Wirtschaftsanwälte diskutieren über die Lage ihrer Branche. Foto: factum/Weise

Hervorragende Qualität und funktionierende Netzwerke: Die Wirtschaftskanzleien im Südwesten sind zufrieden. Ein bisschen mehr Werbung täte uns aber gut, sagen die Experten.

Stuttgart - Die Wirtschaftskanzleien im Südwesten sind für Firmen Ansprechpartner bei Rechtsfragen, die heikel sind, spezielles Fachwissen erfordern oder über den Radius der internen Rechtsabteilung hinausgehen. Christofer Lenz, Partner bei Oppenländer Rechtsanwälte, beschreibt die Zusammenarbeit mit Rechtsabteilungen als angenehm.

„In den vergangenen 15 Jahren sind sie immer besser geworden.“ Bei einer Diskussionsveranstaltung der Wirtschaftszeitung „Wirtschaft in Baden-Württemberg“ tauschten sich Anwälte aus führenden Stuttgarter Wirtschaftskanzleien über aktuelle Entwicklungen der Branche aus. Diese Zeitung wird von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten gemeinsam herausgegeben.

Mehr Qualität wegen der Ausschreibungen

Aus Sicht von Marcus Baum, Partner bei Kuhn Carl Norden Baum, führt eine gute Rechtsabteilung dazu, „dass mehr Fragen gestellt werden. Das ermöglicht eine bessere Beratung.“

Durch Fusionen wachsen auch Unternehmen und damit die Rechtsabteilungen. Dies schätzen die Experten durchaus als Herausforderung ein. „In den Rechtsabteilungen wächst die Fachkompetenz“, sagt K. Peter Mailänder, Partner bei Haver und Mailänder. Das verschärfe den Kostendruck bei Honoraren, zumal Firmen größere Mandate meist nur noch über Ausschreibungen vergeben.

Das muss kein Nachteil sein: „Wegen der Ausschreibungen schlägt die Qualität mehr zu Buche als bisher“, sagt Lenz.

Wirtschaftskanzleien als heimliche Weltmarktführer

In diesem Punkt sehen sich die Stuttgarter Kanzleien indes hervorragend aufgestellt. Mailänder: „Wir sind mindestens so gut wie Kanzleien in Frankfurt oder München.“ Bleibt die Frage, warum Stuttgart als Anwaltsstandort nicht so bedeutend ist wie diese Städte. Laut den Experten wären Kanzleien gut beraten, wenn sie ihre Kompetenz besser darstellen würden.

Für Lenz ist klar: Was für viele Mittelständler im Südwesten gilt, gilt auch für Kanzleien – sie sind Hidden Champions, heimliche Weltmarktführer. „Nordrhein-Westfalen hat mehr bekannte Firmen als Baden-Württemberg“, sagt Lenz. Die hiesigen Kanzleien seien keineswegs auf ihren Standort beschränkt, sondern mit ihrer Expertise bundesweit gefragt.

„Frankfurt steht auch deshalb so gut da, weil die Stadt ein internationales Einfallstor ist und ausländische Firmen dort Standorte haben“, sagt Peter Ladwig, Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Zunehmende Bedeutung gewinnt das Erbschaftsteuerrecht

Die Anwälte denken nun über ein gemeinsames Marketing nach. Die Stuttgarter Kanzleien seien zwar kleiner als die internationalen Wettbewerber, Auslandsgeschäfte könnten sie gleichwohl stemmen. Statt auf große Büros setzen sie auf befreundete Kanzleien, die sie guten Gewissens empfehlen können.

Zunehmende Bedeutung gewinnt für die Kanzleien das Erbschaftsteuerrecht. Dieses Thema erfordere ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Firma, das bei Großkanzleien nicht ohne weiteres vorhanden sei. Auch Datenschutz und IT halten die Anwälte für einen wichtigen Wachstumsbereich.

„Wir sind in einer guten Startposition, dieses Feld zu besetzen“, sagt Lenz. Großkanzleien hätten sich bislang dafür nicht interessiert, weil der Bereich kaum Geld abgeworfen habe.