Trotz zahlreicher Angebote reichen die Deutschkenntnisse vieler Ausländer für eine berufliche

Trotz zahlreicher Angebote reichen die Deutschkenntnisse vieler Ausländer für eine berufliche Eingliederung nicht aus, meint der Städtetag. Er fordert Sanktionen, wenn sich Zuwanderer beharrlich weigern, einen Kurs zu besuchen.

Von Arnold Rieger

STUTTGART. Zuwanderer ohne Deutschkenntnisse - dieses Problem dürfte es eigentlich gar nicht mehr geben. Denn seit fünf Jahren haben dauerhaft in der Bundesrepublik lebende Ausländer nicht nur das Recht, einen sogenannten Integrationskurs zu besuchen, sondern auch die Pflicht. Trotzdem haben zum Beispiel Lehrer immer wieder mit Eltern zu tun, die sich nicht einmal ansatzweise auf Deutsch verständigen können. Wie lässt sich das erklären?

"Einige schlüpfen eben durch die Maschen", glaubt der Sprecher des Städtetags, Manfred Stehle. Zwar haben die Ausländerbehörden der Kommunen, aber auch die Jobcenter des Bundesagentur für Arbeit die Möglichkeit, von Ausländern Integrationsbereitschaft einzufordern. Hartnäckigen Weigerern droht sogar ein Bußgeld.

Doch in der Praxis drücken Behördenvertreter offenbar zwei Augen zu. Lehrer fürchten außerdem, dass überhaupt keine Zusammenarbeit mehr mit Eltern möglich ist, wenn sie diese bei den Ausländerbehörden "verpfeifen".

Wie gravierend das Problem der Kursverweigerer ist, lässt sich allerdings nicht einmal annähernd beurteilen. "Wir wissen es nicht, das ist eine Lücke in der Statistik", sagt Christian Storr, Stabsstellenleiter des Integrationsbeauftragten der Landesregierung, Justizminister Ulrich Goll. Zwar schlüsselt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das für die Kurse verantwortlich ist, die Teilnehmer nach verschiedenen Kriterien auf, doch in die Tiefe gehen diese Statistiken nicht. Deshalb haben die für Integration zuständigen Landesminister dieser Tage in Düsseldorf verlässlichere Daten verlangt. Wie viele bestehen die Prüfung nach 600 Stunden Deutschkurs? Wie viele brechen die Kurse ab? Wie viele haben erst gar nicht angefangen? "Zur Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen Integrationsmanagements sind verlässliche Daten unverzichtbar", begründet Minister Goll den Vorstoß.

Die Fragen sind berechtigt, denn der Bund gibt für die Integrationskurse viel Geld aus: 208 Millionen Euro stehen in diesem Jahr zur Verfügung, davon entfallen 25 Millionen auf Baden-Württemberg. Im Jahr 2008, der Basis für die jüngste Statistik, haben bundesweit rund 73 500 Ausländer einen solchen Kurs bei einem der rund 1700 Kursträger absolviert. Seit dem Jahr 2005 waren es sogar eine halbe Million.

Die meisten davon - die größte Nationengruppe bilden übrigens die Türken - nahmen freiwillig am Unterricht teil. Vor allem Neuzuwanderer werden jedoch verpflichtet, Deutsch zu lernen. Bußgelder sind jedoch die absolute Ausnahme - was man beim Städtetag kritisiert. "Wir treten dafür ein, dass gegen diejenigen, die ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, zwingend Sanktionen verhängt werden", sagt Verbandssprecher Stehle. Deutsch zu lernen sei schließlich im ureigenen Interesse der Ausländer, weil sonst die Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt nicht gelinge.

Stehle hat ohnehin Zweifel, ob das in den Kursen erreichte Sprachniveau für einen berufliche Qualifikation ausreicht. Bisher sollen Ausländer in den Kursen das Sprachniveau B 1 erreichen - das ist ein in Europa einheitlich definierter Kenntnisstand, bei dem sich der Schüler selbstständig in einfacher und zusammenhängender Sprache über vertraute Dinge äußern kann.

"Für eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt reicht das nicht aus", sagt Stehle und stellt die Frage, ob nicht wenigstens für jugendliche Ausländer das höhere Sprachniveau B 2 verlangt werden sollte. Der Europarat beschreibt diesen Standard so: "Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist."

Doch dieses Ziel wäre nur mit erheblichem finanziellem Aufwand zu erreichen. Beim Integrationsbeauftragten des Landes hat man deshalb Zweifel, ob der Bund dafür die Mittel zur Verfügung stellt.