Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt aus gesundheitlichen Gründen maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Konsum in Deutschland ist derzeit doppelt so hoch. Foto: dpa

Fleisch und Wurst aus Massentierhaltung ist verpönt. Doch worauf müssen Verbraucher achten, wenn sie ökologisch korrekte Salami oder ein Kotelett vom glücklichen Schwein kaufen wollen? Ein neuer WWF-Einkaufsratgeber will’s richten. Doch Verbraucherschützern ist das zu dürftig.

Berlin - Es geht um die Wurst. Und um das Kotelett. Und um all die anderen Fleischwaren, die tagtäglich hierzulande in Metzgereien, Supermärkten und Discountern verkauft werden. Nicht selten will man als Verbraucher doch wissen, ob die Packung Hackfleisch oder die Grillwurst wirklich von der glücklichen Kuh stammt, wie es einem der Aufdruck oder die Werbung so gern vermittelt. Und bleibt dann doch angesichts der Flut von Siegeln ratlos zurück. Das will die Umweltschutzorganisation World Wild Foundation (WWF) nun ändern: Damit Verbraucher künftig eine bessere Orientierung haben, hat der WWF daher am Dienstag in Berlin einen Einkaufsratgeber für Fleisch und Wurst vorgestellt. Die Expertin Sabine Klein von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat ihn bewertet.

Wie funktioniert der neue Ratgeber?
Für die WWF-Empfehlungen wurden Produktionsmethoden, Labels und Warenklassen durchleuchtet und nach einem einfachen Ampelsystem bewertet. Ökologische Auswirkungen wie der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid, die benötigte Fläche oder der Verlust biologischer Vielfalt wurden besonders gewichtet. Weitere Kriterien waren die Tierhaltung oder Medikamentengabe. Grün bedeutet demnach „Gute Wahl“ und betrifft Fleisch und Wurst mit dem EU- Biosiegel und Verbands-Biosiegel wie etwa Bioland, Demeter, Naturland, Biopark und Biokreis. Auch Wildfleisch aus nachhaltiger Jagd wurde gut bewertet. Gelb gekennzeichnete Wurst- und Fleischwaren sind für WWF „Zweite Wahl“: Dies betrifft Produkte, die zwar höhere Tierhaltungsstandards erfüllen, aber bei denen Bio-Kriterien nicht vorgeschrieben sind. Dazu gehört etwa Fleisch und Wurst mit dem Neuland-Siegel. Keinesfalls sollten Verbraucher laut WWF zu konventionell produziertem Fleisch, sowie zu importiertem Fleisch greifen. Diese werden vom WWF mit Rot gekennzeichnet.
Was soll mit dem Ratgeber erreicht werden?
Wer gewohnt war, viel Fleisch zu kaufen, nun aber nur noch zu Produkten greifen möchte, die mit „Gute Wahl“ gekennzeichnet sind, wird überrascht sein: Nach Angaben des WWF erfüllen nur zehn Prozent der in Deutschland angebotenen Fleisch- und Wurstwaren die Mindestanforderungen an ökologischer Nachhaltigkeit. Der Verbraucher wird sozusagen gezwungen, weniger Fleisch zu kaufen, so die Hoffnung von Markus Wolter, WWF-Landwirtschaftsreferent: „Unter Beachtung der ökologischen Grenzen unseres Planeten sollten es nicht mehr als 300 Gramm pro Person und Woche sein. Wichtig ist außerdem, welches Fleisch auf dem Teller landet.“
Wie sinnvoll ist der Ratgeber?
Experten der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sind skeptisch: „Grundsätzlich können wir die Intention des WWF-Ratgebers befürworten“, sagt die Ernährungsexpertin Sabine Klein. Schließlich raten auch die Verbraucherzentralen dazu, weniger Fleisch und dafür lieber qualitativ hochwertige Produkte aus ökologischer Landwirtschaft zu kaufen: Also Fleisch- und Wurstwaren, die ein Bio-Siegel oder ein Tierschutzlabel tragen.
Allerdings seien einige Bewertungen in dem Ratgeber zu holzschnittartig geraten – etwa die Kategorie „Zweite Wahl“: „Im Gegensatz zum WWF können wir Produkte mit dem Neuland-Siegel nicht empfehlen“, sagt Klein. Teils stellte sich bei Stichproben heraus, dass die versprochenen hohen Standards, nicht eingehalten wurden. „Das Kontrollsystem dieses Siegels ist sehr lückenhaft und damit nicht verlässlich.“ Auch die positive Bewertung des WWF von sogenanntem Weidefleisch irritiert Klein: Da es kein geschütztes Label für Weidefleisch in Deutschland gibt, gibt es auch keine Garantie dafür, dass die Tiere vor der Schlachtung auf der Wiese grasten.
Welche Tipps fehlen nach Ansicht von Experten in dem Ratgeber?
Biofleisch ist immer die beste Wahl. Doch leider auch teuer und nicht überall zu haben. Eine günstigere Wahl sei es laut Klein, Schweine- und Hähnchenfleisch mit dem Tierschutzlabel des „Deutschen Tierschutzbunds“ oder Geflügelprodukte mit dem Siegel der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ zu kaufen. Diese gibt es nämlich auch in Discountern. Allerdings kann das Tierschutzniveau von diesem Fleisch nicht ganz mit dem von Bio mithalten.
Empfehlenswert ist es auch, beim Kauf von Geflügelfleisch auf die Bezeichnungen „extensive Bodenhaltung“, „Freilandhaltung“ und „Bäuerliche Freilandhaltung“ zu achten. „Diese sind gesetzlich geschützt und signalisieren bessere Haltungsbedingungen“, so Klein. Allerdings sind diese Produkte nicht in jedem Supermarkt zu finden.
Ein weiterer Tipp: Bei Fachangestellte in Metzgereien nach Infos zu den landwirtschaftlichen Betrieben fragen, woher ihr Fleisch stammt. Doch Vorsicht, warnt Klein: Bei Aussagen wie „dort werden die Tiere artgerecht gehalten“ sei Skepsis angebracht. „Der Begriff ist nicht definiert und die Auffassungen was „artgerecht“ und „Tierwohl“ ist, weichen extrem stark voneinander ab.“

Der WWF-Einkaufsratgeber „Fleisch & Wurst“ gibt es im Internet: www.wwf.de/fleisch-ratgeber. Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gibt Tipps zum nachhaltigen Einkauf: www.vz-nrw.de/lebensmittel-ernaehrung

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