Modezeichnen lernen ist gar nicht so schwer: In Kursen lässt es sich lernen Foto: Blanka Walter

Modedesigner ist ein Traumberuf. Aber können auch eher unbegabte Zeichner eine Ausbildung anstreben? Sie können. Ein Blick hinter die Kulissen der Staatlichen Modeschule zeigt es. Mit etwas Geduld und den richtigen Anweisungen kann es gelingen.

Stuttgart - Malen und zeichnen? Ein Horrorszenario für viele. Mit Schrecken denken manche an ihre Künstlerkarriere in der Grundschule zurück. Während die Mitschüler mit einer eins belohnt werden, hören die Unbegabten von der Lehrerin: „Eine Sonne hat aber auch kein Gesicht.“

Was Hänschen nicht lernt, so das Sprichwort, lernt Hans nimmer mehr. Talent kann man nicht kaufen. Wer kennt den Frust nicht, Malversuche im reifen Alter im Fiasko enden. Was aber machen junge Menschen, die sich malerisch völlig talentfrei sind, aber dennoch den Beruf des Modedesigners ergreifen wollen? Kapitulieren? Vor allem, wenn man die Arbeiten des Zeichenkurs an der staatlichen Modeschule ansieht. Die Exponate sind fast so gut wie Fotos. Detailverliebt. Exakt. Beeindruckend.

Kann so was jeder lernen? Selbst der Unbegabte? Er kann sagen die Lehrer der Modeschule. „Durch meine Anweisungen schaffen es alle“, sagt Blanka Walter (50). Die Lehrerin gibt so genannte Mappenkurse. Sie hilft den Schüler Stück für Stück weiter – und steht selbst Modell.

„Ich bin seit 22 Jahren Aktmodell und war damals eine der ersten in Württemberg“, sagt sie. Beim Posieren lernte die Geheimnisse des Zeichnens kennen und gibt sie heute weiter. Einer ihrer Tipps lautet: Man muss den Körper in acht Punkte aufteilen. Von Kopf über Brust, Knie zum Fuß - diese mit einer Linie verbinden und dann beim Becken anfangen. Laut Walter teilt man so ein Blatt ein, der Körper passe dann vollends darauf. Beim Kopf solle man jedoch nicht beginnen, da man diesen erfahrungsgemäß immer zu groß zeichnet.

"Aktzeichnen ist anders"

„Aktzeichnen ist jedoch etwas anderes“, sagt Blanka Walter, „beim Aktzeichnen geht es um die Anatomie des Körpers, man muss ihn kennen, um zu wissen, wie Stoffe nachher liegen, wie sie fallen können und was für Rundungen ein Körper bieten kann.“ Auch das Zeichnen eines sitzenden Modells kann zu einer neuen Herausforderung werden. Ratschlag der Meisterin: Das Blatt wenden, ein Dreieck zeichnen und die Eckpunkte der Figur einzeichnen. Wieder beim Becken beginnen, den Kopf zum Schluss.

Und prompt kommt in der Klasse der Anfänger die nächste Hürde: Eine Jacke, die auf einer Modepuppe befestigt ist, soll gezeichnet werden. Das erste Ergebnis ist wieder weit von dem der Abschlussklassen entfernt.

Doch die Lehrerin beruhigt die Gemüter. Ihr Motto: Kein Meister fällt vom Himmel. Es ist harte Arbeit. „Das Zeichnen entwickelt sich wie das Schreiben, man entwickelt seinen eigenen Strich - genauso das Gespür für Stoffe, Farben und Körper“, erklärt Blanka Walter.

Worte, die alle Unbegabten trösten dürften. Vor allem aber jeden, der sich mit dem Gedanken trägt, Modedesign zu studieren. Eine drei in Kunst ist also kein Hindernis. Eher die Vorbildung. Eine Schneiderlehre ist Voraussetzung - genauso wie eine bestandene Aufnahmeprüfung, bei der man auch zeichnen muss. Doch hier bewerten die Lehrer gnädig. Blanka Walter meint, „dass man sofort erkennen kann, ob ein gewisses Grundpotenzial dabei ist“.