Foto: Hörner

Bei den Hoteliers will die rechte Freude über die Senkung der Mehrwertsteuer nicht aufkommen.

Stuttgart - Bei den Hoteliers will die rechte Freude über die Senkung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen nicht aufkommen. Knallharte Rabattforderungen von Firmenkunden und der Verzicht vieler Gäste aufs Frühstück aus steuerlichen Gründen lassen die Rechnung nicht aufgehen.

Jahrelang hatte das Gastgewerbe die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf das niedrigere Niveau bei den europäischen Nachbarn gefordert, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu haben. Seit 1. Januar verteuern nun nur noch sieben Prozent den Übernachtungspreis. Prompt standen die Firmen, auf deren Buchungen per Vertrag verlässlich gezählt werden kann, auf der Platte: "Ich bekomme laufend Anfragen mit Forderungen nach Rabatten und neuen Preisen", berichtet der Stuttgarter Hotelier Erich Franck. In seinem Betrieb, dem Hotel Royal, machen Geschäftsreisende 60 Prozent der Gäste aus.

80 Euro und keinen Cent mehr

Noch deutlicher schildert Markus Hofherr vom Hotel Ketterer, das zur Best Western Kette gehört, die Folgen der Steuersenkung. "Entweder gehen Sie mit dem Preis um zwölf Prozent runter oder wir lösen den Vertrag mit Ihrem Haus", hätten ihm zwei große Unternehmen Daumenschrauben angelegt, so der Vorsitzende der Fachgruppe Tourismus in der Stuttgarter Kreisstelle des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga).

80 Euro und keinen Cent mehr wollen die Stammgäste bei ihm fürs Einzelzimmer zahlen. Vorgestellt hatte sich Hofherr einen Preisnachlass von 92 auf 89 Euro, nachdem andere Unternehmen schon vor der Steuersenkung auf Preise unter 90 Euro pochten. Bei 80 Prozent Geschäftsreisenden unter seiner Klientel bleibe ihm keine Wahl. "Der Prozess wird sich noch weiter hinziehen", ist er auf weitere Ansinnen gefasst. Denn auch die Unternehmen bekommen bei der Abrechnung ihrer Übernachtungsspesen nur sieben Prozent Mehrwertsteuer rückerstattet.

Rechnung vieler Hotels geht nicht auf

Eine Zimmer-Auslastung von "unter 50 Prozent" zwingt Hofherr zu weiteren Zugeständnissen: "Viele Gäste verlangen jetzt Übernachtung ohne Frühstück." Dahinter steckt wieder das fiskalische Rechenexempel, weil für das Frühstück nach wie vor der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gilt und bei Übernachtungskosten von 150 Euro aufwärts - also schon bei zwei Übernachtungen in diesem Fall - die Kosten fürs Frühstück separat ausgewiesen werden müssen.

Das seien bei ihm neun Euro, so Hofherr. Wer auf Kosten seines Arbeitgebers übernachtet, hat aber nur Anspruch auf eine Frühstückspauschale von 4,80 Euro und weicht lieber ins Stehcafé um die Ecke aus. Der Ausfall tut weh. Er greife, bekennt er, zu einem - noch legalen - Trick und bietet die Übernachtung als "Komfortpaket" an, bei dem für Frühstück und die Bereitstellung von W-Lan, dem Internet-Zugang im Zimmer, 10,70 Euro pauschal ausgewiesen werden: "Damit weiß die Firma nicht, wie hoch der Preis fürs Frühstück ist." Im Hotel am Schlossgarten beschreitet man einen anderen Weg: "Wir können", so Direktor Werner Braun, "mit einem breit gefächerten Frühstücksangebot von 5,50 Euro für Kaffee und Croissant bis 22 Euro fürs große Büfett auf alle Wünsche der Gäste eingehen."

"Die Steuerersparnis kommt beim Gast an"

Und wie profitieren die Privatgäste, die dem Hotelier nicht die Pistole auf die Brust setzen können, von der Steuerersparnis? "Ein Drittel für Investitionen, ein Drittel für die Verbesserung der Personalsituation und ein Drittel für den Gast, heißt die Parole der Dehoga für die zwölf Prozent. "Wir geben die Hälfte an unsere Gäste weiter und haben den Preis um etwa sechs Prozent gesenkt", sagt Andreas Scherle vom Flair-Hotel Wörtz. "Die Steuerersparnis kommt beim Gast an", versichert auch Franck.

So genau will man sich im Hotel am Schlossgarten nicht festlegen: "Unsere Preise sind generell dynamisch ausgerichtet", umschreibt Braun die Notwendigkeit zu einer gewissen Flexibilität. Die Privatgäste würden von den günstigen Frühbucher-Angeboten profitieren. Sowohl hier wie im Hotel Wörtz sind Investitionen in Renovierungen für diesen Sommer fest eingeplant.

Hofherr hatte sich ausgerechnet, dass "für mich fünf oder sechs von den reduzierten zwölf Mehrwertsteuerpunkten bleiben": Im Klartext 80 000 Euro, die er für neue Bäder eingeplant habe. Doch genau diese fünf Punkte will vielleicht die Stadt als Bettensteuer für die Kulturförderung haben. Der Verband werde dagegen klagen, sagt Hofherr. Ehe dazu die Entscheidung gefallen ist, bestellt er keine Handwerker.