Die Zigeunergurppe beim Markgröninger Schäferlauf steht im Zentrum einer Debatte. Foto: Schäferlauffreunde

Die Einordnung des Begriffs „Zigeuner“ ist wichtig. Damit sollte es aber genug sein. Markgröningen hat eine weltoffene Tradition. Das schreibt Rafael Binkowski in seinem Kommentar.

Markgröningen - Es ist wichtig und sinnvoll, über historisch belastete Begriffe zu diskutieren, zumal wenn sie im Dritten Reich propagandistischmissbraucht wurden. Man kann sich zwar die Frage stellen, warum ausgerechnet der Zigeunerwagen in Markgröningen in den Fokus der Debatte gerät, während andere Gruppen wie die „Weiler Zigeuner“ in Weil der Stadt oder die Zigeuner der Narrenzunft Untertalheim in Horb seit Jahren ungestört den Begriff verwenden.

Dennoch: darüber laut nachzudenken ist sinnvoll. Ebenso wie der in der Bevölkerung noch zweifellos verbreiteten Meinung entgegen zu wirken, dass Sinti und Roma noch heute ein zügelloses Lotterleben als fahrende Wandersmänner führen würden.

Damit muss es dann aber auch genug sein. Gerade Markgröningen ist ein Beispiel dafür, dass Sinti und Roma schon früh in die Gesellschaft integriert und 1835 offiziell in der Stadtgemeinschaft aufgenommen wurden. Diese liberale und weltoffene Haltung in der kleinen Stadt, die durch zahlreiche Postwege traditionell viel Kontakt mit Fremden hatte, kommt in der historischen Zigeunergruppe beim Schäferlauf zum Ausdruck und somit auch in dem Umzugswagen.

Damit auch wirklich niemand auf die Idee kommt, heute lebende Sinti und Roma pauschal als „Zigeuner“ zu bezeichnen, ist der Zusatz „historisch“ die richtige Einordnung. Denn die Volksgruppe hat in der Stadtgeschichte eine positive Rolle gespielt. So soll eine Roma-Frau sogar den Sohn des Grafen von Gröningen geheilt haben. Es gibt also eine positive Erzählung. Das ist andernort nicht so – und dort würde sich eine Intervention viel eher lohnen.