Großes Problem, große Runde – das Bündnis für Wohnen im Rathaus Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mit interaktiver Grafik - Lang hatten sie Anlauf genommen, jetzt absolvierten sie die erste Sitzung. Die Akteure am Stuttgarter Wohnungsmarkt sagten sich am Montag zu, ein Bündnis für Wohnen zu realisieren. Hinterher waren OB Fritz Kuhn (Grüne) und seine Gesprächspartner fürs Erste zufrieden.

Stuttgart - Nach langem Vorgeplänkel ist in Stuttgart ein Bündnis für Wohnen absehbar. Am Montag hat OB Fritz Kuhn (Grüne) im Rathaus rund zwei Stunden lang mit etwa 40 Akteuren vom Wohnungsmarkt geredet. Als die Türen wieder aufgingen, zeigten sich alle recht zufrieden mit dem ersten Versuch, eine Allianz für mehr bezahlbaren Wohnraum in Stuttgart und gegen den eklatanten Wohnungsmangel zu schmieden.

Die Auftaktsitzung sei sehr konstruktiv gewesen, sagte Kuhn. Peter Brenner vom Verband der Immobilienwirtschaft Stuttgart (IWS) zeigte sich „hoch zufrieden“. Rolf Gaßmann vom Mieterverein sagte, sehr positiv sei die große Beteiligung der Baugenossenschaften und anderen Wohnbauunternehmen: „Das Interesse, einbezogen zu werden, ist groß. Und keiner stellte die Notwendigkeit des Bündnisses infrage.“ Ulrich Wecker, Geschäftsführer von Haus und Grund Stuttgart, bilanzierte, große Divergenzen habe es nicht gegeben. Die strittigeren Themen Leerstand und Zweckentfremdung seien aber nicht zur Sprache gekommen.

Das erste Treffen diente auch eher dem Sammeln hinter einem gemeinsamen Ziel und der Verabredung des Fahrplans. Das Ziel von 1800 neuen Wohnungen pro Jahr in Stuttgart und mindestens einem Drittel geförderter Wohnungen sei nun erst einmal Arbeitsgrundlage, sagte Kuhn bei einer Pressekonferenz. Die 600 geförderten Wohnungen hatte er bei einer „Mittendrin“-Veranstaltung unserer Zeitung vor über einem Jahr angepeilt. Ob es bei 1800 bzw. 600 Wohnungen bleibe oder der Wunsch bestehe, diese Zahlen zu erhöhen, werde man beim zweiten Treffen wohl im März sehen. Dann sollen die Beteiligten sagen, was sie leisten können. Dann soll es eine Zielvereinbarung geben.

Von den Unternehmen sei der Wunsch gekommen, dass die Stadt ihre Grundstücke billiger hergebe, sagte Kuhn. Das werde am Ende des Tages eine Geldfrage und eine Frage für den Gemeinderat sein, sagte Kuhn. Thomas Wolf, Sprecher der ehemals gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen und Baugenossenschaften in Stuttgart, schilderte die große Krux so: Die Nettorendite müsse zur Bestandspflege bei 3,3 Prozent nach Abzug der Verwaltungs- und Betriebskosten liegen. Dafür dürften die Baukosten mit Grundstück nicht über 2000 Euro pro Quadratmeter liegen. Heute lande man bei 2600 bis 3000 Euro. Vorschriften der Energiedämmung, Dachbegrünung und dergleichen hätten Folgen. Explodierende Baulandpreise und Baukosten passten nicht zum Ziel von sozial verträglichen Mietkosten. Man müsse die Anforderungen herunterschrauben.

„Das Baurecht ist nicht verhandelbar“ entgegnete Kuhn. Über energetische Baustandards wolle er nicht reden, selbst wenn das möglich wäre. Kuhn kann sich aber vorstellen, dass man nicht überall teure Tiefgaragenplätze bauen lässt. Manche Bewohner wollten oder könnten kein Auto finanzieren. Über schnellere, gebündelte Baugenehmigungen könne man reden, allerdings müssten Architekten komplette Unterlagen vorlegen und der Versuchung widerstehen, mehr zu bauen, als genehmigt wurde.

Nach dem Treffen sagte Ulrich Wecker von Haus und Grund, er halte eine methodisch saubere Berechnung für nötig, ob 1800 neue Wohnungen pro Jahr das richtige Ziel sind. In Abwehrhaltung sei die Verwaltung noch bei dem Thema, das Baurechtsamt mit zehn Stellen zusätzlich auszustatten und diese über höhere Gebühren zu finanzieren.

Rolf Gaßmann vom Mieterverein sieht die Unternehmen gefordert, ihren Bedarf an einer höheren städtischen Förderung für Sozialwohnungen mit 7,50 oder acht Euro Miete pro Quadratmeter zu konkretisieren. „Drei Prozent Rendite sollte man ihnen zugestehen“, sagte Gaßmann. 1800 neue Wohnungen seien nicht unrealistisch. 600 geförderte Wohnungen zu erreichen sei deutlich schwieriger.