In vielen westlichen Ländern nehmen Menschen zu wenig Jod zu sich und riskieren ihre Gesundheit – und die ihrer Kinder. Foto: Jens Schierenbeck/dpa/tmn

Zu wenig Salz macht dumm. So lautet das stark verkürzte Ergebnis einer britischen Studie: Schwangere mit Jodmangel gefährden die Gehirnentwicklung ihres Kindes. Doch nicht nur im Mutterleib sind Kinder auf das Spurenelement angewiesen.

Guildford/Dortmund - Chips, Fertigpizza, Pommes – eigentlich hat man nicht den Eindruck, dass der Mensch salzarm lebt. Doch Salz ist eben nicht gleich Salz. Es kommt auf die darin enthaltenen Spurenelemente an – wie zum Beispiel Jod. Und das findet sich nach Meinung von Ernährungswissenschaftlern und Hormonspezialisten viel zu wenig im menschlichen Körper.

Und das nicht nur in Ländern, deren Bevölkerung aufgrund der schlechten wirtschaftlichen und medizinischen Versorgung sowieso unter Mangelerscheinungen zu leiden hat. Laut dem aktuellen Bericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Dortmund ist auch in Deutschland die Jodversorgung der Bundesbürger „nicht zufriedenstellend“.

Das hat Folgen. Denn Jod ist der wichtigste Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Diese beeinflussen zum Beispiel den Sauerstoffverbrauch der Zellen, den Energiestoffwechsel, die Funktion des Herz-Kreislauf-Systems und des Magen-Darm-Traktes sowie das Wachstum. Werden zu wenig Hormone produziert, so warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung – hat das ernstzunehmende gesundheitliche Folgen: Betroffene werden träge, der Stoffwechsel verlangsamt sich, Herz und Kreislauf geraten aus dem Takt.

Selbst ein mildes bis mäßiges Joddefizit von Schwangeren scheint die Hirnentwicklung der ungeborenen Kinder zu beeinträchtigen. Erst im Juni veröffentlichten britische Forscher dazu die Ergebnisse einer neuen Langzeitstudie in der Fachzeitschrift „Lancet“. In der hatten sie die Daten von knapp tausend Mutter-Kind-Paaren ausgewertet.

Unterversorgung führt zu schlechteren Schulleistungen

Zu Anfang der Studie hatten Sarah Bath von der Abteilung für Ernährungswissenschaften der University of Surrey in Guildford und ihre Kollegen schwangere Frauen auf deren Jodspiegel untersucht. Dabei stellten sie fest, dass zwei Drittel der werdenden Mütter in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten zu wenige jodhaltige Lebensmittel zu sich genommen hatten. Sie litten an leichtem bis mäßigem Jodmangel.

Rund neun Jahre später prüften die Wissenschaftler die kognitiven Leistungen der Kinder – die deutlich schwächer waren als die von den Kindern, deren Mütter sich in der Schwangerschaft ausgewogen ernährt hatten. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, wie wichtig eine ausreichende Jodversorgung in der Frühschwangerschaft ist“, schreiben die Autoren in „Lancet“.

Doch nicht nur im Mutterleib sind Kinder für ihre Entwicklung auf eine ausreichende Jodversorgung angewiesen: Neuseeländische Forscher haben festgestellt, dass Kinder bei einer Unterversorgung schlechtere Leistungen in der Schule erbringen. Gaben sie Jodtabletten, glichen die Kinder ihre Defizite wieder aus.

Wie wahrscheinlich es ist, dass solche Beobachtungen auch an deutschen Schulen gemacht werden können, zeigt der aktuelle Ernährungsbericht der DGE. Demnach nehmen Schulkinder deutlich weniger Jod zu sich als in früheren Jahren. „Mehr als die Hälfte der Sechs- bis Zwölfjährigen erreichten nicht die empfohlene Jodzufuhr“, sagt Antje Gahl von der DGE.

Auf Lebensmittel mit Jodsalz achten

Offensichtlich essen die Kinder zu wenig Fisch sowie Milchprodukte. Und offensichtlich wird der Salzstreuer zu Hause nicht mehr so oft auf den Tisch gestellt. Denn normalerweise liefert jodiertes Speisesalz das meiste Jod. Zusammen mit Milch macht es derzeit mehr als drei Viertel der täglichen Jodzufuhr aus. „Seefisch enthält ebenfalls viel Jod, wird aber von den Kindern nur wenig gegessen“, sagt Gahl.

Daher rät sie den Eltern eher, beim Einkauf von Brot, Käse, Fleischwaren und Fertigprodukten darauf zu achten, dass diese mit Jodsalz hergestellt wurden. „Da die Bauern ihre Tiere mehr und mehr mit Mineralstoffmischungen füttern, trägt auch die Milch gut zur Jodversorgung bei“, sagt Gahl.

So schwankt der Jodgehalt in der Milch zwischen minimal 20 Mikrogramm pro Liter in Biomilch und bis zu 200 Mikrogramm pro Liter in konventioneller Milch – nach Angaben der DGE genügt letztere Menge als Tagesnährwert eines Erwachsenen. Säuglinge sollten 40 Mikrogramm zu sich nehmen.

Doch Vorsicht: Auch ein Zuviel an Jod ist ungesund. Mehr als 500 Mikrogramm sollte keiner zu sich nehmen. Ansonsten kann es bei empfindlichen Menschen ebenfalls zu gesundheitlichen Problemen kommen. Aber, so beruhigt das Bundesinstitut für Risikobewertung, eine so hohe Menge kann über die normale Ernährung nicht erreicht werden.