Im Garten des Gasthofs Ochsen und an der Klosterstraße sind Neubauten geplant. Die Trauerweide wird gefällt. Foto: Eva Herschmann (Archiv)

Im Rückbereich des Gasthofs Ochsen entstehen moderne Gebäude mit dörflichen Elementen. Der Gemeinderat stimmt zu. Aber es gilt, noch Probleme wie den Hochwasserschutz zu lösen.

Kernen-Stetten - Schon mehrfach hat in der Stettener Ortsmitte der Abrissbagger gewütet und schmerzhafte Baulücken hinterlassen. Während in der Kirchstraße gegenüber der Kirche nach erfolgreichem Verkauf aller Eigentumswohnungen ein Baubeginn in Kürze bevorsteht, stehen die Zeichen jetzt auch in der Klosterstraße auf grün: Unter Nummer 1 und 3 sollen Neubauten auf der dort seit Jahrzehnten bestehenden Freifläche, dem Parkplatz des Gasthofs Ochsen und dem so genannten Ochsengarten, entstehen.

Das ist sehr zum Gefallen des übers Ortsbild wachenden Beigeordneten und Bauamtsleiters Horst Schaal, was sich auch in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag zeigte. Er sagte: „Mit dem Neubaukörper wird die Fassadenflucht der westlich anschließenden Häuser aufgenommen, die bisher vermisste Raumkante an der südlichen Straßenseite wird in erfreulicher Weise geschlossen.“ Gegenüber der Vorplanung rückt dennoch das Haus Klosterstraße 1 mit seiner geplanten Bankfiliale ein wenig weiter vom Straßenrand weg nach hinten, wie Schaal in der Sitzung bekannt gab. Es springt aber immer noch leicht vor.

Neues Gesicht für den Ortskern Stettens

Mit dem Neubau des Wohn- und Geschäftshauses und eines Mehrfamilienwohnhauses im Rückbereich unter der Adresse Klosterstraße 3 erhält der Ortskern Stettens also ein neues Gesicht. Der Gemeinderat befasste sich in seiner Sitzung mit dem privaten Bauvorhaben und bestätigte mit dem sogenannten gemeindlichen Einvernehmen, dass sich die beiden nicht gerade kleinen Bauten in die Umgebung einfügen. Dieses Einvernehmen ist eine Voraussetzung für die Baugenehmigung, die das Landratsamt erteilen muss. Dabei orientieren sich die Gemeinderäte in der mit sehr unterschiedlichen Gebäudegrößen ausgestatteten Klosterstraße vor allem auch an deren Nordseite, wo bisher die größeren Gebäude stehen. Ein vor Jahren erstellter Bebauungsplan für die Klosterstraße hätte offenbar sogar noch ein Stockwerk mehr erlaubt. Er sei aber, so betont der Bauamtsleiter, nie rechtskräftig geworden, weil er zwar verabschiedet, aber nicht veröffentlicht worden sei.

Kritik am Flachdach des Rückgebäudes

Das Wohn- und Geschäftshaus auf dem an die Klosterstraße direkt angrenzenden Grundstücksteil ist 28 Meter lang und 12 Meter breit. Es wird mit einem steil geneigten Satteldach ausgestaltet, wobei der Giebel zur Straße zeigt. Auf Dachaufbauten hat der Architekt zugunsten einer möglichst ruhigen, mit rotbraunen Ziegeln gedeckten Dachfläche bewusst verzichtet. „Darauf haben wir Wert gelegt“, sagte Schaal vor dem Gemeinderat. Auf beiden Dachseiten ist lediglich ein eingeschnittener Balkon angeordnet. In der Traufhöhe wird der Neubau die angrenzende Klosterstraße 5 um etwa zwei Meter überragen. Das Gebäude im Rückbereich ist mit einen Flachdach versehen. Dies weckte in der Sitzung Widerspruch von PFB-Gemeinderat Eberhard Kögel. „Ich habe vor allem Probleme mit dem Flachdach“, sagte er. „Das Schönste an Stetten ist seine Dachlandschaft.“

Zwischen dem Neubau und dem Nachbargebäude Klosterstraße 5 liegt die überdachte Tiefgaragenzufahrt. Auf der anderen Seite von Haus Nummer 1 sind die Feuerwehrzufahrt und der Zugang zu den Parkplätzen des Restaurants Ochsen geplant, die teilweise unter einer Terrasse verschwinden und mit einer begrünten Pergola überdacht sind. 38 Stellplätze für die Hausbewohner sind in der Tiefgarage vorgesehen. 28 Wohnungen sollen in beiden Häusern zusammen entstehen. Es handelt sich überwiegend um große Wohnungen mit zwei Kinderzimmern, wie Schaal besonders hervorhebt. Er bewertet das Aussehen des Neubaus so: „Es entsteht ein durchaus modernes Gebäude, aber auch ausgestattet mit dörflichen, an der Situation abgeleiteten Elementen.“

