Stuttgart schrumpft, zumindest was die Einwohnerzahlen angeht. Foto: dpa

Zweitwohnungssteuer gilt in Stuttgart ab 2011, schon jetzt sinkt die Einwohnerzahl.

Stuttgart - Von 2011 an gilt in der Landeshauptstadt eine Zweitwohnungssteuer. Nach ersten Informationsschreiben an die rund 38.000 Betroffenen reißt die Flut der Abmeldungen nicht ab. Von April bis Anfang Oktober hat die Stadt auf diese Weise knapp 17.000 Bürger verloren.

Die Landeshauptstadt kommt jetzt nur noch auf eine Einwohnerzahl von 565.000. Allerdings schränkt die Stadt ein, dass viele Abmeldungen auch dadurch zustande kämen, dass im Laufe der Aktion "viele Karteileichen" entdeckt würden, deren Zweitwohnung es schon lange nicht mehr gebe. Schätzungen gehen von bis zu 80 Prozent aus. Das liegt auch darin begründet, dass die Meldeämter bundesweit bis vor kurzem nicht vernetzt gewesen sind. Insofern handle es sich eher um eine allgemeine Bereinigung der Melderegister.

Offiziell hat die Stadt trotz der aktuellen Verluste nach wie vor gut 600.000 Einwohner - das Statistische Landesamt, dessen Zahlen dafür herangezogen werden, geht grundsätzlich von der letzten Volkszählung aus. Dieser Wert ist auch ausschlaggebend für finanzielle Zuwendungen. Geldmittel gehen also zunächst nicht verloren.

Scharfe Kritik an der Steuer kommt angesichts der aktuellen Entwicklung erneut vom Stuttgarter Haus & Grundbesitzerverein. "Die Stadt hatte einmal als Ziel ausgegeben, eine Einwohnerzahl von 600.000 halten zu wollen", sagt der Vorsitzende Klaus Lang. Das sei so unmöglich - zumal die neue Steuer eine unnötige und bürokratische Belastung der Bürger bedeute und Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis stünden.

Für Pflegeheime  gelten Ausnahmen

Die Stadt dagegen erhofft sich von den zehn Prozent der Nettojahresmiete, die sie künftig fordert, zusätzliche Einnahmen. Am liebsten wäre es ihr freilich, möglichst viele meldeten den Zweitwohnsitz in einen Erstwohnsitz um. Dafür gibt es 900 Euro pro Kopf und Jahr aus dem Topf des Finanzausgleichs. Diesen Weg haben bisher allerdings lediglich 966 Menschen beschritten. Die Stadt hofft am Ende auf 2000 bis 3000.

Zuletzt hat der Gemeinderat Ausnahmen beschlossen. Nicht bezahlen müssen Verheiratete mit berufsbedingtem Zweitwohnsitz, Minderjährige, die zur Ausbildung nach Stuttgart gekommen sind, oder Menschen, die in Pflegeheimen oder therapeutischen Einrichtungen wohnen. "Das werten wir als Schritt in die richtige Richtung", sagt Lang. Haus & Grund fordert aber weitere Änderungen, denn besonders bei Studenten, die aus Stuttgart kommen, aber anderswo studieren, wird die Regelung künftig kompliziert. Kommen sie am Wochenende nach Hause und übernachten bei den Eltern in ihrem alten Zimmer, müssen sie Zweitwohnungssteuer bezahlen. Das gilt dann, wenn sie für die Wohnung noch einen Schlüssel haben. Falls nicht, handelt es sich nicht um ein Kinderzimmer, sondern um ein Gästezimmer - steuerfrei.

"Eine solche Regelung ist völlig wirklichkeitsfremd und zudem nicht überprüfbar", sagt Ulrich Wecker, Geschäftsführer von Haus & Grund. Ehrlicher sei es, solche Studenten von vornherein ganz von der Steuer auszunehmen. Die Stadt müsse schließlich auch ein Interesse daran haben, gut ausgebildete junge Menschen später für Stuttgart zurückgewinnen zu können.