An manchen Stellen des Menschenaffenhauses sind bereits die Scheiben eingesetzt und das Gelände zum Gebäude hin modelliert. Foto: Max Kovalenko

Kosten des Projekts steigen weiter. Wilhelma will Affenhaus noch vor Sommerferien öffnen.

Stuttgart - Mehr Besucher, stabile Eintrittspreise, große und kleine Tiere - Wilhelma-Direktor Dieter Jauch hat 45 Minuten über Gewesenes und Kommendes referiert. Nur zum offenbar immer teurer werdenden Menschenaffenhaus sagte er kaum mehr, als dass er dessen Eröffnung im Sommer für "realistisch" hält.

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Das Gorilla-Waisenkind Tano schläft selig im Jungtieraufzuchthaus. Silberrücken Kibo im Nachbargebäude kratzt sich gelangweilt am Kopf. Dass für sie wenige Meter oberhalb eines der modernsten Affengehege Europas entsteht, bekommen beide nicht mit - stattdessen die künftigen Nachbarn Giraffen, Erdmännchen und Somali-Wildesel, die neugierig zur Baustelle glotzen und sehen, wie ein Kran ein Fassadenelement an Ort und Stelle hievt.

Bau strebt Fertigstellung entgegen

Teile der Außenhaut und angeschüttete Erde verdecken längst den Rohbau und lassen erahnen, welch respektables Domizil die Gorillas und Bonobos demnächst beziehen werden. Nach Jahren eines teils unwürdigen Debattierens um Planung und Kosten strebt der Bau der Menschenaffenanlage seiner Fertigstellung entgegen. Eigentlich müsste das nun alle Beteiligten, den Zoo als Nutzer, das Land Baden-Württemberg als obersten Dienstherr und den Verein der Freunde der Wilhelma als freiwilligen Mitfinanzier, mit Erleichterung erfüllen.

Tut es aber nur bedingt. Wilhelma-Chef Dieter Jauch bat Medienvertreter ins neue Gebäude der Wilhelma-Schule, um Bilanz zu ziehen und Ausblicke zu geben. Am wenigsten sagte der Zoo-Chef Jauch in seinem 45-minütigen Vortrag zur Menschenaffenanlage, obwohl deren Einweihung in diesem Jahr den Höhepunkt in der Wilhelma markiert.

200.000 Besucher mehr pro Jahr

Dass der Eröffnungsakt für den Sommer geplant ist, "erscheint mir schlüssig", so Jauch. Ein Termin noch vor den Sommerferien, also vor August, dem in der Regel besucherstärksten Monat, sei "absolut wünschenswert". Jauch erhofft sich durch die künftige Attraktion dauerhaft 150.000 bis 200.000 Besucher mehr pro Jahr. Das war's. Fragen nach Kosten und Baufortschritt möge man den "kompetenten Partnern" in der zuständigen Landesbauverwaltung stellen - eine gewisse Gereiztheit des Zoochefs war bei diesem Thema kaum zu überhören.

Zuletzt waren als Baukosten 17 statt der ursprünglich veranschlagten 15 Millionen Euro genannt worden. Ein Mitarbeiter der Landesbauverwaltung spricht nur schmallippig von "unabweisbaren Mehrkosten". Deren Höhe werde derzeit ermittelt.

"Mehr als 9,5 Millionen Euro können, wollen und werden wir nicht bezahlen"

"Mehr als 9,5 Millionen Euro können, wollen und werden wir nicht bezahlen" 

Georg Fundel, Vorsitzender des Wilhelma-Fördervereins, will wiederum nur über jenen Anteil Auskunft geben, den seine Mitglieder tragen. Zu den ursprünglich zugesagten 7,5 Millionen Euro habe man nochmals zwei Millionen Euro beigesteuert. "Mehr als 9,5 Millionen Euro können, wollen und werden wir nicht bezahlen." Eine Million fließt dabei in die Ausstattung der Gehege, die die Wilhelma ansonsten aus ihrem laufenden Etat bezahlt.

Nachdem sich Land und Verein vor Baubeginn darauf geeinigt hatten, das Menschenaffenhaus je zur Hälfte zu finanzieren, dürften die Kosten daher inzwischen bei rund 19 Millionen Euro liegen. Der Verein erwarte für sein Engagement dennoch, dass das Land das Projekt "so vollendet, wie es bestellt wurde", so Fundel.

Hochkomplexe Anforderungen

Jauch und Fundel warnen davor, die Anlage wegen der Kostensteigerungen schlechtzureden. Ein Gehege für Menschenaffen lasse sich nicht errichten wie ein Krankenhaus oder ein Bürohaus. "Das Land baut hier einen Solitär, der von den Anforderungen her hochkomplex ist", so Jauch. Alle, vom Bauherrn Land bis zu den Planern, dem Büro Hascher Jehle Architekten, hätten Neuland betreten, insistiert Fundel. Kostenunsicherheit sei in so einem Fall nahezu unvermeidlich. Dass manche der Beteiligten das wohl unterschätzt haben, räumt er ein.

Derweil warten die Affen auf den Umzug, der im Frühjahr stattfinden soll. Für die meisten der Primaten wird das Haus eine gänzlich neue Erfahrung, da sie bisher kein Freigehege kennen. Kibo bildet dabei eine Ausnahme. Auf den Chef der Sippe setzt die zuständige Kuratorin und stellvertretende Zoodirektorin Marianne Holtkötter: "Wenn er vorausgeht, traut sich der Rest." Sie rechne mit nicht mehr als vier Wochen Eingewöhnungszeit. Der Umzug erfolge aber erst, wenn die Anlage samt aller Sicherheitseinrichtungen komplett fertig ist und hundertprozentig funktioniere.

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