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Fünf Städte und Gemeinden wollen im Schurwald gemeinsam grünen Strom produzieren.

Esslingen - Um den Ausstieg aus der Kernenergie zu schaffen, will die Landesregierung mehr Windenergie. Bis zum Jahr 2020 sollen mindestens zehn Prozent des Strombedarfs aus heimischen Windkraftanalgen stammen. Im Juni 2011 hat das Ministerium für Umwelt Klima und Energiewirtschaft einen Windatlas herausgegeben, der für ganz Baden-Württemberg zeigt, wie die Windverhältnisse in bestimmten Höhen über dem Boden sind. Für die Region Stuttgart ergibt sich daraus ein Schwerpunkt für das Randgebiet Schwäbische Alb. Aber auch im Schurwald, am nördlichen Rand des Landkreises Esslingen, bläst der Wind stärker als anderswo.

Dieses Potenzial wollen die Städte Esslingen und Plochingen sowie die Gemeinden Aichwald, Altbach und Baltmannsweiler jetzt gemeinsam nutzen. Das Waldgebiet zwischen Rems und Neckar ist an der höchsten Stelle 513 Meter hoch. Teilweise gehört es zum Landschaftsschutzgebiet und zu einem regionalen Grünzug. Dies allerdings ist kein Hindernis für Windkraftanlagen: Verboten ist die Aufstellung der Rotoren lediglich in Naturschutzgebieten, Flora-Fauna-Habitat- sowie Vogelschutzgebieten. Außerdem in der Kernzone des Biosphärengebiets Schwäbische Alb.

Die fünf (Ober-)Bürgermeister Jürgen Zieger (Esslingen), Frank Buß (Plochingen), Wolfgang Benignus (Altbach), Martin König (Baltmannsweiler) und Nicolas Fink (Aichwald) haben sich deshalb zusammengesetzt und eine Fläche im Schurwald benannt und kartografiert, die sehr viel Windenergie verspricht. Sie liegt auf den Markungsgebieten von vier der teilnehmenden Kommunen, lediglich die Aichwalder Markung bliebe frei von Rotoren. Das Gebiet liegt rechts und links der L 1201 zwischen Plochingen-Stumpenhof und Aichwald-Aichschieß sowie rechts und links der L 1150 zwischen Altbach und Aichschieß. Ein weiteres Gebiet liegt im Wald südlich von Baltmannsweiler.

Strom für jeden sechsten Haushalt

Mit der Lage erfüllen die fünf Kommunen die notwendigen Mindestabstände zu Wohngebieten. Die Bevölkerung darf per Gesetz weder durch Lärm, noch durch Schattenwurf oder andere optische Immissionen beeinträchtigt werden. Einzig das Thema Flugsicherung ist noch unklar: Die ausgewiesenen Flächen liegen in der Einflugschneise des Flughafens. Die beteiligten Bürgermeister rechnen aber nicht damit, dass dies ein Ausschlusskriterium bedeuten wird.

Bei einer Höhe von 190 Metern bis zur Spitze der Rotoren würden die Windräder den Wald dort deutlich überragen. Auch wären sie kaum niedriger als der 217 Meter hohe Fernsehturm. Klotzen statt Kleckern ist die Devise. Bis zu zehn Windräder sollen gebaut werden, um mit der erzielten Energie von 25 Megawatt 10 000 Haushalte mit Strom zu versorgen – etwa jeder sechste in den fünf Kommunen. Als Projektträger sind die Stadtwerke Esslingen in Kooperation mit der EnBW Erneuerbare Energien geplant.

Die Finanzierung allerdings können die Städte und Gemeinden nicht selbst stemmen. Maximal eine Beteiligung wäre denkbar. Bei zehn Windrädern müssten rund 25 Millionen Euro investiert werden. Die Initiatoren wollen deshalb die Bürger mit ins Boot holen. Sie könnten in eine Energiegenossenschaft investieren und wären damit direkt an der Gewinnung ihres eigenen Stroms beteiligt. Den fünf Bürgermeistern ist klar, dass sie für ihr Projekt bei den Bürgern werben müssen. „Jeder ist für Windkraft, nur nicht vor der eigenen Tür“, sagte Jürgen Zieger kürzlich. Eine Online-Umfrage der Esslinger Zeitung hat jüngst aber ergeben, dass 70,6 Prozent für den Windpark sind und 23,5 Prozent dagegen. 5,9 Prozent sind sich noch unschlüssig.

Machbarkeitsstudie bis Sommer

Die fünf Städte und Gemeinden machen Druck: Noch vor den Sommerferien soll eine Machbarkeitsstudie fertiggestellt werden. Die Planungszeit insgesamt könnte zwei Jahre dauern. Denn es müssen mehrere juristisch Hürden genommen werden. So ist nach einem Konzept des Verbandes Region von 2004 der Schurwald kein Vorranggebiet für Windkraftanlagen. Der Bau des Windparks ist deshalb bis jetzt noch gar nicht zulässig.