beim Duell der Sprint-Giganten zur Randnotiz.

Schon im Halbfinale knisterte es im „Vogelnest“, dann stockte den Massen der Atem - denn Bolt hätte sich beinahe selbst geschlagen: Der Jamaikaner strauchelte unmittelbar nach dem Start, holte dann aber mächtig auf und siegte sogar noch in 9,96 Sekunden. Gatlin setzte in 9,77 ein weiteres Achtungszeichen. Der deutsche Rekordhalter Julian Reus vom TV Wattenscheid schied als Achter in 10,28 Sekunden aus - er hatte seine Pflicht aber mehr als erfüllt. Der 27-Jährige war der erste deutsche Halbfinalist seit der WM-Premiere 1983.

Gatlin dominierte fast die gesamte Saison

Während Gatlin fast die gesamte Saison über dominierte, kam Bolt erst spät in Form. Durch Verletzungen hatte der Weltrekordler Trainingsrückstand und musste auch seine Teilnahme an einigen Meetings absagen. Sein Trainer Glen Mills (Bolt: „Der beste Coach der Welt“) baute ihn behutsam wieder auf, auch mental.

Wie schon bei den Olympischen Spielen 2012 in London verdankt Bolt seine Goldmedaille aber auch ein wenig den „goldenen Händen“ von Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Ende Juni war der Superstar bei dem prominenten Mediziner zur Behandlung in München. Ein blockiertes Iliosakralgelenk schränke Bolts Mobilität ein und strahle auf sein linkes Bein aus. Doch bis Peking war er wieder fit. „Ich bin bei 100 Prozent“, sagte der schnellste Mann der der Welt nach seinem Vorlauf.

Gatlin, schon vor zehn Jahren in Helsinki Doppel-Weltmeister, war mit riesigem Selbstvertrauen in Peking angereist. Der gebürtige New Yorker wurde von vielen sogar als Favorit gehandelt. Mit 9,74 Sekunden stand er seit Mai an der Spitze der Jahresweltbestenliste. Dass er nach zwei Dopingsperren nun mit 33 im Zenit seiner Karriere steht, wird mit Argwohn und Misstrauen beobachtet.