Die Firma Brillux bildet in 15 Berufen aus– darunter auch Kaufleute. Foto: Brillux

Das Wirtschaftsgymnasium West ist eine Bildungspartnerschaft mit einem großen Unternehmen eingegangen. Die Praxisnähe soll sowohl den Schülern als auch der Firma Vorteile bringen.

S-West - Die Bildungspartnerschaft mit dem Farbenhersteller Brillux ist die erste des WG-West. Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft erfreuen sich großer Beliebtheit, einige Schulen pflegen gleich mehrere. Inzwischen kooperiert laut Industrie- und Handelskammer (IHK) 90 Prozent der allgemein bildenden weiterführenden Schulen in der Region Stuttgart mit Partnern aus der Wirtschaft. Über die Zeit wurden die Partnerschaften professionalisiert. So sind auch die Erwartungen gestiegen. Im November 2008 wurde eine Vereinbarung zum Ausbau von Bildungspartnerschaften zwischen der Landesregierung und Vertretern der Wirtschaft, dem Handwerk und dem Arbeitgeberverband beschlossen.

„Solche Partnerschaften zwischen Schule und Betrieb können dem bevorstehenden Fachkräftemangel entgegenwirken, da sich Schülerinnen und Schüler praxisnah informieren können und ein realistisches Bild der Berufswelt erhalten“, sagt der Leiter des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung bei der IHK, Martin Frädrich. „Wir wissen, dass die Anzahl, aber auch die Qualität der Bewerbungen spürbar gesunken ist, teilweise können Lehrstellen gar nicht mehr besetzt werden. Auf der anderen Seite gibt es viele junge Menschen, die trotz zahlreicher Bewerbungen keinen Ausbildungsplatz bekommen.“

Klangvolle Namen schmücken Schulen

Thilo Lang, Leiter des Wirtschaftsgymnasiums West, glaubt durch die Bildungspartnerschaft den praktischen Bezug der Schüler zur Arbeitswelt zu verbessern. Sie soll die ökonomische Bildung und das unternehmerische Denken fördern. Die Schüler können Praktika absolvieren und erhalten praxisnahen Unterricht von Experten aus der Firma im Mint-Bereich (Mathematik-Informatik-Naturwissenschaft-Technik). Vor allem aber ist sie eine Stütze bei der Berufswahl. „Die Kooperation soll den Schülern die Vielfalt der Berufswelt anhand praktischer Bildungsprojekte näher bringen und eine Orientierung bei der Berufsfindung sein“, so Lang.

Brillux hatte selbst in Stuttgart nach einer Partnerschule für eine langfristige Zusammenarbeit gesucht. Die Firma unterhält bundesweit nun 65 Bildungspartnerschaften, bildet in 15 Berufen aus, darunter Kaufleute im Groß- und Außenhandel. „Wir können den Schülern im Verlauf ihrer Schullaufbahn einen praktischen Einblick in die unternehmerische Arbeitswelt geben und ihren Blick für den Ausbildungsberuf schärfen“, sagt André Jarosch, der stellvertretende Gebietsverkaufsleiter von Brillux in Stuttgart, über die Partnerschaft mit dem WG West. „Wir planen für die verschiedenen Jahrgangsstufen und Fächer etwa das Üben von Vorstellungsgesprächen. Außerdem werden wir Betriebsbesichtigungen machen und Praktikumsplätze sollen ebenso angeboten werden.“

Mittlerweile würden sich die Schulen regelrecht mit Bildungspartnerschaften schmücken, insbesondere, wenn es sich um große, namhafte Firmen handelt, berichtet Anke Seifert von der IHK: „Als Schule kann man mit einer Bildungspartnerschaft punkten.“ Das WG West hat in dieser Hinsicht mit Brillux bereits einen guten Fang gemacht, bevor es mit der Kooperation richtig losgeht. Handelt es sich doch um ein seit 1889 bestehendes Unternehmern und einen Branchenriesen mit 2400 Mitarbeitern und europaweit mehr als 160 Niederlassungen. Von Seiten der Firmen, sagt IHK-Sprecherin Seifert, bekomme die IHK positives Echo, und es bewege sich dort etwas: „Die Unternehmen generieren tatsächlich Ausbildungsstellen, sie engagieren sich sozial, und sie finden in den Schulen ihre Azubis.“

Nicht nur die Note zählt

Schulamtsdirektor Manfred Rittershofer, betont den sozialen Aspekt der Partnerschaften. „Der Kontakt mit der Einzelschule ist wichtig.“ Denn dadurch werde in den Firmen das Verständnis für die Schüler und deren Bedürfnisse gefördert. Es zählten dann etwa bei einer Bewerbung nicht mehr allein Noten. Die Partnerschaften können – so seine Erwartung – langfristig auch die Ströme auf dem Ausbildungsmarkt kanalisieren helfen. Viele Schüler, so Rittershofer, entschieden sich für einen höheren Bildungsabschluss. „Sie treten in eine höhere Stufe der Qualifikation ein und treffen dort auf eine Überzahl an Mitbewerbern.“ Auch die hohe Zahl an Studienabbrecher sei auf diesen Trend zurückzuführen. Rittershofer favorisiert eine duale Ausbildung, die praxisnah sei und gute Berufschancen eröffne. Darin ist der Schulamtsleiter ganz und gar bei den Unternehmen Eine Bildungspartnerschaft ebne vielen Schülern den Weg in eine duale Ausbildung.

Die Befürchtung, dass sich eine Bildungspartnerschaft verengend auf die Zukunftsperspektive der jeweiligen Schule auswirken könnte, treibt Rittershofer nicht um: „Die meisten Schulen haben mehr als nur einen Bildungspartner“, zudem würden den Schülern auch andere Informationskanäle angeboten.