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Enttäuschung auf ganzer Linie: Der mexikanische Verteidiger verlässt den VfB nur sehr ungern.

Stuttgart - Ricardo Osorio ist enttäuscht. Der Abwehrspieler aus Mexiko ist beim VfB Stuttgart nur noch dritte Wahl. In knapp vier Wochen ist das Kapitel Stuttgart für ihn beendet. "Die Mannschaft braucht mich wohl nicht mehr", sagt er.

Ricardo Osorio (30) ist eigentlich ein lebensfroher Mensch. Stets ein Lächeln auf den Lippen, fast immer gut gelaunt. In letzter Zeit allerdings wirkt der Mexikaner oft nachdenklich, bedrückt, niedergeschlagen. "Ja, ich bin traurig", bestätigt er. Im Sommer wird er den VfB Stuttgart nach drei Jahren verlassen. Leicht fällt ihm dieser Schritt nicht. Er sei aber nicht zu vermeiden, betont der Rechtsverteidiger, dessen Vertrag am 30. Juni ausläuft. "Ich möchte spielen", sagt er.

Ein verständlicher Wunsch. Beim VfB aber sind die Aussichten, ihn zu erfüllen, verschwindend gering. Vier Bundesligaeinsätze hatte Ricardo Osorio in dieser Saison, nur zweimal spielte er durch. Seit Christian Gross Trainer beim VfB ist, war der Abwehrspezialist gar nur drei Minuten lang am Ball, eingewechselt beim 2:1 gegen Gladbach.

Nun ist Osorio keiner, der von sich aus öffentlich über seine Situation jammern würde. Wer ihn aber danach fragt, spürt den Frust, der sich über die Monate angesammelt hat. "Ich bin drei Jahre hier, zwei Jahre lang habe ich fast jedes Wochenende gespielt. Und plötzlich gehöre ich nicht mehr dazu. Das ist schwierig", sagt er.

Mit Christian Gross habe er darüber nicht gesprochen. "Ich akzeptiere seine Entscheidung", betont er. Auch wenn es schwerfällt. Ricardo Osorio versteht nicht, warum er plötzlich nur noch dritte Wahl ist. Als Stefano Celozzi kürzlich verletzt war, beorderte Gross lieber den Innenverteidiger Khalid Boulahrouz auf die rechte Seite. "Es scheint so, als ob mich die Mannschaft nicht mehr brauchen würde", sagt er frustriert.

Abschied ohne Zorn: Osorio wird Stuttgart vermissen

Dabei kann er noch froh sein. Im Gegensatz zu anderen Reservisten muss sich Ricardo Osorio keine Gedanken um seine WM-Teilnahme machen. Javier Aguirre Onaindâa, der mexikanische Nationaltrainer, wird in Südafrika auf ihn zählen. "Ich weiß, dass ich ein wichtiger Spieler für ihn bin. Ich habe meinen Platz sicher", betont er. Wenn Onaindâa ihn aber fragt, warum er beim VfB Stuttgart nicht mehr zum Zug kommt, kann ihm der Verteidiger keine Antwort geben. "Weil ich es einfach nicht weiß", sagt er. Osorio hat aufgegeben.

Und deshalb zählt er nun die Wochen. Vier sind es noch, dann ist die Saison vorbei - und mit ihr seine Zeit beim VfB Stuttgart. Dann beginnt die Zukunft. "Ich habe Visionen und Ziele", sagt Osorio, "die will ich verwirklichen."

Der Nationalspieler möchte in Europa bleiben. Nach Mexiko zurückzukehren, so wie sein Kumpel Pavel Pardo vor einem Jahr, kann er sich nicht vorstellen. Wahrscheinlich zieht es ihn nach Spanien ("Das wäre am einfachsten"), vielleicht aber auch nach England. "Ich habe drei, vier Angebote; am Ende werde ich mich für das beste entscheiden", sagt er. Ein heißer Kandidat soll der FC Villareal sein. Darauf angesprochen, lächelt Osorio nur kurz - wird aber gleich wieder wehmütig.

Seine Freunde, die Kollegen, die Stadt, die VfB-Fans, all das werde er sehr vermissen. Er ist sicher: "Wenn ich hier noch eine Chance bekommen hätte, dann hätte ich mich anders entschieden." Dennoch geht der Mexikaner nicht im Zorn. "Ich hatte wunderschöne Jahre", sagt er und schwärmt von der deutschen Meisterschaft, dem Pokalfinale, den Auftritten in der Champions League und im Uefa-Cup. Bei diesen Erinnerungen huscht ein Lächeln über das Gesicht des Mexikaners. Ricardo Osorio hofft, dass er schon bald wieder häufiger einen Grund zum Lächeln hat.