ZF setzt auf Mechanik und Elektronik, das dürfte die Mitarbeiter . Foto: ZF

Der Zulieferer, der seine Schulden deutlich reduzieren konnte, beteiligt sich am Radarsensor-Spezialisten Astyx. Dadurch soll die Kompetenz in den Zukunftsfeldern Elektromobilität und autonomes Fahren gestärkt werden.

Friedrichshafen - Der Zulieferer ZF Friedrichshafen strebt eine technologisch führende Position in den Zukunftsfeldern Elektromobilität und autonomes Fahren an. Mit der Beteiligung an der Astyx Communication & Sensor GmbH will der Getriebehersteller seine elektronische Kompetenz verstärken, kündigte ZF-Chef Stefan Sommer am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in Friedrichshafen an. Astyx in Ottobrunn bei München, 1997 als Ausgliederung aus der damaligen Daimler-Benz Aerospace (EADS) entstanden, entwickelt und produziert mit rund 50 Mitarbeitern Höchstfrequenz-Radarsensoren, eine Schlüsseltechnologie der Umfeld- und Objekterkennung, die für das autonome Fahren unerlässlich ist. Die Radarsensoren arbeiten dabei mit elektromagnetischer Strahlung, um Objekte zu erkennen und ihre Geschwindigkeit zu errechnen.

Astyx ist nicht die erste Hightech-Firma, bei der ZF einsteigt. Der Zulieferer hat im Herbst vergangenen Jahres die Beteiligungsgesellschaft Zukunft Ventures GmbH gegründet; neben Astyx befinden sich zwei weitere Unternehmen unter diesem Dach: die Hamburger Ibeo, ein Hersteller von Lidar-Sensoren, die Entfernungen zu einem Objekt über Lichtpulse berechnen, sowie der Softwareanbieter Double-Slash, der im Bereich Fahrzeugvernetzung aktiv ist. Weitere Beteiligungen an Start-ups dürften folgen.

60 Gründer haben sich in Friedrichshafen vorgestellt

Erst vor kurzem hat ZF in seiner neuen Hauptverwaltung in Friedrichshafen eine Pitch-Night veranstaltet, bei der sich knapp 60 Gründer innerhalb von drei bis vier Minuten vorstellen konnten. Mit zwei dieser Start-ups seien Projekte vereinbart worden, erläuterte Sommer. Mit weiteren zwei sollen die Gespräche fortgesetzt werden. Sommer will auf diesem Wege technologische Lücken schließen, zudem soll der Konzern von der hohen Geschwindigkeit der Kleinen profitieren.

Aber „nur mit Sensorik und Elektronik können wir kein Auto bauen“, sagte Sommer. Deshalb sei der ZF-Ansatz die Kombination aus Mechanik und Elektronik. „Auch das Auto der Zukunft fährt nicht ohne Mechanik, denn das viel zitierte ‚iPhone auf Rädern’ braucht weiter eine Bremse und eine Lenkung, Achsen und weitere mechanische Komponenten“, so der ZF-Chef. Er setzt dabei auch auf die konzerneigene Forschung und Entwicklung. Zwei Milliarden Euro hat das Unternehmen im vergangenen Jahr in diesen Bereichen investiert, das waren gut 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Das zusätzliche Geld floss vor allem in die aktive und passive Sicherheitstechnik sowie die Elektromobilität.

Zuwächse kommen vor allem durch TRW-Übernahme

Leisten kann sich ZF die Ausgaben offensichtlich. Im Rückblick auf das vergangene Jahr nahm Sommer das Wort „stolz“ in den Mund. Allerdings sind die Kennzahlen, die hohe Zuwächse ausweisen, stark durch die Übernahme von TRW geprägt. Der US-Konkurrent gehört seit Mai 2015 zu ZF; erst seit 2016 sind die TRW-Zahlen also komplett bei ZF enthalten. Zudem wurden in diesem Zeitraum etliche Zukäufe – etwa des Windgetriebegeschäfts von Bosch – und Verkäufe (ZF Lenksysteme) getätigt. Rechnet man dies alles raus, wäre ZF im vergangenen Jahr organisch um gut vier Prozent gewachsen, erläuterte der ZF-Finanzchef Konstantin Sauer. Das deutlich gestiegene bereinigte operative Ergebnis begründete er mit besseren Leistungen und Synergien im Zusammenhang mit der Integration von TRW.

Dass der Jahresüberschuss dennoch so gesunken sei, hat laut Sauer steuerliche Gründe. Dank der guten Ertrags- und Finanzkraft konnte das Unternehmen seine Schulden, die ausschließlich auf die Übernahme von TRW zurückzuführen sind, weiter reduzieren – und zwar um 1,6 Milliarden Euro auf noch knapp 8,3 Milliarden Euro. 350 Millionen Euro musste ZF im vergangenen Jahr an Zinsen zahlen.

Mitarbeiter werden am Erfolg beteiligt

Die Mitarbeiter werden am Erfolg beteiligt. Einmalig erhalten sie 1133 Euro plus 15 Euro für jedes Jahr Betriebszugehörigkeit. Auch der Vorstand hat von der positiven Entwicklung profitiert. Die gesamten Bezüge der sieben Vorstandsmitglieder beliefen sich auf 28,4 Millionen Euro, nach 14,1 Millionen Euro im Jahr zuvor, ist im Geschäftsbericht nachzulesen. Als Stiftungsunternehmen muss der Zulieferer die Gehälter nicht einzelnen ausweisen. Auch auf Nachfrage war Sommer nicht bereit, sein Gehalt zu nennen. Er sagte lediglich, dass die ausgewiesenen Vorstandsgelder nicht tatsächlich geflossen seien. Eine plausible Begründung lieferte er allerdings nicht. Stattdessen nahm er Wörter wie „Rückstellungseffekte“ und „Sondereffekte im Zusammenhang mit der TRW-Übernahme“ in den Mund, die sich in den nächsten Jahren wieder nivellieren würden.

Für das laufende Jahr erwartet Sommer ein Umsatzwachstum auf rund 36 Milliarden Euro. Die Ebit-Marge – also das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern – soll über sechs Prozent liegen.