Bei Doktorarbeit geschummelt? Die Uni Heidelberg prüft im Fall Silvana Koch-Mehrin weiter.

Brüssel - Auch nach dem Rücktritt von Silvana Koch-Mehrin von ihren Spitzenämtern prüft die Universität Heidelberg weiter ihre Doktorarbeit. Die FDP-Politikerin bleibt damit unter Druck, bei erhärteten Plagiatsvorwürfen auch ihr Abgeordneten-Mandat im Europaparlament abzugeben. Für den Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät ist der Rücktritt ohne Bedeutung. Das Verfahren folge nur wissenschaftlichen Kriterien und werde ohne Ansehen der Person durchgeführt, erklärte der Vorsitzende des Promotionsausschusses, Manfred Berg.

Koch-Mehrin hatte mit sofortiger Wirkung ihre Posten als Vorsitzende der FDP im Europaparlament und Vizepräsidentin des Parlaments niedergelegt. Sie begründete dies damit, der FDP den Neuanfang erleichtern und ihrer Familie Belastungen ersparen zu wollen. Koch-Mehrins Sprecher in Brüssel sagte gegenüber unserer Zeitung, ihr Rückzug sei nicht als Schuldeingeständnis zu betrachten. Im übrigen sei sie sehr verärgert, dass vorzeitig Einzelheiten aus dem Prüfverfahren an die Öffentlichkeit geraten seien.

Der Europaabgeordnete Werner Langen (CDU) nennt Koch-Mehrins Schritt anerkennenswert. Sie solle aber auch ihr Abgeordneten-Mandat abgeben, sollten sich die Vorwürfe erhärten. Die Internet-Plattform "VroniPlag Wiki" weist Koch-Mehrin auf 56 von 201 Textseiten Plagiatstellen nach. Sie habe gezielt abgeschrieben.

Angesichts der Affären will der Präsident der Berliner Humboldt Universität, Jan-Hendrik Olbertz, das Promotionsrecht an seiner Hochschule verschärfen. Abschlussarbeiten sollten immer auch in elektronischer Form abgegeben werden, so dass Plagiate besser erkannt werden können. Auch die Universität Konstanz überlegt, ob die Promotionsordnung verschärft werden sollte. Eidesstattliche Erklärungen müssen dort die Doktoranden schon seit fünf Jahren abgeben. An der Uni Tübingen wird eine Klausel eingeführt, dass Doktoranden eine eidesstattliche Erklärung abgeben müssen.

Die Staatsanwaltschaft Hof will im Ermittlungsverfahren gegen Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) auf die Ergebnisse des Plagiats-Gutachtens der Universität Bayreuth zurückgreifen. Diese weist ihm absichtliche Täuschung nach. Die Behörden prüfen aufgrund von mehr als 100 Strafanzeigen, ob Guttenberg das Urheberrecht verletzt hat, als er in seiner Doktorarbeit fremde Texte wörtlich und inhaltlich ohne Quellenangaben abschrieb. Staatsanwalt Reiner Laib sagte dieser Zeitung: "Wir werden das Gutachten als Informationsquelle nutzen und prüfen. Das Urteil der Uni ist für uns allerdings weder bindend noch richtungsweisend." Eine Verdunklungs- oder Fluchtgefahr durch zu Guttenberg bestehe nicht, obgleich sich der Ex-Minister häufig im Ausland aufhalte. Laib: "Er hat ja noch viele Ländereien in Bayern."