Zum Auftakt der Fünf-Tage-Tour traten die Beatles im Circus-Krone-Bau in München auf. Foto:dpa Foto:  

Auf ihrer Bravo-Blitztour im Jahr 1966 verpassten die Schwetzinger die Beatles.

Schwetzingen - Es ist ein heißer Tag, dieser 25. Juni 1966. Punkt 12.29 Uhr rollt in Schwetzingen bei Heidelberg der Sonderzug F 4650 aus München ein. An Bord ein paar Jungmillionäre mit einem ganz speziellen „Ticket to ride“: die Beatles.

Anderswo hätte diese Nachricht Tausende auf die Beine und den Verkehr zum Erliegen gebracht. In Schwetzingen bleibt es am „Heidelberger Gleis“ friedlich. Keine schreienden Mädchen und keine ausflippenden Mofarocker. Das hat seinen Grund: nur eingeweihtes Bahnpersonal weiß von dem außerplanmäßigen Halt der berühmtesten Band der 60er-Jahre an jenem denkwürdigen Samstagnachmittag. So sitzen John, Paul, George und Ringo gelangweilt in ihren Luxusabteilen, während draußen die Streckenposten ihren Wartungsjob machen. Ringo soll sogar einmal kurz aus dem Fenster geblickt haben.

Hinter den Fenstern nur Mädchen

Nach zehn Minuten hat der Mantel der Popgeschichte Schwetzingen tatsächlich kurz gestreift. „Hello Goodbye“, die musikalische Weltsensation fährt weiter. Auch die örtliche Presse hat den Besuch erst später mitbekommen und schreibt: „Der Bahnhofsvorsteher hatte keines der Stimmwunder erblickt. Er sah in den vier Waggons – zwei Salonwagen, ein First-Class-Wagen und ein Speisewagen – nur weibliche „Leibwächter“ (wohl eher Groupies) hin- und herhuschen. Von „Rock’n Roll Music“ also keine Spur.

Die Stimmung im inneren des Zuges ähnelte eher dem Song „I’m down“, denn die Musiker waren nach langen Plattenaufnahmen in London schon wieder auf Tour und todmüde. Am Abend zuvor waren sie zweimal im Circus-Krone-Bau in München aufgetreten, nun waren sie auf dem Weg zu Konzerten in Essen und Hamburg. Im Zug, der beim Besuch der englischen Königin Elisabeth II. schon die Monarchin durch Deutschland gefahren hatte, herrschte deshalb Funkstille.

Aber wie kam es zur unerwarteten Stippvisite der erfolgreichsten Band aller Zeiten gerade in Schwetzingen? Die Fab Four nahmen auf ihrer einzigen Deutschlandtour den Schienenweg von der bayerischen Hauptstadt zum nächsten Auftritt ihrer „Bravo-Beatles-Blitztournee“ in Essen – nur zwei Monate, bevor sie auf der US-Tour in San Francisco ihr letztes Livekonzert spielten. Der Zug sollte eigentlich routinemäßig in Mannheim gewartet werden. Doch die Bahnvorsteher dort riefen „Help“, denn sie bekamen es mit der Angst zu tun. Schließlich hatte die örtliche Zeitung die Ankunft der Beatles in Mannheim ankündigt. Szenen wie im Beatlesfilm „A hard Days Night“, wo hunderte Teenager ihren Idolen hinterherhetzen, wollte man tunlichst vermeiden. Und so stoppte der Tross aus Bruchsal kommend schon vorher, für genau sechs Minuten, im ahnungslosen Schwetzingen.

Die Angst vor den Fans

Am Mannheimer Hauptbahnhof allerdings hatten die Ausgabeautomaten für Bahnsteigkarten – die musste man damals beim Betreten des Geländes noch kaufen – bereits ihren Geist aufgegeben. Über 2000 Fans der Liverpooler warteten völlig aus dem Häuschen auf das Eintreffen ihrer Lieblinge. Doch plötzlich kam die verzweifelte Lautsprecherdurchsage eines überforderten Bahnsprechers: „Achtung, Achtung, die Beatles fahren nicht durch Mannheim, ihr Zug wurde umgeleitet“.

Diese Worte hatten böse Folgen für jene Zeitung, die die Sensation versprochen hatte. Als klar wurde, dass alle Mühe vergebens war, schüttete die meist pilzköpfige Menge Kübel des Unmuts über die „Glatzköpfe“ der Redaktion aus. Ein harter Kern von rund 100 Enttäuschten marschierte zur damaligen Zeitungszentrale am Marktplatz. Dort hieß es dann nicht „All you need is Love“, sondern „Roll over Beethoven“:Ö Ein Pförtnerhäuschen fiel der Wucht der Beatlemania zum Opfer.