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Vorzeigeprojekt: Kosten von zwölf Millionen Euro erwartet - Der Standort ist noch unklar.

Stuttgart - Grün-Rot möchte die erneuerbaren Energien im Land massiv ausbauen. Schon bald könnte es ein Vorzeigeprojekt geben. Ein Konsortium aus Firmen, Universitäten und Forschungsinstituten plant ein Testfeld zur Windenergieforschung.

Es ist noch nicht lange her, da tat die CDU-FDP-Landesregierung ziemlich alles dafür, den Ausbau der Windkraft in Baden-Württemberg zu bremsen. Vor allem der frühere Ministerpräsident Erwin Teufel warnte immer wieder vor der "Verspargelung der Landschaft". Nun haben sich die Vorzeichen geändert. Wenn es nach der neuen grün-roten Koalition geht, können im Südwesten gar nicht genug Windrotoren aus dem Boden sprießen. Das Kabinett wird am heutigen Dienstag einen weiteren Schritt in diese Richtung machen, wenn es die Neufassung des Landesplanungsgesetzes verabschiedet. Damit wird die Ausweisung von Gebieten mit Windkraftanlagen künftig deutlich leichter.

Und alles deutet darauf hin, dass Baden-Württemberg auf diesem Gebiet bald zu einem bundesweiten Vorbild wird. Eine Gruppe von führenden Unternehmen, mehreren Universitäten sowie Forschungseinrichtungen - organisiert im Windenergie- Forschungswerk sowie im Windcluster BW - haben eine Konzeption für den Bau eines süddeutschen Testfelds zur Windenergieforschung erstellt. Das geht aus einer Expertise hervor, die inzwischen den zuständigen Ministerien überreicht wurde und die unserer Zeitung vorliegt.

Auf dem Testfeld soll den Herstellerfirmen von Windrädern, deren Zulieferern sowie Forschern die Möglichkeit geboten werden, neue Technologien für den Betrieb von Windkraftanlagen zu testen. Geplant sind vier riesige Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von rund 150 Metern und einem Rotordurchmesser in gleicher Größenordnung. Das ganze Testfeld soll auf einem sechs bis acht Hektar großen Gelände angesiedelt werden, ergänzt durch spezielle Messanlagen, Werkstätten, Konferenzräume und Laboreinrichtungen. Der Ort ist noch unklar, die Anforderungen sind in der Konzeption aber klar umrissen. "Das Testfeld soll auf einem topografisch interessanten Bergrücken errichtet werden", heißt es. Denn es sei notwendig, einen Ort "mit besonderen Windbedingungen" zu finden. Nach Recherchen unserer Zeitung gelten die Region Hohenlohe sowie die Ostalb als ideal; auch der Nordschwarzwald war offenbar in Betracht gezogen worden, dies dürfte aber am Plan der Landesregierung für die Einrichtung eines Nationalparks scheitern.

Hügeliges Gelände im Südwesten

Fakt ist: Auch wenn im In- und Ausland immer mehr Windräder entstehen, gibt es nach wie vor großen Forschungsbedarf für weitere Anlagen, gerade in hügeligem Gelände wie in Baden-Württemberg. Die Beteiligten des Konsortiums - darunter Firmen wie Voith, Lapp, Mahle, Strabag und Würth sowie Forschungseinrichtungen wie die Universitäten Stuttgart und Tübingen, das Karlsruher Institut für Technologie und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung - setzen deshalb darauf, dass ihre eigenen Investitionen ins Testfeld durch Fördergelder von Bund, Land und EU untermauert werden. Nach ersten Berechnungen wird für das Testfeld mit einmaligen Investitionskosten von zwölf Millionen Euro sowie jährlichen Sach- und Personalkosten von 500000 Euro gerechnet.

In der Landesregierung, die den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf mindestens 20 Prozent steigern will, scheint man dem Projekt aufgeschlossen gegenüberzustehen. "Wir befürworten grundsätzlich das Projekt und werden Landeszuschüsse gerade für den Forschungsteil ernsthaft prüfen", sagte ein Sprecher von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Montag unserer Zeitung.

Walter Döring (FDP), einst Wirtschaftsminister des Landes und jetzt stellvertretender Chef der Windreich AG, die sich ebenfalls an dem Testfeld beteiligen wird, hofft denn auch auf die Unterstützung der Landesregierung. "Dieses Testfeld ist eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg", so Döring am Montag auf Anfrage unserer Zeitung. Zwar gebe es in Europa mehrere solcher Testfelder, vor allem in Dänemark und den Niederlanden. Die Nachfrage der Anlagenhersteller, neue Entwicklungen zu testen, sei aber so groß, dass die Testfelder für die nächsten sieben Jahre bereits ausgebucht seien. Döring ist sich daher sicher: "Wenn es in Baden-Württemberg dieses Testfeld gibt, kann man sich damit europaweit einen Namen machen."