Bernd Riexinger, der frühere Verdi-Geschäftsführer und heutige Linkspartei-Chef, fordert eine sofortige Anhebung des Mindestlohns auf zehn Euro. Foto: dpa

Am Dienstagvormittag berät die Mindestlohn-Kommission abschließend über die erstmalige Anhebung der Lohnuntergrenze zum 1. Januar 2017. Der Chef der Linkspartei, Bernd Riexinger, kritisiert das Verfahren massiv.

Stuttgart - Vor der Entscheidung der Mindestlohn-Kommission am Dienstag fordert der Linkspartei-Vorsitzende Bernd Riexinger, die jüngsten Tarifabschlüsse von Verdi im öffentlichen Dienst sowie der IG Metall in die Berechnung über die Mindestlohn-Erhöhung einfließen zu lassen. Es sei ein „Skandal“, dass dies offenbar nicht passieren solle – mit der Begründung, sie seien zwar vor dem Stichtag abgeschlossen worden, aber die Auszahlung erfolge erst nach dem Stichtag. „Das halte ich auch unter den bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen für unerhört“, sagte Riexinger der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. „Diese Abschlüsse müssen reingebracht werden.“

Wenn die Geschäftsordnung der Mindestlohn-Kommission „nicht mal hergibt, in den Zeiträumen großzügig zu sein, so dass sich die Anhebung am oberen Bereich der Tarifabschlüsse orientiert, dann muss die Geschäftsordnung dringend korrigiert werden“, sagte Riexinger. „Offensichtlich hat die Arbeitnehmerseite entweder nicht aufgepasst oder sich nicht durchsetzen können.“ Da müsste eine politische Entscheidung her, die daran etwas ändere, „statt es einer Kommission zu überlassen, die im Kern nur Rechenexempel macht, aber offensichtlich nicht mal ihre Spielräume ausnutzt“. Die Linkspartei sei ohnehin dafür, über gesetzliche Mindestlöhne politisch zu entscheiden und nicht einfach die Tarifabschlüsse nachzuvollziehen. „Da müssen auch die Gewerkschaften stärker in den politischen Raum gehen“, mahnte er.

Sofort auf zehn – dann in Schritten auf zwölf Euro

Die voraussichtliche Erhöhung auf etwa 8,80 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2017 reiche nicht für ein vernünftiges Leben – schon gar nicht in Ballungsräumen mit ihren davon eilenden Mietkosten. Damit komme niemand auch nur halbwegs aus dem Niedriglohnbereich heraus. „Sofort auf zehn Euro zu gehen, wäre jetzt das richtige Signal“, sagte Riexinger, der zudem eine weitere Anhebung in schnellen Schritten auf zwölf Euro verlangt.

Die Linke habe auf eine Anfrage hin von der Bundesregierung die Auskunft erhalten, dass 11,68 Euro pro Stunde notwendig wären, um über das Niveau der Grundsicherung von 780 Euro im Monat zu kommen. Dabei wird ein sogenannter Eckrentner angenommen, der 45 Jahre am Stück arbeitet und immer mindestens Vollzeit 11,68 Euro verdient. „Wer darunter ist, geht gesichert in die Altersarmut“, sagte Riexinger. Die Löhne müssten zum Leben reichen und auch dazu, sich eine auskömmliche Altersversorgung anzusparen. „Das ist bei etwa 8,80 Euro sicher nicht der Fall.“