Neue Gebäude liegen teilweise im Überflutungsgebiet des Haldenbachs

Kernen-Stetten - Der Beigeordnete Horst Schaal hält alle Hindernisse, die sich dem Investor in der Klosterstraße 1 und 3 entgegenstellen, für lösbar. Dies gilt insbesondere für die Hochwasserproblematik. Der Gemeinderat hat sich dennoch ausführlich damit befasst und die Frage aufgeworfen, ob die Gemeinde Kernen im Falle einer Überschwemmung regresspflichtig gegenüber dem Bauherrn werden könnte. Bürgermeister Stefan Altenberger und der Beigeordnete Horst Schaal bestreiten das: „Der Bauherr muss selbst nachweisen, dass sein Gebäude geschützt ist.“

Dass der Haldenbach rechnerisch mindestens alle 100 Jahre weit über die Ufer tritt, ist zum Jahresbeginn auf neue Weise aktenkundig geworden. Die Hochwassergefahrenkarten sind veröffentlicht und dadurch rechtskräftig geworden. Die Gemeindeverwaltung Kernen hat anhand dieser Unterlage 315 Flurstücke identifiziert, die von einem möglichen Hochwasser betroffen sein könnten. Da unter diesen auch Straßen und andere nicht bebaubare Flächen versteckt sind, rechnet die Gemeindeverwaltung mit etwa 250 derzeit von einem grundsätzlichen Bauverbot betroffenen Grundstücke. Auch für Teile des Grundstücks in der Klosterstraße 1 und 3 gilt das.

Der Bauherr muss selbst für den Hochwasserschutz sorgen

„Der Bauherr hat dafür zu sorgen, dass die Tiefgarage nicht vollläuft – oder alternativ, dass sie kontrolliert vollläuft“, sagt Schaal. Der Beigeordnete und Bauamtsleiter, selbst ein Architekt, klingt dabei so, als ob alles lösbar sei. So ist die Rede davon, dass das Grundstück eventuell zum Bach hin von einem Mäuerchen umgeben werden muss. Ralf Bulling, der Tiefbaufachmann in der Gemeinde Kernen, nannte Dammbalken für die Tiefgarage, um die sich allerdings nicht die Kernener Verwaltung kümmern muss, sondern das Landratsamt in Waiblingen: „Das wird klar in der Baugenehmigung geregelt.“

Nicht nur die Regelungen für den Schutz des eigenen Gebäudes stehen für den Bauherrn noch aus. Er muss auch nachweisen, dass keine negativen Auswirkungen für fremde Grundstücke entstehen, etwa in der tiefer liegenden Seedammstraße, wenn er mit seinem Gebäudeschutz das Hochwasser wegdrängt. Darauf weist Bulling ebenfalls hin. Bereits bekannt ist, dass der Bauherr drittens für die verdrängte Wassermenge – Horst Schaal schätzt diese auf vergleichsweise geringe 800 bis 900 Kubikmeter – einen finanziellen Ausgleich leisten muss. Denn nur dann kann das Landratsamt im grundsätzlich von einem Bauverbot belegten Überschwemmungsgebiet eine Ausnahme machen.

Als ein Ausweg hat der Gemeinderat ein Hochwasserschutzregister beschlossen

Die Gemeindeverwaltung hat bereits die Vorarbeiten geleistet und in der Sitzung am Donnerstag ein Hochwasserschutzregister als Satzung beschlossen. Das als Ausgleichszahlungen eingehende Geld muss die Gemeindeverwaltung Kernen für einen Hochwasserschutz an anderer Stelle einsetzen. Die ist gefunden: Im Einzugsgebiet des Hardtwiesenbachs, in der sehr zuverlässigen Gemeindekarte von Kernen auch „Hartwiesenbach“ geschrieben, liegt das Regenrückhaltebecken (RRB) „Katzen“. Der Hardtwiesenbach leistet laut der Gefahrenkarte einen wesentlichen Beitrag zu den Überschwemmungsrisiken in Stetten, wenn auch an anderer Stelle als in Bach- und Klosterstraße, sondern im Bereich der Sportplätze und bachabwärts. Dieses RRB, so schlägt der Tiefbau-Experte Ralf Bulling vor, könnte als weiterer Überschwemmungsschutz dienen, wenn dort eine Steuerung – ein Schieber – eingebaut würde. Die Kosten dafür betragen 40 000 Euro, die die Gemeinde Kernen vorschießt und durch Ausgleichszahlungen später wieder einnimmt.

Ein ganz anderes Thema sind noch zwei Stellplätze für die Bankfiliale, die vor dem Gebäude Klosterstraße 1 entstehen sollen. Horst Schaal sieht an dieser Stelle eine mögliche Parkierung längs der Straße als „Platzverschwendung“ an und sagt: „Das werden eine ganze Anzahl Senkrechtparkierer werden.“ Abhängig ist dies allerdings von dem Ergebnis eines kleinen Wettbewerbs über die neue Gestaltung der Klosterstraße, der mit der Teilnahme mehrerer Architekturbüros in diesen Tagen startet. „Daher wollen wir an dieser Stelle Flexibilität haben“, erläutert der Bauamtsleiter.

In den im Gemeinderat gezeigten Plänen fehlt jetzt noch ein Glasdach. Es ist für die Tiefgarage versprochen und wird vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Hans Peter Kirgis begrüßt: „Eine ganz tolle Idee“.