Grün-Rot möchte den Anteil der Windkraft an der Energieerzeugung von 0,8 Prozent im vergangenen Jahr auf zehn Prozent im Jahr 2020 steigern. Etwa 1000 zusätzliche Windräder im Land sollen diesen Anteil stemmen. Foto:  

Windkraft-Pläne der Region sollen Ende des Jahres vorliegen – Kein Rotor hinter der Grabkapelle.

Stuttgart - Im nächsten Monat ändert sich die Gesetzeslage für den Bau von Windrädern grundlegend. Deshalb arbeitet der Verband Region Stuttgart mit Hochdruck an einem einheitlichen Konzept für den Ballungsraum. Dabei zeigt sich unter anderem auch, dass vieles nicht geht.

Die grün-rote Landesregierung möchte den Anteil der Windkraft an der Energieerzeugung von 0,8 Prozent im vergangenen Jahr auf zehn Prozent im Jahr 2020 steigern. Etwa 1000 zusätzliche Windräder im Land sollen diesen Anteil stemmen. Weil das ein ehrgeiziges Ziel ist, kündigte sie 2011 an, die Windkraftpläne der zwölf Regionalverbände zum 30. September 2012 aufzuheben und die Planungshoheit auf die Kommunen zu übertragen. Diese müssten Windräder genehmigen, wenn kein anderes Recht entgegensteht – etwa ein Naturschutzgebiet oder zu nahe Wohnhäuser.

Auch von windigen Flächen kommen einige nicht für Windkraft infrage

Obwohl das Land sein Gesetz erst am 9. Mai verabschiedet, arbeiten viele Kommunen und – unter anderem auf deren Wunsch – auch der Regionalverband schon länger an eigenen Plänen. Das Ziel lautet, die Anfragen von Investoren auf bestimmte Gebiete zu lenken, in denen die Windkraft Vorrang genießt. Das soll in den Plänen der Region dort sein, wo der Wind in 100 Meter Höhe durchschnittlich 5,5 Meter in der Sekunde zurücklegt. Grundlage dafür ist der Windatlas des Landes, an dem sich auch Investoren wie die Firma WPD aus Bietigheim-Bissingen orientieren, die 2011 ein 150-Meter-Rad bei Geislingen in Betrieb genommen hat.

Der Verband Region hat in der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses festgestellt, dass auch von den windigen Flächen einige nicht für Windkraft infrage kommen werden. Der westliche Schurwald etwa sei kritisch zu sehen, weil es dem Betrachter des Stuttgarter Weinbauorts Rotenberg und der nahe gelegenen Grabkapelle des Hauses Württemberg kaum zuzumuten sei, wenn sich im Hintergrund Rotoren drehen. Diesem Bereich steht außerdem der Segelflugplatz Esslingen-Jägerhaus im Weg.

Im Bereich Esslingen–Altbach–Plochingen liegen die windigen Höhen in der Einflugschneise des Flughafens. Die drei Kommunen haben zusammen mit Aichwald und Baltmannsweiler zwei Standorte für etwa zehn Windräder von bis zu 190 Meter Höhe ausersehen.

Die drei Kaiserberge gelten als historisch zu wertvoll für Bebauung

Zwischen Weinstadt und Uhingen (Kreis Göppingen) kann sich Regionalplaner Thomas Kiwitt mehrere Windkraftinseln mit jeweils drei bis fünf Rädern im Abstand von jeweils mindestens drei Kilometern vorstellen. Weiter im Osten gelten die drei Kaiserberge Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen als historisch zu wertvoll für eine Bebauung. Erst bei Lauterstein (Kreis Göppingen) gebe es wieder eine „größere, relativ konfliktarme Fläche für die Nutzung der Windenergie“.

Der vom Wind besonders begünstigte Bereich der Schwäbischen Alb, wo schon jetzt 26 von 29 Windrädern der Region Stuttgart stehen, hat ebenfalls Einschränkungen. Dort gibt es Vogelschutzgebiete europäischen Ranges, und Teile liegen im Biosphärenschutzgebiet der Unesco.

Winderlass in diesem Frühjahr

Weitere mögliche Vorranggebiete gibt es auf einzelnen Bergkuppen im Schwäbischen Wald, die sämtlich in Landschaftsschutzgebieten liegen, sowie auf dem Stromberg im nördlichen Kreis Ludwigsburg. Welche Auswirkungen die Einschränkungen haben, muss das Land erst noch erklären. Klarheit soll ein sogenannter Winderlass in diesem Frühjahr geben.

„Wenn wir die konkreten Vorgaben des Landes rasch bekommen“, sagt Regionalplaner Kiwitt, „könnten wir das formale Verfahren spätestens im Herbst in Gang bringen.“ Dabei können die Kommunen auch Standorte aufnehmen lassen, die eigentlich nicht genug Wind für einen wirtschaftlichen Betrieb haben, wo aber trotzdem jemand bauen will. Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) ergänzt: „Dann haben wir bis Ende des Jahres Rechtssicherheit in Sachen Windkraft in der Region Stuttgart.“