Ein Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 während eines Demonstrationszugs durch die Stuttgarter Innenstadt (Archivfoto). Foto: dpa

Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 kann sich nicht mit "Wutbürger“ identifizieren.

Wiesbaden/Stuttgart - "Wutbürger" ist das Wort des Jahres. Dahinter folgt der Begriff "Stuttgart 21". Mit dieser Entscheidung hat sich die Gesellschaft für deutsche Sprache bei den Projektgegnern keine Freunde gemacht.

Die Wortschöpfung "Wutbürger" stehe für die Empörung in der Bevölkerung, "dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden", begründete die Jury ihre Wahl. Die Bürger verlangten über ihr Wahlrecht hinaus ein Mitspracherecht bei gesellschaftlich und politisch relevanten Projekten. Mit "schottern", dem Unbrauchbarmachen von Bahnstecken für Castortransporte, setzte die Jury noch ein drittes Wort aus dem Protestbereich unter die zehn Wörter des Jahres.

Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 nannte die Entscheidung "albern". Die Menschen, die gegen Stuttgart 21 demonstrierten, "bestehen nicht nur aus Wut, sondern sie gehen für etwas, für die Alternative Kopfbahnhof 21, auf die Straße", so Sprecher Gangolf Stocker. Das Stuttgarter Verkehrsministerium widersprach: K 21 könne kaum Hauptgrund der Proteste sein. "Diese Alternative hat sich in der Schlichtung als störender für die betroffenen Menschen und weniger ökologisch erwiesen", so ein Sprecher.

In Hamburg, wo ein Volksentscheid eine geplante Schulreform verhinderte, stieß die Wahl auf Unverständnis. "Offen gesagt habe ich das Wort Wutbürger zum ersten Mal gehört", sagte Walter Scheuerl, Initiator der Hamburger Bürgerinitiative "Wir wollen lernen", unserer Zeitung. Das Wort habe in Hamburg weder eine Rolle gespielt noch treffe es zu. " Wir haben unseren Volksentscheid nicht aus Wut gemacht, sondern aus sachlichen Gründen. Das ist bei den allermeisten Volksbegehren auch der Fall."

Er empfinde "Wutbürger" als Schimpfwort, so Scheuerl. " Es diskreditiert den Bürger, der sich engagiert." Wenn man das Wort als Gegensatz zu politischem Handeln setze, sei es fast schon eine Diffamierung.

Die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden hatte den Begriff am Freitag auf Platz eins ihrer jährlichen Liste gesetzt. „Wutbürger“ stehe für die Empörung in der Bevölkerung, „dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden“. Das wichtigste Beispiel dafür war „Stuttgart 21“, das die Sprachexperten auf Platz zwei wählten.

Wort des Jahres 2009 war die „Abwrackprämie“. Für ihre Liste aus zehn Worten sammelt die Gesellschaft jeweils prägnante Begriffe aus den Medien, die die öffentliche Diskussion in dem Jahr bestimmt haben.