Katharina Mavridis steht fast täglich hinter der Theke im Rössle. Foto: Ina Schäfer

Das Rössle ist eine Stammkneipe in Reinkultur. Die Gäste kennen sich, werden von der Wirtin mit Namen begrüßt und skurrile, aber liebenswerte Rituale gibt es auch. Ein Besuch am Vormittag.

S-Ost - Es ist Mittwochvormittag, 10 Uhr. Die Gäste im Rössle starren auf die Tür. Eigentlich ist der Zeitschriftenverkäufer Rainer immer pünktlich, doch an diesem Morgen lässt er auf sich warten. Nach einigen Minuten öffnet sich aber die Tür, Rainer legt einen Stapel Zeitschriften auf die Theke, die sich rasch unter den Gästen verteilen. Er bekommt etwas Klares vor die Nase gestellt, trinkt aus, und ohne vieler Worte ist er wieder aus der Tür draußen.

„Auf Rainer warten wir immer“, sagt Katharina Mavridis lachend. Die 49-Jährige ist die Wirtin im Rössle beim Ostendplatz, Ostendstraße 82. Vor sechs Jahren haben sie und ihr Ehemann die Gaststätte im Stuttgarter Osten übernommen. Seitdem steht sie beinahe jeden Tag hinter der Theke und bedient die Gäste, die zu einem großen Teil Stammgäste sind. „Früher war das Rössle keine gute Adresse“, sagt einer, der an der Theke lehnt. Seit Katharina Mavridis und ihr Mann die Geschäfte übernommen haben, sei das anders geworden. Er meint damit die Atmosphäre und das Ambiente im Lokal. „Wir haben sehr viel renoviert damals“, erinnert sich die Wirtin. Die Böden und die Decke seien erneuert worden, ebenso die Dekoration, für die sie zuständig war. Das ist sie auch jetzt noch, auf der Theke steht ein großer Strauß rosafarbener und weißer Rosen. Der Rest der Gaststätte ist rustikal, wie eine Stadtteil-Kneipe eben auszusehen hat. Ein wichtiges Standbein ist dem Rössle ebenfalls anzusehen: der Fußball. An den Wänden hängen Wimpel und Fahnen vom VfB Stuttgart, zwei große Fernseher und das Sky-Logo. Im Rössle hält man an den Liveübertragungen fest, während der Spiele ist die Bude voll.

Die Pizzeria nebenan gehört dazu

An diesem Mittwochmorgen sitzen viele Rentner im Rössle. Die meisten kennen sich, es herrscht eine heimelige Stammtischatmosphäre, auch wenn nicht alle an einem Tisch sitzen. Es wird kreuz und quer durch den Laden diskutiert und mit Katharina Mavridis gescherzt, die alle beim Vornamen kennt. „Heute geht’s dir wieder besser, oder?“, erkundigt sie sich bei einem Gast. Ab und zu schenkt die Wirtin Tomatensaft mit scharfer Soße in kleine Schnapsgläser, die sie mit den Gästen an der Bar trinkt. „Unser Tomatenclub“, sagt sie dann lachend. Am Abend, sagt die Wirtin, seien viele junge Menschen im Lokal, die in der Nachbarschaft wohnen und dort ihr Feierabendbier trinken. Im Sommer sitzen viele Gäste draußen auf der kleinen Terrasse. Zu Essen gibt es im Rössle nichts, die Gäste dürfen sich aber nebenan etwas bestellen – der benachbarte Lieferservice Angelos Pizza-Taxi gehört ebenfalls dem Ehepaar. Die Pizza darf im Lokal verspeist werden. Nur ab und zu gibt es Aktionen, wie am Sonntagmorgen etwa ein Weißwurst-Frühstück.

Katharina Mavridis scheint voll in ihrem Element zu sein. Doch anfangs sei es schwierig gewesen. „Wir haben uns zuerst mit einem Lebensmittelgeschäft selbstständig gemacht“, erzählt die gebürtige Griechin. Die Selbstständigkeit war anfangs schwer, der Kontakt mit Menschen, die nicht alle immer einfach sind. Nur mit Hilfe ihrer Eltern habe sie das am Anfang geschafft, bis die wieder zurück in die Heimat gegangen sind. Heute ist Katharina Mavridis glücklich mit ihrem Beruf, auch weil ihre beiden Söhne nun groß genug sind und ab und an mit anpacken.