Im Rathaus sorgt man sich um den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Bürgerstiftung und private Investoren sollen nun nachhelfen. Foto: Pascal Thiel

Die Stadt schenkt ihrer Bürgerstiftung Geld, die damit günstiges Wohnen ermöglichen will. Mit billigem Bauland will man auch private Investoren locken.

Bietigheim-Bissingen - Die Stadt Bietigheim-Bissingen bringt zwei Projekte auf den Weg, kraft derer künftig mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Zum einen erhält die Bürgerstiftung einen vergünstigten Bauplatz im Ellental, zum anderen soll erstmals ebenso vergünstigtes Bauland für private Investoren angeboten werden. Die Stadt reagiert damit auf Beschwerden privater Wohnungsbaufirmen, die monieren, dass kommunale Bauträger bevorzugt an günstiges Bauland kommen. Insgesamt stellt die Stadt damit knapp 2600 Quadratmeter Fläche für bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung.

Auch in Bietigheim-Bissingen ist die Wohnungsnot groß

Die Wohnungsnotist auch in Bietigheim-Bissingen groß: Wer hier eine Wohnung sucht, muss sich auf eine Warteliste von derzeit knapp 600 Interessenten setzen lassen. Wer bezahlbaren Wohnraum sucht, ein Begriff, der früher unter „Sozialwohnungen“ lief, der muss auf eine Liste von immerhin 300 Interessenten – für insgesamt 250 Wohnungen für bedürftige Mieter, die die Bietigheimer Wohnbau verwaltet. Wartezeit: unbekannt.

Die Bürgerstiftung der Stadt, 2009 gegründet, um das Gemeinwohl zu stärken, engagiert sich mittlerweile immer stärker im Wohnungsbau. Damit will sie auch der anhaltenden Niedrigzinsphase begegnen, deretwegen die Stiftung kaum mehr Renditen auf ihr Stammkapital einfahren kann. So wurden in den vergangenen zwei Jahren zwei Projekte für bezahlbaren Wohnraum initiiert. Im Mai 2015 wurde das Gebäude an der Grünwiesenstraße 75 mit insgesamt acht Wohnungen fertig, im Frühjahr 2017 sollen dann weitere zwölf Wohnungen in einem Gebäude an der Mörikestraße bezugsfertig sein. Mit den Mieteinnahmen will die Bürgerstiftung wiederum andere Projekte, beispielsweise in Kunst, Kultur oder Sport fördern.

Die Anfangsmiete soll 6,80 Euro pro Quadratmeter betragen

Nun soll ein drittes Gebäude im Ellental dazu kommen. Das Grundstück ist 1568 Quadratmeter groß und kostet 1,25 Millionen Euro. Weil die Stadt bezahlbaren Wohnraum fördern will, bekommt die Bürgerstiftung das Land für die Hälfte, verpflichtet sich aber, die Wohnungen der dort entstehenden zwei Mehrfamilienhäuser nur an bedürftige Einwohner zu vermieten. Per Definition darf deren Einkommen nicht über dem Vierfachen des Sozialhilfesatzes liegen. Die Anfangsmiete soll 6,80 Euro pro Quadratmeter betragen. Damit die Stiftung die Investition stemmen kann, haben die Räte eine sogenannte Zustiftung von 1,5 Millionen Euro beschlossen.

Ein weiterer Bauplatz im Ellental mit 960 Quadratmetern wird privaten Investoren angeboten. Hier ist der halbierte Kaufpreis das Mindestgebot – und geht einher mit der Bedingung, die Hälfte der entstehenden Wohnungen 25 Jahre lang als bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Hier muss die Miete ein Drittel unter dem Mittelwert des Mietspiegels liegen. Für alle Wohnungen, laut Plan mindestens acht, soll die Stadt 25 Jahre ein Belegungsrecht haben. Für die Stadt ist es das erste Mal, dass sie bezahlbaren Wohnraum mit Hilfe privater Investoren schaffen will. Der Oberbürgermeister Jürgen Kessing sagte dazu im Gemeinderat: „Wir wollen abwarten, wie der Markt das annimmt.“