Frauen aus der rechten Szene wissen angeblich, wer die Hütte in Winterbach angesteckt hat.

Stuttgart/Winterbach - "Sie schwören, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben", gibt Joachim Holzhausen, Vorsitzender Richter der 3. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart, vor. Der 18 Jahre alte Zeuge zögert nicht: "Ich schwöre." Ob er sich damit einen Gefallen getan hat, wird sich weisen. Der Zimmermannslehrling gibt vor, nichts, aber auch gar nichts von dem Brandanschlag auf fünf junge Männer in einer Gartenhütte in Winterbach (Rems-Murr-Kreis) mitbekommen zu haben.

In der Nacht auf den 10. April vorigen Jahres waren zwei Gruppen, die jeweils auf einem Gartengrundstück gefeiert hatten, aneinander geraten. Auf der einen Seite standen Feiernde türkischer und italienischer Herkunft, auf der anderen junge Männer und Frauen, die der rechten Szene zugerechnet werden: Skinheads, Neonazis, Rechtsradikale. Der Konflikt eskalierte, am Ende brannte die Gartenhütte der Migranten. Fünf junge Männer konnten sich gerade noch retten. Wer hat die Laube in Brand gesetzt?

Der Zeuge gibt sich ahnungslos

Zwei 21 und 22 Jahre alten Burschen, inzwischen nicht mehr kahlrasiert, wird der versuchte Mord vorgeworfen. Sie bestreiten die Tat nachdrücklich. Die Richter arbeiten sich hartnäckig an den Zeugen aus beiden Lagern ab.

Vor seiner Vereidigung hat sich der 18-jährige Zeuge ahnungslos gegeben. "Ich habe nichts mitbekommen", sagt er immer wieder. Sind Leute von der Neonaziparty in Richtung des Gartens der Migranten gelaufen? "Weiß ich nicht." Hat er mitbekommen, dass es brennt? "Nein." Hat er keinen Lichtschein, kein Blaulicht gesehen? "Nein, nichts." Hat er gemerkt, dass es auf der Party der Rechten plötzlich ziemlich leer geworden ist? "Na, so ein bisschen."

Ein weiterer Partygast der Neonazis weiß mehr zu berichten. Von dem Brandanschlag und der Vorgeschichte habe er nichts mitbekommen. Er habe in seinem Auto geschlafen, sagt der 34-jährige Bierbrauer. Nach seiner Vernehmung bei der Polizei sei er aber zu dem Mädchen nach Hause gefahren, dessen Geburtstag die Rechtsradikalen an jenem Abend gefeiert hatten. Er habe sie gefragt, wer die Hütte angesteckt habe. "Sie hat blöd gegrinst und mit den Fingern symbolisch ihren Mund abgeschlossen", so der Zeuge.

Zeuginnen noch nicht vernommen

Just diese Frau soll zu einer anderen Zeugin gesagt haben, sie wisse, wer das Feuer gelegt habe. Und deren Freundin, die bei dem Gespräch dabei war, habe darauf nicht neugierig reagiert, sondern habe sofort abgeblockt und das Thema gewechselt. Diese beiden jungen Frauen haben den Gang in den Zeugenstand noch vor sich. Ob sie bis dahin ruhige Nächte verbringen, darf bezweifelt werden.

Denn Vorsitzender Richter Holzhausen lässt sich nicht an der Nase herumführen. Einer angeblich unwissenden Zeugin hat er bereits Beugehaft angedroht, den 18-Jährigen hat er vereidigt, die Befragung einer anderen Zeugin brach er ab mit den Worten: "Ich habe ja schon viel erlebt, aber das ist glatter Schwachsinn." Die 19-Jährige aus Berglen muss nächste Woche erneut antreten - mit einem Anwalt als Zeugenbeistand.

In dem Prozess, der am kommenden Montag fortgesetzt wird, stellt sich zudem heraus, dass auf die Frauen aus der rechten Szene massiv Druck ausgeübt wird. So mancher Neonazi scheint schon zum Telefonhörer gegriffen zu haben.