Die Strombergstraße im Winter. Das Gebiet zwischen Autobahn und Eisenbahngleisen und zwischen der Ludwigsburger Weststadt, Eglosheim und Asperg ist landwirtschaftlich geprägt – dabei will es der Verein Naturpark West auch belassen. Foto: /factum/Simon Granville

Seit zehn Jahren setzt sich der Verein Naturpark West für den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in der Ludwigsburger Weststadt ein. Die Vorsitzende Christine Knoß erzählt vom Einsatz für die Natur – und was drei Studentinnen damit zu tun haben.

Ludwigsburg - Ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen – und ein Erholungsgebiet für Menschen: Im Jahr 2009 schlossen sich einige Menschen im Verein Naturpark West zusammen, um die landschaftlich geprägte Grünfläche zwischen der Ludwigsburger Weststadt, Eglosheim und Asperg zu erhalten. In diesem Jahr feiert der Verein sein zehnjähriges Bestehen. Christine Knoß ist die erste Vorsitzende des Vereins.

Frau Knoß, 2005 gab es Bestrebungen, die Strombergstraße als Verbindung zwischen der Weststadt und Eglosheim zu bauen.

Ja, wobei das Thema eine sehr lange Vorgeschichte hat. Schon in meiner Kindheit hat meine Mutter gesagt, dass sie dort eine Straße bauen wollen. Als das anfing vor 40 Jahren, hat sich der Bürgerverein Weststadt gegründet.

2005 wurde die Schutzgemeinschaft Strombergstraße aktiv, die 2008 erstmals den Strombergstraßenlauf veranstaltete. Wie kam es, dass es nicht bei diesem Lauf blieb, sondern letztlich ein Verein gegründet wurde?

Es gab damals Kräfte aus drei Parteien – der CDU, den Freien Wählern und der SPD – die vehement für den Ausbau der Straße kämpften und Druck machten. Da war uns klar, dass wir an dem Thema dranbleiben müssen und dass eine einmalige Aktion einfach nicht reicht. Wir wollten außerdem etwas Positives tun, anstatt nur gegen etwas zu demonstrieren. Kurz darauf haben wir Lauf- und Walkingstrecken vermessen und ausgeschildert.

Vor vier Jahren war der Naturpark West wieder vom Straßenbau bedroht. Letztlich ging es erneut gut aus für Ihren Verein. Nimmt der Kampf um die Existenz des Parks je ein Ende?

Das kann keiner wissen. Ich denke, die Leute, die hier gerade politisch tätig sind, respektieren das Stück. Es gibt ja auch die Idee der Landesgartenschau mit dem Grünen Ring (zu dem der Naturpark West zählt, Anm. d. Red.); der Gedanke daran verschafft ein kleines Gefühl der Sicherheit. Aber die Verantwortlichen können auch wieder wechseln.

Flächen und Wohnraum sind rar in Ludwigsburg. Inwiefern hat da ein Naturpark seine Berechtigung?

In Zeiten des Klimawandels sind solche Grünflächen wichtig . Die Schadstoffbelastung und die schlechte Luft im Autobahnbereich werden zwar noch klein geredet, aber zumindest erkannt. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass gerade die Weststadt arm an Grünflächen ist und eigentlich sogar noch mehr Grünflächen benötigt. Aber was passiert? Obwohl wir all das wissen, werden immer wieder Flächen in der Stadt versiegelt – wie zum Beispiel die Frommannkaserne. Die Nähe zur Autobahn ist für das Gewerbe eben interessant.

Sie haben zahlreiche Projekte im Naturpark West realisiert. Es gibt einen Kinderspielweg, Sitzbänke und Vogelnistkästen. Was waren die wichtigsten Meilensteine?

Das Allerwichtigste war, dass wir 2010 ein eigenes Grundstück gepachtet haben – den sogenannten Brombeergarten entlang des Feldwegs. Das war damals ein richtiger Schandfleck. Unter den Brombeeren lagen Müll und Hütten voller Asbest. Aber wir brauchten Platz für was Eigenes wie das Insektenhotel und den Bienenschaubaum. 30 Personen entsorgten den Müll damals gemeinsam. Besonders war auch die Reckstange, die 2018 dazu kam – nach jahrelanger Überzeugungsarbeit. Weil wir als Verein nicht dafür haften konnten, waren wir auf die Zusammenarbeit mit der Stadt angewiesen.

Welche Projekte stehen in nächster Zeit an?

Eher Kleinigkeiten. Viel mehr wollen wir auch nicht mehr aufbauen, die Natur soll schließlich nicht überladen werden. Anfangs waren Leute im Vorstand, denen es vor allem darum ging, den Straßenbau zu verhindern; also eher eine politische Gruppe. Mittlerweile sind es Leute, die echte Naturschutzprojekte betreiben möchten, die sich zum Beispiel um die Nistkästen kümmern und einen Igelunterschlupf für den Winter installiert haben.

Was bedeutet Ihnen der Naturpark West persönlich?

Für mich ist der Park ein Lebenswerk. Der Verein bedeutet viel Arbeit, aber man bekommt immer wieder etwas zurück. Eines Tages stand ein Futterhäuschen im Park, keiner wusste, wer es aufgestellt hat – bis zu diesem besonderen Abend: Ich war im Park spazieren. Da sah ich drei junge Frauen, die in der Abendsonne auf den Baumstämmen saßen. Ich unterhielt mich mit ihnen. Es waren Studentinnen. Sie wussten nichts über den Naturpark, darüber, dass er immer wieder bedroht war, und waren sehr angetan. Eine von ihnen erzählte, dass sie jeden Abend auf dem Baumstamm sitzt und Tagebuch schreibt. Während wir redeten, kam ein Mann. Es stellte sich heraus, dass er derjenige war, der das Futterhäuschen aufgestellt hatte und regelmäßig befüllte. Da ist es mir ums Herz ganz warm geworden und mir wurde bewusst: Deshalb mache ich das alles, genau für solche Leute will ich den Naturpark erhalten. Der Mann ist übrigens am Tag darauf in unseren Verein eingetreten.

Mehr Grün in Ludwigsburg

Grüner Ring
Die Stadt Ludwigsburg bewirbt sich für eine Landesgartenschau im Zeitraum von 2031 und 2036. Hierfür soll ein sogenannter Grüner Ring in der Stadt entstehen, der aus verschiedenen Grünflächen bestehen und durch einen Grünen-Ring-Weg verbunden sein soll. Außerdem will Ludwigsburg die Stadtteile auf diese Weise an die Innenstadt anbinden. Die Flächen sind als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und als Naherholungsgebiete für Menschen gedacht. Der Naturpark West bildet einen Teil des Grünen Rings.

Strombergstraßenlauf
Der Lauf fand 2008 zum ersten Mal als Protest gegen die Pläne zum Ausbau der Strombergstraße statt. Obwohl es regnete, kamen 141 Läufer, um Runden für die Erhaltung der Natur zu drehen. Seitdem findet der Lauf jedes Jahr im Frühjahr statt, etwa 300 bis 350 Menschen beteiligen sich mittlerweile. Christine Knoß: „Der Lauf ist für viele Leute aus der Weststadt ein Highlight im Jahr. Ich kenne eine Familie, die früher hier gewohnt hat und dann nach Dresden gezogen ist. Sie fahren extra nach Ludwigsburg, um bei dem Lauf mitmachen zu können.“