Die Theodor-Heuss-Straße ist Stuttgarts Partymeile. Auch in der Suite 212 ist

Die Theodor-Heuss-Straße ist Stuttgarts Partymeile. Auch in der Suite 212 ist man an einem Samstagabend nie alleine. Ebenso wenig nachmittags. Nur ist der Altersdurchschnitt dann niedriger: Kinder erobern die Bar.

Von Marion Busacker

STUTTGART. 17, 40, 212. Dahinter verbirgt sich weder eine mystische Zahlenreihe noch ein neuer Fußball-WM-Song. 17 Kinderwägen und 40 Kinder zählte Lutz Metzger (37) jüngst an einem kalten Wochenendtag in seinem Lokal, der Suite 212. Während abends bis zu 500 Gäste in der geräumigen Bar auf der Theodor-Heuss-Straße feiern und Bier trinken, gehen tagsüber vor allem Latte macchiato und Babyccino - mit Kakao bestäubter Milchschaum - über den Tresen.

Ab 22 Uhr sind die Gäste so um die 30 Jahre alt, einige Stunden zuvor eher um die drei Jahre jung. Die zwei Seiten der Suite: Abends Halligalli, tagsüber Dutzi-Dutzi. Eigentlich als Bar und Ort zum Feiern bekannt, ist sie tagsüber inzwischen ein beliebter Treffpunkt für junge Familien. "Wo sollen wir sonst hin?", sagt ein Vater, der seinen Kinderwagen unter der Treppe geparkt hat. Viele Läden sind zu klein oder nicht kindgerecht. Die Suite ist geräumig, auf einer Ebene und nicht verwinkelt.

Die Eltern haben ihre Kinder überall im Blick. Die Kleinen können toben und sich mangels Tischen und Stühlen nirgendwo stoßen, denn neben Tresen und Barhockern sind große Lederwürfel das einzige Interieur. "Es war nie der Plan, einen Laden zu bauen, der auch für Kinder funktioniert", sagt Lutz Metzger. Es hat sich einfach so entwickelt. Wenngleich einige Gäste schon bei der Eröffnung vor neun Jahren das geheime Potenzial der Suite erkannt haben wollen.

"Die kamen auf mich zu und haben gesagt, ich solle doch auch eine Kinderbetreuung anbieten." Mit dem Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes vor drei Jahren trauten sich die Familien wieder in Kneipen und Cafés - und wurde die Suite 212 zur wochenendlichen Pilgerstätte für Väter mit Buggys und Mütter mit Maxi Cosi. "Viele Eltern sind Gäste, die früher hier gefeiert haben." So wie Britta Elias, die mit Tochter und Freundin hier ist. "Samstagnachmittags hier hinzukommen ist ein Ritual." Während ihre Männer irgendwo Fußball gucken und die Töchter Jule (3) und Mia (3) mit anderen Kindern durch das Lokal flitzen, haben es sich die beiden auf einer der großen Fensterbänke gemütlich gemacht.

Da sitzen sie nicht alleine: Väter mit Kapuzensweatshirt und Sneakern lümmeln sich zu grooviger Musik neben Müttern mit Babys. Kinder spielen auf der Treppe, andere erklimmen einen der Lederwürfel. "Hier ist es sehr entspannt. Man hat das Gefühl, mit Kindern erwünscht zu sein", sagt Stephanie Schreiber.

Lutz Metzger begrüßt die Entwicklung in seinem Lokal, sieht aber auch gewisse Probleme. "Wenn sich manche Eltern irgendwann gar nicht mehr um ihre Kinder kümmern, wird es für uns und andere Gäste unentspannt." Dann erforschen die Kleinen die ungeahnten Möglichkeiten des Zuckerstreuers sowie das Terrain jenseits vom Tresen - und der Lärmpegel steigt.

"Manchmal stört es mich schon. Zu viele Kinder, zu viel Geschrei", sagt eine Frau. Die Balance zwischen Szenebar und kinderfreundlichem Lokal muss stimmen, schließlich will Metzger im Sommer nicht ohne Gäste dastehen. Denn dann gibt es für die jungen Familien attraktivere Aufenthaltsorte. "Mit der Suite ist es wie mit Winterreifen: von Oktober bis April", sagt Marko Strika, der mit Sohn Teo da ist.

Bisher funktioniert es. Wenn um fünf Uhr die Kinder gehen, kommen schon bald die ersten Gäste zum Feiern. Metzger: "Wir sind immer noch eine coole Bar, uns geht nichts verloren." Auch wenn in Bars und Cafés inzwischen nicht mehr ausschließlich gefeiert, sondern auch mal gewickelt wird. Zumindest an einem kalten Wochenendtag.