Mit „Another Country“ legt Rod Stewart ein neues Album vor Foto: Colin Thomas

Rod Stewart kann sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen: Am Samstag tritt er in Düsseldorf vor dem Boxkampf zwischen Wladimir Klitschko und Tyson Fury auf. Ansonsten präsentiert er mit „Another Country“ ein neues Album.

Stuttgart -

Mr. Stewart, haben Sie sich mal geprügelt?
Nur auf dem Fußballfeld! Aber das war noch zu Schulzeiten. Ich kam nicht mal dazu, meine Fäuste richtig einzusetzen, denn der Schiedsrichter hatte sich nach dem ersten Schlag bereits zwischen mich und den Gegner gestellt.
Was bedeutet es Ihnen, vor dem Boxkampf zwischen Wladimir Klitschko und Tyson Fury in Düsseldorf aufzutreten?
Ich wollte immer schon mal in einem echten Boxring singen. Das kann ich dann von meiner Liste streichen. Ich hoffe nur, dass die zwei die Handschuhe auslassen, bis ich die Bühne wieder verlassen habe. Tyson hat ja sogar angekündigt, dass er ein Duett mit mir singen will, wenn er gegen Klitschko gewinnt. Da bin ich mal gespannt.
Was für einen Song schlagen Sie ihm vor?
Natürlich „We Can Win“ von meiner neuen Platte. Ich habe endlich eine richtige Sport-Hymne geschrieben. Ich habe dabei an meinen Lieblings-Fußballverein Celtic Glasgow gedacht. Mein Wunsch ist, dass das Lied mal im Stadion gespielt wird. Bei Celtic, Bayern München oder Dortmund. Das wäre ein Traum!
Fußball, Frauen, Feiern – damit verbindet man Rod Stewart. Und in der Tat ist auf „Another Country“ für jede Gelegenheit ein Lied dabei. Von welchen Begebenheiten wurde „The Drinking Song“ inspiriert?
Alles, worüber ich singe, kommt aus dem echten Leben. Und der Song besonders: Es muss so Anfang der Achtziger gewesen sein. Wir hatten gerade ein Konzert beendet, und ich versuchte, auf dem Rücksitz eines Autos meine Klamotten zu wechseln. Einer von uns schlug dann vor, in Unterhosen, Socken und Schuhen durchs Hotel zu laufen. Wir taten ganz normal, unterhielten uns über die Show, während wir halbnackt durch die Lobby zum Aufzug marschierten. Lustigerweise hat das dort aber niemanden gestört. Ein anderes Mal bin ich in einer Telefonzelle eingeschlafen. Das war im Winter. Zum Glück bin ich vor Kälte selbst aufgewacht. Damals war ich sehr jung. Ach, es gab so viele feuchtfröhliche Nächte in meinem Leben, da hatte ich reichlich Stoff für das Lied.
Vermissen Sie diese Zeiten manchmal?
Ich gönne mir immer noch ab und zu einen Saufabend mit Kumpels. Aber irgendwann muss man erwachsen werden. Was ich mir in dem Lied aber wirklich ausgedacht habe, ist die Stelle über die Tattoos. Denn ich war total nüchtern, als ich mir meine zwei Schottland-Tattoos stechen ließ. Es war ein Gedenken an meinen gerade verstorbenen Vater, der mir sehr nahe stand.
War Ihr Vater auch wichtig für Ihre Karriere?
Absolut! Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Vorsingen in einem Studio, zu dem mein Vater mich begleitete. Ich war in einer Band, die hieß The Moontrekkers, und da sangen zwei von uns. Da war noch Bobby Shafto, der genau das Gegenteil von mir war: nämlich richtig hübsch mit ganz klarer Stimme! Und sie nahmen ihn anstelle von mir. Weil sie fanden, dass meine Haare und die Kleidung gar nicht gingen und auch meine Stimme nicht ins Bild passte. Mein Dad hat mich aber weiterhin ermutigt. Meine ganze Familie eigentlich. Ich habe sie nicht ein einziges Mal sagen hören, dass ich mir einen vernünftigen Job zulegen soll, damit ich ein festes Einkommen habe. Sie halfen mir, auch mit Geld hier und da. Ich verdanke ihnen alles!
