Die Energiewende findet auch auf dem Schurwald statt. Foto: Pascal Thiel

Ob sich der Windertrag auf dem Schurwald lohnt, wird jetzt ein Jahr lang gemessen. Die Messungen sind auch Teil eines Forschungsprojekts.

Esslingen - Rund 140 Meter hoch ist der Windmessmast, der gestern in Betrieb genommen wurde. Ein Jahr lang misst die EnBW nun die Windstärke auf dem Schurwald zwischen Esslingen und Aichwald. Dann entscheidet sich, ob dort der umstrittene Windpark gebaut wird.

Der filigrane Mast aus Gitterrohren trägt in verschiedenen Höhen kleine Rotoren, von denen je einer die jeweilige Windgeschwindigkeit in den Schaltkasten auf dem Boden überträgt. Auf einem kleinen Bildschirm kann man erkennen wie die Windstärke wächst, je höher der Messpunkt liegt. Das Ziel ist es, ein regelrechtes Windprofil mit den verschiedenen Windgeschwindigkeiten über den Gipfeln des Schurwaldes zu erstellen.

Diese Daten wandern über eine Standleitung an die EnBW. Zusätzlich gibt es einen Sensor für Ultraschall, um die Rufe von hochfliegenden Fledermäusen aufzuzeichnen, die möglicherweise durch die späteren Windräder in Bedrängnis kommen können. Diese Daten werden laut EnBW durch einen unabhängigen Gutachter erhoben. Der Mast steht in der Nähe des sogenannten Roten Kreuzes, der Kreuzung der beiden Straßen nach Esslingen und nach Aichwald. Er ist weithin zu sehen. Zwei Jahre hat es gedauert, bis sein Bau genehmigt wurde.

„Wir werden den Atomausstieg nicht rückgängig machen können.“

Der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger brach gestern eine Lanze für die Windkraft: „Eines ist sicher“, sagte er, „wir werden den Atomausstieg nicht wieder rückgängig machen können.“ Daraus leitete er ab, es müssten die alternativen Energien vorangebracht werden. Weil Baden-Württemberg selbst nicht genug Energie erzeuge, müsse die Industrie diese Energie im Ausland einkaufen. Die Abschaltung heimischer Atomkraftwerke wäre aber keine Energiewende mehr, wenn man den fehlenden Strom von ausländischen Atomkraftwerken beziehe, sagte er, „Es bringt nichts, wenn wir hier abschalten und tschechischen Atomstrom kaufen“, sagte er. Jürgen Zieger machte aber auch deutlich, dass er nicht mehr hinter dem Projekt stehen werde, sollte sich erweisen, es wehe nicht genug Wind auf dem Schurwald.

Gestern jedoch hat es kräftig gepfiffen. Eine Windstärke von mehr als sechs Meter pro Sekunde maßen die Techniker und Ingenieure der EnBW in höchster Höhe. Etwa 5,6 Meter pro Sekunde im Durchschnitt verlangt die Region Stuttgart als Voraussetzung für die Genehmigung von Windkraftanlagen. Um die Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu ermitteln, braucht es allerdings noch mehrere Durchschnitte: Nicht nur die 5,6 Meter mittlere Windgeschwindigkeit fließen in die Kalkulation ein, sondern auch der künftig durchschnittliche Preis einer Windkraftanlage, sowie ihr genauer Standort. In dem leicht geneigten Gelände kann sich zudem je nach Standort die Windstärke ändern.

Der Windertrag schwankt um 20 Prozent

Außerdem müssen die Ingenieure der EnBW einkalkulieren, dass die Windertrag von Jahr zu Jahr um 20 Prozent auseinanderliegen kann. Anhand von historischen Vergleichswerten werden dann die auf dem Schurwald gemessenen Daten angepasst.

Der Oberbürgermeister Jürgen Zieger legte Wert auf die Feststellung, dass der Standort des Windmessmast nicht gleichzusetzen sei mit dem Standort möglicher Windräder. Erst wenn die Messung abgeschlossen sei, würde darüber diskutiert werden, ob und wie viele Windmühlen auf dem Schurwald wo stehen können.

Die Daten, die jetzt erhoben werden, haben noch einen weiteren Zweck, sie fließen in ein Forschungsprojekt über die Windhäufigkeit über Wäldern. Deswegen werden auch noch andere Parameter erhoben, beispielsweise die Temperatur, der Luftdruck und die Luftfeuchtigkeit sowie die Verwirbelung der Luft.