Der Wohnungsbedarf in den Städten steigt. Doch vielerorts fehlen bezahlbare Wohnungen. Foto: Mierendorf

Mietwohnungen in Großstädten wie Stuttgart sind knapp und teuer. Doch einfache Lösungen gibt es nicht, zeigt ein Symposium des Arbeitskreises Impulse für den Wohnungsbau.

Knapp ein Jahr vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg bringen sich die wohnungswirtschaftlichen Interessenverbände und die Parteien in Stellung. Auf einem Symposium des Arbeitskreises Impulse für den Wohnungsbau in Stuttgart diskutierten jetzt Vertreter der Wohnungswirtschaft mit Landespolitikern, ob angesichts der steigenden technischen und gesetzlichen Anforderungen bezahlbarer Wohnungsbau überhaupt noch möglich ist

. Jens Kuderer von der Arbeitsgemeinschaft baden-württembergischer Bausparkassen machte den Teilnehmern keine Hoffnung, dass der Wohnungsbedarf - wie noch im Zensus 2011 für einige Städte ermittelt - wieder sinken könnte. Im Gegenteil: 'Wir werden wieder mehr in den Städten leben', so das Fazit einer aktuellen Fortschreibung des Zensus 2011 durch das Leibniz-Institut im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft. Vor allem in den Metropolen und den Universitätsstädten hätten sich die Zensuszahlen längst überholt. Um den tatsächlichen Wohnungsbedarf zu befriedigen, müssten pro Jahr rund 60 000 neue Wohnungen in Baden-Württemberg gebaut werden. Tatsächlich seien es gerade einmal die Hälfte, so Kuderer.

Beim Eduard-Pestel-Institut in Hannover wird die Entwicklung ähnlich gesehen. 'Wir haben wirklich diese Wohnungsknappheit in den Städten', bestätigt Institutsvorstand Matthias Günther. Die Ursachen für die Wohnungsknappheit sind vielfältig. Einerseits liegt sie in niedrigen Einstiegsgehältern im Vergleich zu vor 20 Jahren und in der Praxis, dass gerade junge Menschen heute oft nur Zeitverträge erhielten.

Bezahlbare Wohnung für 7,50 Euro pro Quadratmeter

Andererseits dürften aber auch die deutlich gestiegenen Mobilitätskosten und der Wegfall der Subventionen für das Wohnen auf dem Land dazu geführt haben, dass es vor allem junge Leute in die Stadt zieht, erklärt Günther die Reurbanisierung. Gleichzeitig bemängelt er, dass die Politik im Bund, im Land und in den Kommunen keine klaren Zielvorstellungen habe. 'Jeder spricht davon, dass bezahlbare Wohnungen fehlen. Keiner weiß aber, was das eigentlich sein soll.' Was bezahlbares Wohnen sein könnte, hat das Pestel-Institut in seiner Wohnungsbaustudie 'Mietwohnungsbau 2.0' definiert. Unterm Strich kommt dabei eine Nettokaltmiete im Mietwohnungsneubau von 7,50 Euro pro Quadratmeter heraus (Basis: Einkommen 100 Prozent über der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei einer Mietbelastung von 30 Prozent und einer um 20 Prozent größeren Wohnung als nach SGB II Sozialgesetzbuch).

Doch die Realität sieht anders aus. Kaum eine Neubauwohnung in den Großstädten, bei der die Miete nicht über zehn Euro liegt. Verantwortlich für diese Kostenentwicklung im Wohnungsbau ist aus Sicht von Dietmar Walberg von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen neben der europäischen und nationalen Normung vor allem auch der Einfluss des Ordnungsrechts (Mietpreisbremse) und der Steuergesetzgebung (Wegfall der Eigenheimförderung). Hinzu käme die Preisentwicklung für Bauland und der zunehmende Einfluss durch kommunale Auflagen für Investitionen in den Wohnungsbau. Aber: noch sei kostengünstiges Bauen möglich. Doch die Rahmenbedingungen würden das Bauen zunehmend verteuern, so Walberg. Tobias Wald, wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Faktion im baden-württembergischen Landtag, möchte positive Rahmenbedingungen für den Wohnungsneubau schaffen, indem die Bürokratie abgebaut und die Wohnraumförderung erhöht wird.

Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP-Fraktion und deren Sprecher für Finanzen und Wirtschaft, plädiert für die Abschaffung der Mietpreisbremse, weil sie Investoren abschrecke. Und auch Johannes Stober, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, muss einräumen, dass die neue Mietgerechtigkeit keinen neuen Wohnraum schaffe. Andrea Lindlohr, wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag, wirft ein, dass gerade die Grundstückspolitik eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Hand sei. Bund, Land und Kommunen stünden gerade jetzt in der Verantwortung, bei den im öffentlichen Besitz und zum Verkauf stehenden Grundstücken nicht nur nach dem höchsten Angebot zu vergeben, sofern auf dem Grundstück Wohnungsbau realisiert werden soll.

Das dürfte bei Harald Luger vom Siedlungswerk wohlwollend aufgenommen werden. Gerade die Grundstücksbeschaffung sei aufwendig und die Ausschreibung nicht selten mit viel Bürokratie verbunden. Für Jochen Bayer, den Sprecher der Aktionsgemeinschaft Impulse für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg, gebe es noch eine andere Stellschraube. So sollte der Ersatzneubau gegenüber einer Sanierung nicht weiterhin steuerlich benachteiligt werden. Auch eine vierprozentige Abschreibung wäre aus seiner Sicht eine zentrale Stellschraube für mehr Wohnungsbau.