Danach werden nur noch Rekruten eingezogen, die freiwillig Grundwehrdienst leisten wollen.

Berlin - Die Wehrpflicht soll zum 1. Juli 2011 ausgesetzt und damit faktisch aufgehoben werden. Damit ist das Ende des Zwangsdienstes an der Waffe besiegelt. Das erfuhr diese Zeitung aus Parlaments- und Bundeswehrkreisen: "Die Personaldemodelle basieren allesamt auf der Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli." Anschließend sollen nur noch jene Rekruten gezogen werden, die freiwillig Grundwehrdienst leisten wollen.

Ursprünglich hatte Verteidigungsminister Karl-Theordor zu Guttenberg (CSU) sogar geplant, die Wehrpflicht bereits zum kommenden 1. Januar abzuschaffen. Mit Rücksicht auf die Parteitage von CDU und CSU will er diesen Gremien Gelegenheit zur Diskussion geben. "Allerdings gehen wir davon aus, dass die Überzeugungsarbeit bis dahin geleistet und die Zustimmung für die Reform sicher ist", heißt es aus den Fraktionen. Zurzeit prüft die Bundeswehr fünf Modelle und lässt bis auf Brigade-Ebene Raum für Debattenbeiträge der Militärs. Bis zum 20. August soll diese Feinabstimmung beendet sein.

Freiwilligen-Wehrform könnte Juli 2011 eingeführt werden

Drei Tage später will zu Guttenberg die Obleute des Verteidigungsausschusses und die Facharbeitsgruppen des Deutschen Bundestags informieren. Ende August dann soll die Detail-Planung so ausgereift sein, dass sie bis zu Beginn der ersten Sitzungswoche nach den Parlamentsferien den Abgeordneten zur verfügung gestellt werden kann. Anfang September will zu Guttenberg den Deutschen Bundeswehrverband, also die "Soldatengewerkschaft" treffen, anschließend das Konzept der Öffentlichkeit vorstellen. Nach eingehender Diskussion könnte die erste Lesung eines entsprechend neuen Gesetzentwurfs dann in der dritten Kalenderwoche des neuen Jahres im Bundestag stattfinden. Mit dem Stichtag 1. Juli 2011 wäre dann die neue Freiwilligen-Wehrform in die Praxis eingeführt.

Die CSU tut sich schwer mit der Abkehr vom Pflichtdienst, lässt jedoch rhetorisch Spielräume erkennen, doch zuzustimmen. "Die Wehrpflicht darf nicht ausgesetzt werden", bekräftigt Parteichef Horst Seehofer. Er habe zu Guttenberg - seinem fränkischen Parteifreund - "sehr klar gesagt", dass die CSU "explizit gegen eine Abschaffung der Wehrpflicht im Grundgesetz" sei. Es gehe vielmehr um deren Neugestaltung.

Der Gundgesetzartikel 12 a wird Bestand haben

Nun hat objektiv niemand vor, das Grundgesetz zu ändern, indem die Wehrpflicht gestrichen wird. Von dieser Forderung, die zu Beginn der Debatte erhoben worden war, haben selbst deren Befürworter Abstand genommen - schließlich kann sich die Gefährdungslage in den kommenden Jahren auch wieder ändern und es erforderlich machen, für die Landesverteidigung junge Menschen zwangsweise zu verpflichten. Der Grundgesetzartikel 12 a wird demnach Bestand haben - damit ist das Hauptanliegen der Union erfüllt, die die Wehrpflicht als ihren Partei-Markenkern verteidigt.

In Artikel 12 a heißt es: "Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden. Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden." CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich beeilt sich zu sagen: "Der Verteidigungsminister prüft, ob ein Festhalten an der Wehrpflicht in ihrer bisherigen Form sinnvoll ist. Wenn es nicht sinnvoll ist, dann muss man sie aussetzen."