Bezahlbare Wohnungen sind in Stuttgart schwer zu finden. Foto: Peter Petsch

Die prekäre Situation auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt ruft nun die Betroffenen auf den Plan: Am Donnerstag soll es eine Protestkundgebung auf dem Schlossplatz geben.

Stuttgart - Die prekäre Situation auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt ruft nun die Betroffenen auf den Plan: Der Mieterverein Stuttgart, der Deutsche Mieterbund, der DGB-Stadtverband, Sozialorganisationen, Parteien und Hochschulgruppen rufen zu einer Protestkundgebung auf. Am Donnerstag, 7. März, von 17 Uhr an, demonstrieren sie auf dem Schlossplatz. Ans Rednerpult treten Rolf Gaßmann, Vorsitzender Deutscher Mieterbund Baden-Württemberg, Philipp Vollrath, Vorsitzender DGB Stadtverband Stuttgart, Thomas Winter von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Stuttgart sowie Günter Krappweis, Vorsitzender Mieterinitiative LBBW-Patrizia.

„Dies ist seit 31 Jahren das erste Mal, dass wir es wagen, auf die Straße zu gehen“, sagte Rolf Gaßmann bei einer Versammlung im Mieterverein zur Erläuterung der Ziele der Kundgebung. „Bundesweit ist das der erste Versuch, im großen Verbund so etwas zu veranstalten.“ In erster Linie möchte der Vorsitzende des Deutschen Mieterbunds Baden-Württemberg die Wohnungsproblematik weiter in den Blick der Öffentlichkeit rücken. Gesetze zur Begrenzung von Mietpreisen sind seines Erachtens dringend erforderlich.

„Stuttgarter Mieten werden für Normalverdiener unbezahlbar“

Der DGB-Stadtverbandsvorsitzende Philipp Vollrath warnt vor der Kundgebung auf dem Schlossplatz davor, dass „Stuttgarter Mieten für Normalverdiener unbezahlbar werden“, und plädiert für nachhaltige Veränderungen in Sachen Wohnungsbau und Mieten. Erwerbstätige mit einem Nettoeinkommen von 1500 Euro müssen in Stuttgart 49 Prozent ihres Einkommens für Miete und Nebenkosten aufwenden. „Das ist einfach zu viel“, sagt Vollrath. Neben berufstätigen Singles leiden laut DGB auch Familien unter der starken Mietbelastung: Jeder fünfte Mehrpersonenhaushalt habe trotz meist mehrerer Einkommen und staatlicher Sozialleistungen ein Nettoeinkommen von weniger als 2000 Euro. Vollrath: „Wir fordern, dass es in Stuttgart vernünftige Wohnungen zu vernünftigen Mietpreisen gibt.“ Er betrachtet dies nicht nur als landesinterne Angelegenheit, sondern auch als Sache des Bundes.

Das Aktionsbündnis, zu dem die SPD Stuttgart, Die Linke Stuttgart sowie die Jusos Stuttgart zählen, fordert neben den gesetzlichen Begrenzungen der Mietpreise, auch bei Neuvermietungen, unter anderem eine gerechte Verteilung der Modernisierungskosten auf Vermieter, Staat und Mieter, das Verbot von Wohnungsleerstand sowie einen geförderten Neubau von jährlich 1000 preisgünstigen Mietwohnungen in Stuttgart.

Rentner geraten in prekäre Situation

Für Thomas Winter von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Stuttgart steht an erster Stelle, Wohnungen für einkommensschwächere Haushalte zugänglich und erschwinglich zu machen. Dies gelte vor allem für besondere Bedarfsgruppen wie Alleinerziehende, Arbeitslose, ausländische Mitbürger, junge Menschen ohne Ausbildung und alleinstehende Männer und Frauen. „Wir sind darauf angewiesen, überhaupt einen Zugang zum Wohnungsmarkt zu haben“, teilte er mit. In Stuttgart sei die Zahl der sozial gebundenen Wohnungen zwischen 1987 und 2012 von etwa 34 000 auf rund 16 400 zurückgegangen. Diese Zahl müsse mindestens auf dem derzeitigen Niveau erhalten bleiben.

Zu derjenigen Klientel, die bei Konfrontationen mit der aktuellen Wohnungsnot rasch in eine prekäre Situation geraten könne, gehören auch viele Rentner, bemerkte Günter Krappweis. „Dass Mietpreiserhöhungen von bis zu 20 Prozent festgelegt werden, kann nicht sein“, betont der Vorsitzende der Mieterinitiative LBBW-Patrizia. „Die Mietstrukturen werden einseitig gegen Mieter durchgeführt.“ Der Deutsche Mieterbund rechnet mit dem Einsatz von Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn. „Kuhn hat sich von der hiesigen Wohnungssituation beeindruckt gezeigt“, so Gaßmann. „Wir geben ihm Zeit, seine Absichten umzusetzen. Diesbezüglich erwarten wir eine politische Veränderung.“