Hat was zu sagen: Dominik Kuhn alias Dodokay. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Er ist Film- und Musikproduzent, Sprechkünstler und der Erfinder des „Yellow-Sack-Day“. Unter seinem echten Namen kennt den Reutlinger aber kaum jemand. Berühmt wurde Dominik Kuhn als schwäbischer Dialekt-Comedian „Dodokay“. Der erklärt die Welt der Schwaben – auf schwäbisch.

Stuttgart -

Herr Kuhn, Sie produzieren seit zehn Jahren sarkastisch-ironische Kurzvideos, synchronisiert auf Schwäbisch. Sie sind selbst Schwabe, aus Reutlingen sogar. Wie tickt der Schwabe an sich?
Die Schwaben sind ja etwas schizophren. Manchmal sind sie zu jemand brrrudddal freundlich und denken hintenrum „Du bleds Arschloch“, und manchmal heißen sie jemanden einen „Granadaseggl“ und moined es gar net so. Die Schwaben an sich gelten ja als schlau, kommen aber aufgrund ihres Dialekts etwas hohl rüber und sind oft als Dorftrottel der Nation verschrien.
Wer lacht dann über Ihre Videos? Schwaben?
Mein Publikum ist heterogen – auch von ganz jung bis alt. Ich kenne mehrere Leute über 70, die meine Sachen gut finden. Anfangs habe ich wirklich versucht, dieses breite Publikum zu bedienen. Das ist echt schwierig. Das mache ich heute nicht mehr. Aber meine Videos und Shows funktionieren tatsächlich nur im schwäbischen Raum. Jetzt breite ich mich langsam in den Grenzgebieten aus, zum Beispiel in der Bodenseeregion. Schwäbische Comedy finden halt doch in erster Linie Schwaben lustig. Ich haue sie aber auch nie in die Pfanne, vielleicht liegt es auch daran. Manche nehmen mich auch zu ernst.
Inwiefern?
Manche kommen nach meinen Shows zu mir und sagen: „I find des subbr. Mi reget die Fahrräder im Hausflur au emmer uff.“ Die haben leider die Glosse nicht verstanden.
Vor zehn Jahren haben Sie Ihr erstes Video auf Youtube online gestellt. Vor knapp drei Jahren war Ihr allererster Auftritt – gleich in der Porsche-Arena. Wie kam das?
Irgendwann hab’ ich mal gedacht: „Mer sott mal a Liveshow mache.“ Der Hype war so gewaltig, dass die Premiere zwei Monate vorher ausverkauft war. Die Show war damals noch alles andere als rund, aber mein Publikum hat mich leben lassen, und meine Konzerte haben seitdem einen ungebrochen großen Zulauf. Ich war ehrlich gesagt selbst überrascht, dass es so gut läuft.
Was glauben Sie, wie das kam?
Ich habe mir anfangs kaum Gedanken gemacht, warum die Videos so gut ankommen. Aber ich habe mal von der Mundartgesellschaft Württemberg einen schwäbischen Preis für Verdienste um die schwäbische Sprache gewonnen. In der Laudatio wurde es als „höchst intelligente Unterhaltung“ bezeichnet. Außerdem wurde gesagt, es sei die erste Comedy, die das Schwäbische aus dem vorhersehbaren Kontext „Kehrwoche, Hausmeister und Putzen“ nimmt. Das empfinde ich immer noch als große Ehre.
Aber ein paar Schwaben-Klischees sind ja schon dabei.
Natürlich, ich rede dauernd vom Gelben Sack, aber halt hoffentlich eine Ebene höher. Und ich habe den „Yellow-Sack-Day“ erfunden. Das ist die Richtung, wo ich mit meiner Show noch mehr hin möchte. Im Prinzip hätte ich den Dodokay gerne wie Michael Mittermaier in seinen Anfangszeiten. Er war ein bayerischer Comedian, aber nicht mit bayerischen Eigenheiten und ohne Klischee-Witze. Am liebsten möchte ich als Dodokay dumme und lustige Geschichten erzählen.
Also auch ein bisschen wie bei Ihren ersten Videos?
Ja genau. Ich habe Atomkriege und Terroristen auf Schwäbisch vertont wie zum Beispiel aus der Serie „24“. Das waren ernste Themen, aber allein durch die schwäbische Synchronisation klang es lustig.
Solche Videos zu machen ist heute aber wahrscheinlich rechtlich schwieriger?
Ja, obwohl mir gerade diese schwäbischen Synchros am meisten Spaß machen. Vor zehn Jahren konnte man noch bekannte Filme oder Serien synchronisieren und hochladen. Youtube war noch neu, und ich hatte mit dem ersten Film sofort 25 000 Klicks. Das geht heute nicht mehr. Wenn ich „Breaking Bad“ nehmen würde, würde das sofort gelöscht. Ich habe deshalb immer weniger Material zur Verfügung. Für die Kolumne „Die Welt auf Schwäbisch“ hat der SWR viel bereitgestellt. Für mich allein ist das ein Mordsaufwand und sehr teuer.
Wie lange dauert es denn, so ein Video zu produzieren?
Ich sitze an so einem kleinen Film schon zwei bis drei Tage. Und ich habe bestimmt 800 Stunden Bundestagsdebatten geschaut. Meistens sind es ja nicht ganze Sequenzen, die zusammenpassen oder die sich synchronisieren lassen. Ich nehme hier mal etwas und mal dort. Im Prinzip schneide ich einzelne Fetzen zusammen, die dann aus sechs verschiedenen Sitzungen stammen.
Haben Sie die Geschichte vorher im Kopf?
Nein, meistens nicht. Am Anfang weiß ich meistens nicht mal das Thema, ich habe auch kein Drehbuch. Manchmal habe ich einen Film fertig und denke „Kranker Scheiß“. Dann denke ich drei Tage darüber nach, und dann macht es Klick, und mir fällt der passende Joke ein. Dagegen ist es eben doch viel einfacher, Spielfilme zu synchronisieren.
Sie haben ja in Ihrem Leben schon viele unterschiedliche Sachen gemacht, angefangen haben Sie als Toningenieur, sind dann beim Film gelandet. Verstehen Sie sich nun als schwäbischer Vollblut-Comedian?
Ich bin im Herzen Filmregisseur. Vor zehn Jahren habe ich das noch mehr gemacht. Nur aus Jux und Dollerei habe ich die amerikanischer Serie „24“ damals auf Schwäbisch vertont. Weil es so ein Erfolg war, habe ich ein Video nach dem anderen geschnitten. Schwäbischer Comedian zu werden war überhaupt nicht mein Plan. Eigentlich bin ich mit Leib und Seele Filmer. Schön ist, dass mir in letzter Zeit zwei Spielfilmprojekte als Regisseur angeboten wurden, an deren Entwicklung ich jetzt dran bin. Natürlich erwarten von mir alle, dass ich dann etwas auf Schwäbisch drehe, aber das wird wahrscheinlich nicht gleich beim ersten Filmprojekt der Fall sein. Mit steigender Popularität bin ich aber halt der schwäbische Comedymann.
Aber das begeistert Sie irgendwie nicht so richtig?
Ha doch! Ich liebe es, meine schwäbische Comedy zu machen – das heißt aber nicht, dass ich meinen anderen Leidenschaften nicht auch folge. Soll heißen: Vielleicht macht der Comedian auch mal Pause für die Filmerei und kommt dann zurück.