Ähnliche Systembauten wie dieser könnten bald an der Württembergstraße in Untertürkheim stehen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

An der Württembergstraße in Untertürkheim soll eine neue Flüchtlingsunterkunft enstehen. Nicht alle Untertürkheimer sind davon begeistert.

Untertürkheim - Am Dienstagabend ist die Mensa der Untertürkheimer Wilhelmsschule fast aus allen Nähten geplatzt. So viele Menschen kamen zur Bezirksbeiratssitzung, um über das neue Flüchtlingsheim zu diskutieren, das die Stadt an der Württembergstraße errichten will, um dem zunehmenden Flüchtlingsstrom Rechnung zu tragen. Auf der Fläche nahe des Wohngebiets Gehrenwald, die in städtischem Besitz ist, sollen drei Systembauten entstehen, die Platz für insgesamt 243 Flüchtlinge bieten sollen. Der Standort ist einer von elf, die die Stadt künftig für die Flüchtlingsunterbringung nutzen will. Doch nicht alle Bürger und Bezirksbeiräte in Untertürkheim sind von dieser Idee besonders angetan.

So erklärten einige Beiräte und Bürger am Dienstag, der Standort sei für die Flüchtlingsunterbringung nicht geeignet. Dort gebe es keine ausreichende Infrastruktur, Supermärkte, Ärzte, Schulen und Kindergärten seien von der Württembergstraße aus zu schlecht zu erreichen. Lediglich eine Bushaltestelle stehe in der Nähe zur Verfügung. Einige Anwesende äußerten zudem ihren Ärger darüber, dass die neuen Systembauten in einem Landschaftsschutzgebiet entstehen sollen, wo normalerweise keine neuen Gebäude errichtet werden dürften.

Jede Woche kommen mehr Flüchtlinge nach Stuttgart

Günter Gerstenberger, der im Sozialamt für Flüchtlinge und deren Unterbringung zuständig ist, versuchte die Wogen zu glätten. „Sie müssen sich vorstellen, dass aktuell jede Woche zwei Busse voller Flüchtlinge in Stuttgart ankommen“, so Gerstenberger. „Diese Menschen müssen wir vernünftig unterbringen.“

Dass die Stadt ausgerechnet die drei Flurstücke an der Württembergstraße als Standort gewählt habe, ergänzte Axel Wolf vom Amt für Liegenschaften und Wohnen, habe unterschiedliche Gründe. „Auf den jeweiligen Flächen müssen mindestens zwei Systembauten Platz haben und die Fläche muss genehmigungsfähig sein.“ Auf den Einwand, dass der Standort im Landschaftsschutzgebiet liege, entgegnete Wolf, dass dort dennoch eine befristete Nutzung möglich sei. Die Systembauten seien für eine Dauer von fünf Jahren geplant. Nach Ablauf dieser Zeit müsse dann erneut geprüft werden, ob noch ein Bedarf bestünde.

Keine Alternativstandorte ersichtlich

Wolf ging auch auf die Frage nach Alternativstandorten in Untertürkheim ein. „Uns sind verschiedene Flächen vorgeschlagen worden, zum Beispiel ein Standort an der Augsburger Straße“, so Wolf. Für diese Fläche gegenüber des Baumarktes sei jedoch „kein Planrecht hinterlegt“, somit sei dort nur eine landwirtschaftliche Nutzung möglich. Zudem habe die Stadt einige Bestandsgebäude in Augenschein genommen. Da diese aber anderweitig genutzt würden, seien auch sie keine Alternative.

Bezirksbeiräte verschiedener Fraktionen kritisierten, dass sie von den Plänen „überfahren“ worden seien. Dies erklärte Günter Gerstenberger mit den „quasi über Nacht“ aktualisierten Flüchtlingsprognosen für die Stadt Stuttgart, denen zufolge bis Ende 2015 voraussichtlich rund 5400 Menschen untergebracht werden müssten. „Auch für uns kamen die neuen Flüchtlingszahlen überraschend und wir mussten rasch planen“, so Gerstenberger. Aktuell leben in Stuttgart 3298 Flüchtlinge in 73 Unterkünften in 17 Stadtbezirken. Das neue Heim in Untertürkheim könnte 2016 in Betrieb genommen werden.

Bezirksbeiräte pochen auf anderen Standort

Der SPD-Bezirksbeirat Werner Kapitza und der stellvertretende SPD-Beirat Klaus Hecht kritisierten die teils ablehnende Haltung dem Flüchtlingsheim gegenüber. Schließlich, so Kapitza, sei es „unsere gesetzliche und humanitäre Aufgabe, die Menschen gut unterzubringen“.

Nach heftigen Diskussionen fassten die Untertürkheimer Bezirksbeiräte schließlich mehrheitlich einen Beschluss. In einem Antrag erklärten sie, dass sie den Standort an der Württembergstraße für „ungeeignet“ halten, da die Infrastruktur unzulänglich sei. Zudem sei zu befürchten, dass durch die fehlende Nachbarschaft im Landschaftsschutzgebiet eine Integration der Menschen nur schwer zu erreichen sei. Daher fordern sie die Stadt Stuttgart nun auf, alternative Standorte an der Augsburger Straße sowie im Bereich Hafenbahnstraße/Bruckwiesenweg erneut zu prüfen. Der Beschluss wurde mit sieben Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen gefasst.