Apropos Geld. Es heißt, Sie seien geizig?
Das sagt man über mich? Wissen Sie, was ich als Geldverschwendung empfinde? Dass die Plattenfirma mir heute eine so riesige Suite mit drei Räumen gebucht hat, nur um Interviews zu machen. Die zahlen dafür 2000 Pfund pro Tag – das muss man sich mal vorstellen! Dabei hätten wir alle Gespräche in diesem einen Raum hier machen können. Und das sage ich, obwohl ich dafür gar nicht bezahle!
Sie haben ja auch ein festes Konzertengagement im Hotel-Casino Caesars Palace in Las Vegas. Sind Sie ein Zocker?
Gar nicht. Mein Vater war ein Spieler. Er hat sein Geld auf Pferde gesetzt, bevor er seine Steuern gezahlt hat. Gott segne ihn, er war ein liebenswerter, großartiger Kerl, er rauchte nicht, trank nicht, ich habe meinen Dad sehr geliebt. Aber die Spielerei war sein Niedergang! Ich denke, das hat mein Verhältnis zu Geld sehr geprägt.
Und wie ist es, ständig von Laster und Sünde umgeben zu sein?
Oh, das ist toll, ich liebe es. Es spiegelt sich in den Gesichtern wider, dass man an einem besonderen Ort ist, wenn ich abends ins Publikum gucke. Ich selbst bekomme davon nichts mit. Ich gehe um 18.30 Uhr in Las Vegas auf die Bühne. Ich gehe um 21 Uhr wieder runter. Um 23 Uhr liege ich schon in meinem Bett.
In einer Luxussuite im Caesars Palace?
Nein, sie fliegen mich zurück nach Los Angeles. Sie behandeln mich, als wäre ich Elvis Presley! Ich hoffe nur, dass ich nicht wie er enden werde.
Dafür ist es mit 70 schon zu spät.
Stimmt auch wieder. Ich bin deutlich zu alt, um zu werden wie Elvis.
Sie sind eng mit Rolling-Stones-Leadgitarrist Ronnie Wood befreundet. Was für eine Art von Männerfreundschaft ist das?
Nun, Ronnie ist nicht die Art von Typ, den ich nachts anrufen würde, um mich an seiner Schulter auszuheulen. Es ist eher eine frivole Nähe, die wir zueinander haben. Wenn wir zwei zusammen sind, ist es so, als würde der Rest der Welt nicht existieren. Unser Humor, unsere Nasen, der gleiche Haarschnitt – wir sind so aufeinander abgestimmt, da passt niemand dazwischen. Die Leute verziehen sich auch immer ganz schnell, wenn wir zusammen abhängen. Vor kurzem haben wir unsere alte Band Faces aus den Siebzigern reanimiert und machen nun auch beruflich wieder was gemeinsam.
In Ihrer Autobiografie schildern Sie, wie Sie mit Wood Kokain durch den Hintern konsumiert haben. Ist das wirklich wahr?
Herrje, ja, es stimmt! Ich hatte Angst, wenn ich durch die Nase schnupfen würde, dass es mir meine Stimme versaut. Ronnies Nasenscheidenwände waren damals schon total zerstört von dem Zeug. Es war ein anderer Weg, Drogen zu konsumieren. Das ist aber nichts, worauf ich stolz bin! Aber es hat auch keine negativen Auswirkungen auf mein Umfeld gehabt. Denn ich war nie abhängig von dem Zeug.
Aber die Geschichte mit dem Penisabdruck aus Ihrem Buch ist erflunkert, oder?
Nein, alles wahr. In den Sechzigern gab es in den USA diese Mädels, die sich Plaster Caster nannten. Sie waren Groupies und wollten von jedem Rockstar einen Gipsabdruck seines Penis nehmen. Ronnie und ich sagten uns: „O.k., lass uns das machen.“ Aber dann zeigten sie uns den Abdruck von Jimi Hendrix. Nachdem wir sein großes Teil gesehen haben, dachten wir nur: „Nee, machen wir doch nicht.“ Wir haben beide sofort die Biege gemacht.