n der Galerie Klaus Gerrit Friese zu sehen: Andreas Schulze, „Fernsehen“, 1983 Foto: Galerie

Eine feste Größe in der deutschen Gegenwartskunst ist Andreas Schulze schon seit den 1980er Jahren. Über wenige Maler aber ist man sich so gerne uneins. Konzept? Dekor? Zwei Ausstellungen in der Region Stuttgart markieren das Spannungsfeld.

Stuttgart - Meint der 1955 in Hannover geborene Kölner Maler Andreas Schulze das eigentlich ernst – diese in Braun-Schattierungen tendierenden Rosé-Töne, diese Hellblau-Palette, dieses beißende Grün? Aber sicher!, möchte man, den „Ätnablick“ vor Augen, den Zweiflern entgegenrufen. Es stimmt ja, was Gunter Reski über das Schaffen des an der Düsseldorfer Akademie Lehrenden schreibt: „Andreas Schulze ist wahrscheinlich einer der wenigen, die per amüsiertem Achselzucken malen können. Sehr einfach und sehr lässig. So ein bisschen wie die fröhliche Pubertät auf dem Weg zur Abstraktion oder auch beim angeschickerten Nachhauseweg von dort zurück…“.

Oder etwa nicht? Andreas Baur, Direktor der Galerie der Stadt Esslingen, gibt die Richtung für eine mögliche Antwort vor. Baur hat Schulze zu einer umfassenden Schau in die Villa Merkel eingeladen, unter Baur wie einst nur unter Lenkung Renate Wiehagers Bühne ortsbezogener Projekte. Und Schulze wandelt, verwandelt, schafft sich im Erdgeschoss des Hauses ein eigenes Ganzes. Schon dies darf in Sachen „lässig“ skeptisch machen.

Mehr noch aber die Art und Weise, wie Schulze Farbe einsetzt. Weit entfernt von ausdrucksstarken Farbbahnen einerseits, weit entfernt aber auch von der Dauer-Distanzierung einer vorgeblich konzeptuellen Malerei. Bei Andreas Schulze ist Farbe ein Stoff. Dieser wölbt sich, rundet sich, formiert sich. Farbe bei Schulze ist Material wie dies sonst nur in kurzen Phasen der späten 1960er und frühen 1970er Jahre der Fall war, dort aber meist als Annäherung an die schrille Kunststoffwaren- und -wohnwelt beziehungsweise wie etwa im gefeierten Frühwerk von Lambert Maria Wintersberger als harter, mitunter brutal wirkender Übertrag des Grellen auf die Figur.

Wohl auch der Stoff Farbe rückt Andreas Schulze in den Wogen der Heftigen Malerei Ende der 1970er Jahre in eine vordergründig eher zurückhaltende Position. Ihm ist, knapp gesagt, das Ding an sich wichtiger als das Gefühl dazu. Schön zu sehen ist dies bei einem Großformat, das die Stuttgarter Galerie Klaus Gerrit Friese in einer Einzelausstellung parallel zu Schulzes Verwandlung der Villa Merkel zeigt. 1983 malt Schulze „Fernsehen“, eine Folge von drei mal vier TV-Geräten, in deren Zentrum als Bild im Bild Farbformreihungen gleichwertige Gültigkeit beanspruchen. Buchstäblich plastisch meldet sich die Malerei aus der nur fiktiv bunten Bildschirmödnis zu Wort. Ein wunderbar unterkühltes Bild, ein Museumsbild auf jeden Fall, ein Ausrufezeichen, das Lakonik und Sinnlichkeit auf das Feinste verbindet.

Und wie ist es heute abseits der Keramik-Köpfe und Kunstblumen, die sich in der Villa Merkel zu einem Paradies der Ironie auswachsen? Der „Ätnablick“ forciert das Schlingen und Verschlingen von Schulzes Farbschläuchen und gibt zugleich den Blick auf die Landschaft frei. Ein Souverän ist am Werk, einer, der sich erheben kann. Ist das aber „fröhliche Pubertät“? Vor allem doch wohl eine Malerei, die sich sehr bewusst als Kunst über Kunst zu erkennen gibt und die nicht vorgibt, einzig zu ein.

Dieser Andreas Schulze kann viel, mehr, als es die gleichwohl wichtige Inszenierung im Erdgeschoss der Villa Merkel in Esslingen zu erkennen gibt. Er rollt den Stoff Farbe aus – und Alltagsmaterialien derart darin ein, dass diese ihre eigene Materialität verlieren. Malerei kann so einfach sein – und so gänzlich unaufgeregt präzise.