Thaddäus Troll - heute schon geflucht? Foto: dpa

Nicht jeder Schwabe ist ein Genie, aber jeder kennt eines. Wer noch mehr Käpsele kennenlernen will, der hat in den nächsten Tagen die Gelegenheit. Wir laden zu Reisen auf die Spuren schlauer Schwaben.

Stuttgart - Heute schon geflucht? Das ist für einen echten Schwaben kein Problem, zu bruddeln gibt’s immer was. Für Auswärtige ist das schwer zu verstehen. Eigentlich gibt es an einem sonnigen Tag wie heute nichts zu meckern, aber wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Nachbar sagt: „Schö isch’s scho, aber mo muss saumäßig schwitza.“ Sie haben das Prinzip begriffen? Sollten Ihnen die Worte dafür fehlen, helfen wir gerne aus. Den 1. Juli begrüßen wir mit einem kräftigen „elender Krippl“. Etwa wie ihn: „D’ Sonn sticht hoit aber, dr Krippl!“ So hat es der Tausendsassa und Schwabenerkunder Thaddäus Troll in seinem Schimpfkalender festgelegt. Der erschien 1971 täglich in den Stuttgarter Nachrichten. Ein Standardwerk. Für den Juli folgen Bauratrulla, Hederkatz, dippige Goas, Bättschwester, Hosebamper . Hübsch auch der 16. Juli mit dem Hafescheißer und der 27. Juli mit dem Pfennigschpalter. Am 5. Juli, dem Tag der Bättschwester, lädt Stuttgart-Marketing zu einer Bustour auf Trolls Spuren. Es geht durch Bad Cannstatt, hinauf auf den Steigfriedhof zum Grab Trolls. Um dort Trollinger zu trinken und Trolls Trauerrede zu lauschen. Es ist sein 35. Todestag. Am 5. Juli 1980 hatte sich Troll seinen Dämonen ergeben, dunklen Anzug angezogen, französischen Rotwein getrunken und Schlaftabletten geschluckt. Für die Beisetzung hatte er alles vorbereitet, der Pfarrer sollte sich kurz zu halten, anschließend sollte es Trollinger geben. Die Trauerrede hatte er bereits zehn Jahre zuvor geschrieben. Unter dem Motto: „Um die heutige Beerdigung komme ich beim besten Willen nicht herum.“

Bernd Möbs ist ein Reingeschmeckter und ein Rheingeschmeckter. Dem Kölner muss man aber keine schwäbischen Flüche beibringen, er weiß mehr über die hiesige Volksseele als die meisten Einheimischen. Das Schöne daran ist: Er lässt uns an seinem Wissen teilhaben. Aber auf süffige Art und Weise. So lud er schon zu einem Spaziergang durchs Städtle und nannte ihn. „Saufende Dichter und dichtende Säufer.“ Am Sonntag, 11. Juli, widmet er sich einem „Käfig voller Genies – verrückten Dichtern und verkrachten Theologen in Stuttgart“ (Beginn 16 Uhr, www.bernd-moebs.de). Nun ist es nicht so, dass jeder gescheiterte Gottessucher ein Genie ist, aber Eduard Mörike, Wilhelm Hauff, Georg Wilhelm Hegel, Friedrich Hölderlin und Friedrich Schelling haben in Tübingen Theologie studiert. Nicht alle übrigens mit dem nötigen Ernst. Hegel habe in seinen ersten Jahren im Tübinger Stift als „trübe Tasse“ gegolten, so Möbs, er habe sich lieber in Wirtshäusern als in Hörsälen herumgetrieben. Später packte ihn der Ehrgeiz, doch dem Wein blieb er zeitlebens verbunden. Jedes Jahr zum Jahrestag der Französischen Revolution am 14. Juli trank er eine Flasche Rotwein.

Auch Friedrich Schiller war kein Kostverächter. An seinem Denkmal am Schillerplatz beginnt der Spaziergang. Eingeweiht wurde es am 8. Mai 1839. „Die Bürger waren entsetzt: Schiller ließ den Kopf hängen, anstatt stolz nach vorne zu schauen“, sagt Möbs. Bildhauer Bertel Thorwaldsen hatte auf seinen Lohn verzichtet, aber nicht auf seine künstlerische Freiheit. Aber obacht, der Spaziergang ist am 11. Juli. Mit Blick auf Trolls Schimpfkalender schwören wir, wenn man nur nahe genug an Schillers Lippen hängt, kann man ihn murmeln hören: „Der Möbs schwätz wieder ewig, die Schnäpperbichs.“